Meister Li und der Stein des Himmels
schildern, die wir dort sahen. (Ich warne jedoch eindringlich davor, in der
Achten Hölle zu landen, solange die Neokonfuzianer das Sagen haben.) An der
Grenze zur Neunten Hölle konnte Meister Li einer Konfrontation nicht mehr aus
dem Wege gehen. Der einzige Weg zur Zehnten Hölle und dem Großen Rad führte
geradewegs durch den Palast des Neunten Yamakönigs. Meister Li versank in
tiefes Grübeln, als wir die Mauern erreichten, wo lange Reihen von Sündern sich
ihrem Schicksal entgegenschleppten und graue Tränen weinten. »Geeh - geeh -
geeh .« »Ochse, hast du das gehört ?« »Geeh - geeh - geeh .« »Ja, Meister.« »Geeh - geeh -
geeh .«
»Großer Buddha! Der ganze
Verein vom Auge der Ruhe !« rief Meister Li.
So war es tatsächlich.
Meister Li ging die Reihen entlang und musterte die Gesichter. »Hallo, Hsiang!«
»Hallo, Li Kao. Was machst
du denn hier ?« fragte die Kröte traurig.
»Das wollte ich dich gerade
fragen«, sagte Meister Li. Die Kröte hob die Faust in Richtung Peking. »Diese
verfluchten Händler !« schimpfte er. »Kao, diese
habgierigen Hunde kamen auf die Idee, daß edle Menschen, die nach ihrem
Seelenheil trachten, den Körper kasteien sollten. Deshalb fingen sie an, außer
den Würmern auch Käse zu verkaufen .«
Mir wurde ganz anders. Wie
die meisten Chinesen finde ich Käse abscheulich, und ich konnte mir gut
vorstellen, daß es eine Kasteiung erster Ordnung bedeutete, das Zeug zu essen.
»Der Käse hat euch alle
umgebracht ?« fragte Meister Li zweifelnd.
»Nun ja, nein«, sagte die
Kröte. »Die konkurrierenden Händler begannen, ungekochte Wasserschnecken zu
verkaufen .«
Meister Li sagte achselzuckend:
»Solange sie noch lebendig sind, sollte nicht mehr passieren, als daß man sich
übergibt .«
»Sie waren lebendig und
kamen geradewegs aus der Bucht, wo die Kübel entleert werden«, fügte er hinzu.
»Ihr habt sie doch nicht gegessen !« rief Meister Li
entsetzt.
»Das haben wir überlebt, Li
Kao. Aber dann begannen die Händler, die Schnecken mit Käse zu füllen .« Meister Li wurde blaß. Mondkind und ich wurden grün. »Ich
erinnere mich noch genau«, jammerte die Kröte. »Es war die Doppelstunde des
Hahns am dritten Tag des achten Mondes, als ein mordlüsterner Händler auf die
Idee kam, alle seine Waren gleichzeitig zu verkaufen, und den Käse in den
Schnecken mit Würmern füllte.«
»Der Erhabene Jadekaiser
beschütze und behüte uns«, sagte Meister Li. »Ich nehme an, als nächstes warst
du unterwegs zum Tempel des Gottes der Mauern und Gräben .« »Der Gott war wütend«, schluchzte die Kröte, »nichts im Register von Leben und
Tod ließ sich auf die Kombination von Würmern, Käse und Wasserschnecken
anwenden. Da wir den roten Staub der Erde vorzeitig verlassen haben, wurden wir
zur Neunten Hölle verurteilt .« »Geeh - geeh - geeh«,
intonierten die Scheinheiligen, die immer noch hofften, der Himmel würde sehen,
wie sie Würmer freiließen.
»Du mußt das Gute daran
sehen«, sagte Meister Li tröstend, »in drei Jahren wird man dir erlauben, als
Geist zurückzukehren. Dann kannst du die Händler heimsuchen, so oft du willst .«
Die Kröte färbte sich
dunkelrot. »Du kennst diese Händler nicht !« schrie er,
»die stopfen unsere Geister in die Würmer im Käse in den Schnecken, nennen das
Ganze die Vier Fäulnisse der Gequälten Gelassenheit und verdienen ein Vermögen
damit!«
Meister Lis Blick richtete
sich auf das Stadttor. Blutrünstigere Dämonen hatten wir noch nie gesehen. Die
Teufel waren offensichtlich hohe Würdenträger, und mit einem Standesschirm und
einem kaiserlichen Emblem würden wir hier nicht weit kommen. Hinter einer
Seitenpforte lag ein Garten mit grauen Blumen. Meister Li bückte sich und holte
die Dietriche aus dem hohlen Absatz seiner linken Sandale. »Hsiang, willst du
so schnell aufgeben? Bei allen Göttern, tu das nicht !« rief Meister Li, »Ihr seid höchst ungerecht behandelt worden, und der Himmel
wird euer Flehen bestimmt erhören, wenn es von Herzen kommt! Wo ist Seine
Heiligkeit? Aha, da bist du! Kommt Männer, eine letzte große Anstrengung !«
»Geeh - geeh - geeh«,
intonierten die Scheinheiligen zaghaft, aber der Heiligste von allen war aus
einem anderen Holz geschnitzt.
»Ich bete zum
Himmlischen Meister des Ersten Ursprungs !« brüllte er, »Ich bete zum
Himmlischen Meister der Jadedämmerung vom Goldenen Tor! Ich bete zu
Königinmutter Wang! Ich bete zu Chang-o und dem Hasen! Ich bete zu Mutter Blitz
und
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