Melli - einmal blinzeln und von vorn
Grundschulkind geschrumpft war. Nein, alles wunderbar. Tja, dann saà dort auf der StraÃe möglicherweise gar nicht Finchen, sondern eine neue Katze, die zufällig Finchen aufs Haar glich. Frau Jewers, ihre Nachbarin, hielt schon seit Monaten nach einer Nachfolgerin Ausschau und hatte nun wohl Erfolg gehabt. Einen Blick auf den Kalender wollte Melli aber doch noch werfen. Sie lief zu dem über und über vollgekritzelten Familienkalender. Wie gut, dass Kira nach altmodischer Sitte die vergangenen Tage durchstrich, um nicht durcheinanderzukommen. Der letzte nicht gestrichene Tag war der Tag vor Oma Doros Geburtstag im August. War der Geburtstag ⦠jetzt? Moment, wo stand die Jahreszahl. Verflixte Obermistigkeit, der Kalender war vom letzten Jahr! Ihr Blick ging wieder zum Fenster. Oma Doros letzter Geburtstag war auch Finchens Todestag. Herrje: es war auch der Tag, an dem ihre Mutter Adrian kennengelernt hatte! Melli wurde abwechselnd heià und kalt. Heute, also an diesem vergangenen Heute, war Pam nach einem Seminar mit Adrian zusammengeknallt und hatte eine dicke Beule davongetragen, woraufhin er sie besorgt nach Hause gefahren und ab sofort in ihrem Leben herumgepfuscht hatte.
In diesem Augenblick quietschten Autoräder und jemand hupte energisch mehrere Male. Finchen! Was, wenn jetzt genau dieser Autofahrer â Melli stürzte aus der Küche, durch den Flur, aus dem Haus â, doch bis sie auf der StraÃe ankam, war das Auto verschwunden. Zuerst atmete sie erleichtert aus. Dann entdeckte sie den dunklen Fleck auf der StraÃe. Ihr Blick flog über den StraÃenrand, scannte den Bordstein, den Bürgersteig, entdeckte einen weiteren dunklen Fleck. Panisch stürzte sie in die Richtung und tatsächlich, dort lag ein weiÃes Bündel unter einem Busch.
»Finchen?«, fragte sie mit brüchiger Stimme. »Bist du in Ordnung?« Sie kroch halb unter den Busch und legte vorsichtig ihre Hand auf das weiche Fell. Erleichtert spürte sie eine kleine Bewegung. Die Katze lebte. Aber anscheinend war sie verletzt, sonst wäre sie gleich weggelaufen. Ãber die dunklen Flecken auf der StraÃe wollte sie lieber nicht nachdenken.
»Finchen«, sprach sie eindringlich zu der Katze, »ich hole dich jetzt da raus.« Behutsam versuchte sie, das Tier aus seinem Versteck zu ziehen. Doch sofort fauchte und schnappte Finchen und legte bedrohlich die Ohren an.
»Okay, ich weiÃ, aber ich will dir doch nur helfen. Du musst zum Tierarzt, jetzt komm.«
Wieder kratzte und fauchte die Katze. So hatte es keinen Sinn. Wo zum mistigen Himmel waren nur ihre Cousinen, Kira und alle Welt, wenn man sie mal brauchte? Verzweifelt sah sich Melli um. Niemand da. Sie schälte sich aus ihrer Bluse, die sie über einem Top trug, und deckte die zitternde Katze sorgfältig zu.
»Na gut«, sagte sie, »dann wartest du hier, ja? Und ich hole Hilfe.«
Als Erstes lief sie zu Frau Jewers. Wie vermutet war niemand zu Hause, Frau Jewers arbeitete oft bis spät am Abend im Krankenhaus. Auch bei den anderen Nachbarn öffnete niemand. Schnell vergewisserte sie sich, dass Finchen noch an derselben Stelle lag und flach atmete, bevor sie zu ihrem Haus zurücklief. Dann musste ihre Mutter ran. Wieviel Uhr war es eigentlich. Wo steckten die alle? Mittagszeit, klärte sie die Küchenuhr auf. Aha, kein Wunder, ihre Mutter war noch an der Uni, nur, was machte sie selbst hier? Warum war sie nicht in der Schule? Hastig wühlte sie nach ihrem Telefon und wartete ungeduldig auf Pams Stimme.
Das ist sie, die ultimative, allereinzigartigste, wunderbare Gelegenheit, blitzte es durch Mellis Kopf. Das muss ein Wink des Schicksals sein. Wenn sie Pam jetzt rechtzeitig erwischte, würde sie nicht nur Finchen retten, dann würde ihre Mutter auch nicht mit Adrian zusammenstoÃen und er würde sich nicht tagelang besorgt nach ihrer Beule erkundigen. Und â
»Melli?«, hörte sie Pams Stimme. »Ich bin mitten in einem Seminar, was ist los?«
»Mam, du musst ganz schnell kommen. Finchen wurde angefahren und liegt unter einem Busch. Sie blutet und kann sich nicht bewegen. Es ist kein Mensch hier, was soll ich tun?«
»Was sagst du? Finchen?«
»Mam, sie stirbt bestimmt, wenn wir ihr nicht helfen. Frau Jewers kommt ja erst abends zurück und Kira ist auch nicht hier.«
»Kira hat heute ihren Arzttag, das kann ewig dauern. Pass auf, Melli-Maus. Schau nach
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