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Melli - einmal blinzeln und von vorn

Melli - einmal blinzeln und von vorn

Titel: Melli - einmal blinzeln und von vorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Doerr
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zu rütteln, die Symptome waren eindeutig. Typischer Fall von Eiszeit. Wenigstens war sie dieses Mal nicht in die Vergangenheit gesprungen. Oder wäre das besser gewesen? Immerhin hatte sie ja Finchen retten können. Wenn sie schon nicht Adrian hatte daran hindern können, ihre Mutter kennenzulernen ...
    Denk nach, ermahnte sich Melli jetzt. Konnte sie diesen Zeitstopp nutzen, um Pia vor Adine zu schützen? Sie legte sich neben Lora, doch ihre Gedanken tanzten wie wild in ihrem Kopf herum und ließen sich nicht unter Kontrolle bringen. Dieses Zeitendurcheinander war auf Dauer wirklich anstrengend. Aufgewühlt ging sie zum Fenster. Von dort konnte sie zu ihrem eigenen Haus hinübersehen. Dort fühlte sie sich immer am sichersten, dort würde sie bestimmt wissen, was sie zu tun hatte.
    Kaum war sie drüben angekommen, schlich sie auf Zehenspitzen den Flur entlang zum Schlafzimmer ihrer Mutter. Melli musste zugeben, dass es tatsächlich etwas eng war, seit Adrian hier wohnte. Das Zimmer diente beiden seitdem nicht nur als Schlaf-, sondern auch als Arbeitszimmer – ein Zustand, den man auf Dauer niemandem zumuten konnte. Vorsichtig steckte sie den Kopf ins Zimmer. Niemand da. Was hatte sie auch erwartet. Langsam sank sie auf das Bett und stützte ihren Kopf in die Hände. Ihr Blick wanderte über die gestapelten Unterlagen auf Adrians Klapptisch, den er als Übergangslösung in die Ecke am Fenster gequetscht hatte. Was, wenn sich dort ein Hinweis darauf fand, dass Adrian doch nicht Pams Traummann war? Irgendeine Nachricht einer heimlichen Geliebten vielleicht? Verdächtige Kontoauszüge, die auf Unterhaltszahlungen für weitere Kinder hinwiesen? Oder vielleicht war er ja auch ein gesuchter Heiratsschwindler? Nein, mal ehrlich, so blöd war er wohl kaum, heißes Material ausgerechnet hier aufzubewahren. Um etwas in dieser Richtung zu finden, musste sie schon in seiner alten Unterkunft suchen, die ihm als Gastprofessor von der Uni zugewiesen worden war.
    Wollte sie das überhaupt? Wie eine elende Schnüfflerin hinter ihm her sein? Jetzt, nachdem sie begriffen hatte, dass das Schicksal unbedingt und unter allen Umständen Adrian und Pam zusammenführte, musste sie sich nicht einfach damit abfinden?
    Seufzend erhob sie sich, verließ das Schlafzimmer, ohne Adrians Schreibtisch auch nur angerührt zu haben. Noch eine ganze Weile strich sie wehmütig durch ihr Häuschen. Es war echt schön hier. So vollgepackt mit guten Erinnerungen. Sie wollte nicht weg, in ein großes, ungemütliches Haus mit Tausenden von Zimmern. Sie wollte kein eigenes Bad, keinen Freizeitkeller mit Discoraum oder Billardtisch. Sie wollte hier bleiben, bei ihren Freundinnen, ihrer Familie. Als sie zurückging, fragte sie sich, was die anderen wohl machten. Vorhin war sie durch den Garten gelaufen und hatte nicht nach links und rechts geschaut. Kira traf sie nun am Mülleimer in einer ausgesprochen unvorteilhaften Pose an: Sie hielt den Deckel hoch, versuchte gleichzeitig, mit der anderen Hand den überfüllten Behälter flachzudrücken, und blickte starr auf einen Punkt auf der Straße. Vermutlich würde sie einen fürchterlichen Muskelkater im Arm bekommen, wenn sie noch lange so herumstand. Melli löste vorsichtig die Hand ihrer Tante vom Deckelgriff und schloss den Behälter. Dann folgte sie Kiras Blick und erstarrte nun ihrerseits. Himmel, da stand der Wagen ihrer Großmutter vor der Einfahrt und Oma Doro hing noch halb im und schon halb außerhalb des Autos. Natürlich bohrten ihre dunklen Augen wieder Löcher in Mellis Gesicht. Eilig lief sie zu ihr und befreite sie aus der unglücklichen Lage, in dem sie sie langsam auf den Fahrersitz zurückschob.
    Â»Das tut mir leid, Oma, ehrlich, ich kann doch nichts dafür. Geht es so? Tut es weh? Soll ich hier noch ...« Sie flitzte um das Auto herum und zog ein wenig am Arm ihrer Oma, bis diese hoffentlich gemütlich saß. Erschöpft ließ sie sich neben ihr auf den Beifahrersitz fallen. Nach einem kurzen Zögern gab sie sich schließlich einen Ruck: »Du, Oma. Sehen kannst du mich ja irgendwie, oder?« Sie vergewisserte sich mit einem schnellen Blick, dass die dunklen Augen tatsächlich zu ihr sahen. »Und irgendwas weißt du auch, stimmt’s? Ich meine, du merkst, dass da irgendwas passiert, mit der Zeit und so. Oma, das ist echt eine mistige Sache. Also. Ich meine, manchmal

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