Melli - einmal blinzeln und von vorn
Melli-Maus. Sicher ist eine Premiere wichtig, aber Doro wird eben zu einer anderen Aufführung kommen.« Pam schaute auf die Uhr. »Sie müsste jeden Augenblick hier sein. Sie wollte später zur Feier kommen.«
Melli fühlte sich mit einem Mal traurig und müde. Sie musste dringend ein wenig allein sein. »Mam, geht ihr einfach schon mal los und reserviert mir und Oma einen Platz. Ich warte hier auf sie, okay?«
Melli suchte sich ein stilles Plätzchen, von dem aus sie das Gewimmel im Eingangsbereich überblicken konnte. Trotzdem bemerkte sie ihre GroÃmutter erst, als diese direkt neben ihr stand.
»Ach, mein Empfangskomitee! Gut, dass ich dich hier gleich erwische.«
»Oma, was hast du denn gemacht? Es war die Premiere!« Melli schmollte ein bisschen.
»Das weià ich doch und es tut mir auch leid, aber ich musste recherchieren. Du weiÃt schon, weshalb. Und ich bin einen entscheidenden Schritt weitergekommen.«
»Ich auch, es liegt wohl wirklich am scharfen Essen. Seit ich darauf verzichte, ist nichts mehr passiert, gut, nicht wahr?«
»Ja, und ich habe noch eine bessere Nachricht. Der Fluch ist keiner, sondern ein Glücksfall, sozusagen.«
Sie wühlte in ihrer Handtasche und beförderte die kleine Schachtel hervor, die Melli schon kannte. »Ein Geschenk von Amrit. Nun, nicht direkt ein Geschenk. Ich fand es damals in meinem Gepäck mit einer kleinen Notiz. Vermutlich wollte er seinen in der Wut geäuÃerten Fluch ein wenig abmildern. Er war wirklich ganz schön verliebt.« Sie kicherte ein wenig und klang plötzlich sehr mädchenhaft. Oma Doro öffnete das Schächtelchen und holte eine Kette mit einem Anhänger heraus.
»Hier, für dich.« Vorsichtig nahm Melli das Lederband mit dem durchsichtigen, goldverzierten Anhänger. Darin eingeschlossen eine glutrote Blüte. Ratlos drehte und wendete sie das Teil.
»Und jetzt? Muss ich einen Zauberspruch sagen oder was?«
Ihre GroÃmutter nahm ihr den Schmuck aus der Hand und hängte ihn Melli um den Hals. »Du musst nichts sagen. Er gibt dir die Kontrolle zurück. Amrit war eben doch mehr als nur ein Koch, vielmehr ein Guru der Küche und der Magie.« Sie betrachtete den Anhänger. »Das ist eine Ingwerblüte. Ich denke, du brauchst ein wenig Ãbung, um damit umgehen zu können. Probier es aus und sei vorsichtig. Mehr kann ich dir nicht sagen.«
Melli hatte staunend und mit klopfendem Herzen zugehört. Um ehrlich zu sein, verstand sie überhaupt nichts. Nur, dass sie jetzt ihrem Zeitproblem nicht mehr hilflos ausgeliefert war. Vorausgesetzt, sie würde lernen, es zu beherrschen. Dann würde sich der Fluch vielleicht in eine Gabe verwandeln. Ein Segen. Dieser Amrit war wirklich ein mistiges Schlitzohr.
»So, Melli, und wenn ich jetzt nicht gleich etwas zu essen bekomme, werde ich zum Werwolf.« Sie lachte, als sie Mellis erschrockene Miene sah, und lieà den Talisman unter Mellis T-Shirt verschwinden. Sie zwinkerte ihr zu. »Nein, nein, nur ein Scherz. Aber ist es nicht verblüffend, was alles möglich ist? Tja, überall lauern Geheimnisse, meine Liebe, und jetzt lüften wir das Geheimnis des Büfetts.«
Kapitel 15
M elli stand gedankenverloren am Büfett und lieà die Augen über die Platten und Schüsseln schweifen. Ihr Blick blieb an einem Schildchen hängen, auf dem »feurig-scharfer Peperoni-Dip« stand. Vorsichtig blickte sie sich um. Sollte sie es wagen, hier, an Ort und Stelle Amrit und den Talisman und ihre Reaktion auf scharfes Essen zu testen? Was würde dieses Mal passieren?
»Mann, Melli, der sieht ja erstklassig süà aus! Warum hast du uns nie gesagt, dass du so einen Traumbruder bekommen wirst. Ich habe ihn mir als eine Mischung aus Yeti und King Kong vorgestellt. Mit einem Verstand wie Einstein allerdings, aber das macht es auch nicht besser.« Lora stand plötzlich neben Melli, lud sich tonnenweise Nachspeise auf und schwafelte ununterbrochen. Zuerst über die GroÃartigkeit ihrer Aufführung, dann über Adines Boshaftigkeit und nun über Jasons Traumhaftigkeit.
»Weil es ein Albtraumbruder ist«, erwiderte Melli pampig. Sie hatte nun wirklich andere Sorgen als Jason. Eigentlich wollte sie so schnell wie möglich nach Hause und nachdenken. »Ich habe dich und Pia als Freundinnencousinengeschwister, das reicht. Wenn er wenigstens ein Mädchen wäre
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