Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Melodie der Stille: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Melodie der Stille: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Melodie der Stille: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
Vom Netzwerk:
einzigen Tropfen in uns aufzunehmen!«
    Nun sah ich befriedigt, daß sich der König ein wenig unbehaglich zu fühlen schien. Er weiß, wie sehr ich gelitten habe, als ich ihm so viele Kinder ausgetragen habe, daß die Haut meines Bauches nun erbärmliche Falten wirft und meine Brüste, die einst so rund wie Äpfel waren, mir fast bis zur Taille hängen (so daß ich, wenn ich mit dem Grafen im Bett bin, immer daran denken muß, meinen Körper in eine Stellung zu bringen, in der das Hängen nicht noch betont wird). Er weiß auch, daß ich mich in einem Stadium befinde, in dem mich mein Leben mit ihm sehr unglücklich macht. Doch er leugnet das sich selbst gegenüber, so daß er in Wirklichkeit nicht ehrlicher ist als ich, die ich es nicht ertragen kann, auf die Plage einer Silbermine zu blicken, weil er es nicht ertragen kann, mich anzublicken und zu sehen, wie ich bin, und zu wissen, was ich in meinem Herzen fühle.
    Doch letzteres sagte ich nicht, da ich es dann vorzog, aus dem Zimmer zu gehen und mich in meinen Gemächern einzuschließen, bis er und seine Gruppe (zu der alle Arten von Leuten vom Koch bis zum Musiker gehören) den ersten Teil der Reise ins Numedal antraten. Ich stand an meinem Fenster, sah sie durch die Tore von Rosenborg ziehen, und kaum waren sie außer Sichtweite, da schickte ich auch schon meine Frau Johanna mit der folgenden Nachricht – in der spielerischen Verschlüsselung, die Otto und ich uns zu eigen gemacht haben – zum Haus des Grafen:

    Mein edler Graf, Morgana, die Königin, erlaubt sich, Euch mitzuteilen, daß ihr Kater fehlt. Sie bittet Euch, ihr eine große Maus zu bringen, die sie während seiner Abwesenheit amüsiert …

    Kein Mann in meinem Leben war wie Graf Otto Ludwig gewesen. Ich empfinde solche Freude, wenn wir den Liebesakt vollziehen, daß ich gar nicht zu merken scheine, wie die Zeit vergeht, sondern in einer anderen Welt bin, einer Welt, die einzig und allein aus seinem und meinem Körper, aus den Vorhängen und dem Licht des uns umgebenden Raumes besteht.
    Es ist sehr wohltuend und schön, in seinen Armen zu schlafen. Ich glaube wirklich, noch nie zuvor einen solchen Schlaf erlebt zu haben. Doch kaum bin ich wach und merke, wo ich bin, da fühle ich mich gleich wieder böse wie ein zänkisches Weib. Ich bin nun mal so. Ich weiß, daß ich ihm manchmal etwas Ruhe gönnen und nicht an einem einzigen Nachmittag auf mehr als zwei oder drei großen Momenten bestehen sollte – was ich zugegebenermaßen tue, weil ich noch keinen anderen Mann kennengelernt habe, mit dem ich überhaupt einen richtigen Moment erleben kann, und meine Gesundheit bei starkem Mangel leidet. Und warum sollte ich, die Königin in allem außer dem Titel, an schlechter Gesundheit durch einen bedauerlichen Mangel solcher Momente leiden?
    Gestern nachmittag, als ich mehr als vier oder fünf Momente gehabt hatte (und er immerhin zwei), beklagte sich der Graf plötzlich, ich sei zu gierig nach meinem Vergnügen. Das hörte ich gar nicht gern. Doch statt wütend auf ihn zu sein, täuschte ich ein paar mädchenhafte Tränen vor und rief: »O Otto, du hast ja so recht! Wie schändlich und lasterhaft ich doch bin! Was für eine liederliche Frau hast du doch zu deiner Geliebten erwählt! Du mußt mich dafür bestrafen, jetzt sofort! Oh, tu’s schon, ganz schnell, nimm deinen Gürtel oder die Vorhangschnur oder sonst eine Geißel deiner Wahl! Sieh doch, ich setze meinen nackten Hintern dem schrecklichen Peitschenschlag aus! Zögere nicht, sondern strafe mich ohne viel Federlesens.«
    Ich brauche wohl nicht eigens niederzuschreiben, wie bereitwillig der Graf auf mein flehentliches Bitten einging, denn ich glaube, daß alle Männer gern Frauen züchtigen und davon stark erregt werden. Obwohl ich es verabscheuen würde, wenn der König oder ein anderer Mann mich auf irgendeinen Teil meines Körpers schlüge, und so laut schreien würde, daß alle auf Rosenborg faul in ihren Betten liegenden Diener aufwachen würden, versetzten mich die leidenschaftlichen Schläge des Grafen in eine Art Delirium, und wenn ich in diesem Delirium einen solchen Moment erreiche, ist er so intensiv und anhaltend, daß ich allmählich schon glaube, daß der Graf und ich auf dem Diagramm des absoluten Vergnügens noch tief unten stehen, doch mittels Experiment und Phantasie einen Grad der Ekstase erreichen können, den normale Männer und Frauen ihr Leben lang nie erfahren, ja nicht einmal für möglich halten.

    Ich bin in Gedanken so

Weitere Kostenlose Bücher