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Melodie der Stille: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Melodie der Stille: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Melodie der Stille: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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angesichts der vielen Arbeit, die ihn im Numedal erwarten würde, »bersten«. Und wirklich war er seit der Ankunft des Konvois dauernd in Bewegung. Ständig eilte er von einem Ort zum anderen, beaufsichtigte das Anheuern der Männer, den Erwerb des Bauholzes, Werkzeugs und der Pferde, das Entwerfen neuer Gebäude und das erste Vordringen ins Lebensblut der Berge, das Aufschneiden der Adern der Silbermine.
    Christians Hände streicheln und erkunden den Stein. Den Genies der Silbermine gegenüber macht er die Bemerkung: »Die Natur verbirgt ihre Geheimnisse wie eine Kurtisane, um uns zu reizen«, und die Minenarbeiter mit ihren Pickeln und Meißeln donnert er an: »Brecht den Berg auf! Reißt ihm das Herz heraus! Ich möchte den Numedal hier in meinen Armen halten!«
    Selten einmal schläft der König. In der Nacht liegt er auf einem Holzbett, lauscht auf das Heulen der Wölfe und spürt heftig den Schmerz seiner Liebe zu Kirsten, die diese einst erwiderte, nun aber nicht mehr. In seiner Zukunft mit ihr sieht er nur noch unbefriedigtes sinnliches Verlangen und eine Hingabe, die ihm das Herz zerreißt.
    Er weiß nicht, daß Kirsten einen Geliebten hat. Die Diener im Palast wollen ihm unnötiges Leid ersparen. So sind ihm keine Gerüchte über die Auspeitschungen mit Seidenriemen und die Unflätigkeiten Ottos Kirsten und Kirstens Otto gegenüber zu Ohren gekommen. Doch er braucht all das auch gar nicht zu wissen, um zu begreifen, daß Kirsten Munk seine Liebe zurückweist und andere Wege geht. Er wünschte, er wäre ein Wolf mit einer Wolfshöhle in einem Wald unter den Sternen und einer Wolfsstimme, um mitheulen zu können.
    Er läßt Peter Claire holen.
    Der Lautenspieler sieht blaß aus und singt nicht gut, weil er erkältet ist.

    Wie der König blickt auch Peter Claire auf den Isfoss.
    Im Gegensatz zu Christian kann er sich ihn aber nicht anders vorstellen, als er jetzt ist, nämlich still und unbeweglich. In seiner Phantasie schreibt er seiner verlorenen Gräfin einen Brief: Meine liebe Francesca, ich bin an einem Ort, wo die Zeit im Winter stehengeblieben ist und niemals wieder weitergehen wird. Ich nenne ihn den Ort des gefrorenen Katarakts. Ich weiß nicht, wie lange ich hier am Leben bleiben werde.
    Er träumt vom Kuchenbacken seiner Mutter in der Pfarrküche, vom Kai in Harwich an einem Sommermorgen, wo die Heringsflotte einläuft, von der Fröhlichkeit und Tanzfreudigkeit seiner Schwester, von seinem Vater, wie er in seinem Rock zu seiner Kanzel geht, auf seine Gemeinde blickt, nach dem Gesicht seines Sohnes sucht und es nicht findet. Ihm fallen wieder Worte seines Vaters ein. »Peter«, sagt der Pfarrer James Claire, »wenn du nicht mit dem Leben klarkommst, hadere nicht mit dem Schicksal, sondern vielmehr mit deiner eigenen Schwäche.«
    Und so entschließt er sich zum Aushalten. Krenze und er versuchen sich mit dem Spielen von Gigues und Capriccios warm zu halten, zu denen sie sich in kleinen Kreisen drehen. Der Besitzer des Häuschens, in dem er schläft, ist von diesen lebhaften Weisen sehr angetan und amüsiert sich über den Deutschen und den Engländer, die in seinem Hof herumtollen. Es dauert nicht lange, da bringt er Peter Claire eine Bettdecke aus Kaninchenfellen.

    Sein Schlaf wird öfters unterbrochen, weil er zum König zitiert wird.
    Eines Nachts findet er Christian allein vor einem erlöschen-den Feuer sitzend vor. Seine lange Locke ist offen, und ein paar Strähnen schlaffen braunen Haares hängen ihm fast bis zur Taille. Beim Sprechen fährt sich Christian mit den Händen durchs Haar und kämmt es ununterbrochen, als beruhige ihn dies. »Ich habe nach Euch geschickt, weil in meinem Kopf der reinste Wirrwarr herrscht«, sagt er. »Könnt Ihr mir also sagen … Ihr, die Ihr dem Engel aus meinen Knabenträumen ähnelt … könnt Ihr mir sagen, wie sich ein solches Durcheinander im Kopf eines Mannes auflösen läßt?«
    Peter Claire blickt in die Asche, als erwarte er, dort eine Antwort zu finden. Er weiß, daß er etwas sagen muß, ist sich aber eine ganze Weile nicht darüber im klaren, was es sein könnte, und merkt, daß der König allmählich unruhig und ärgerlich wird. Dann fällt ihm ein, wie sich der König darüber beklagt hatte, daß alle großen Philosophen Dänemark verlassen hatten, und meint: »Wäre Monsieur Descartes jetzt bei Euch, Sir, würde er sagen, daß eine Verwirrung nur aufgelöst werden kann, wenn man vielfältig Verflochtenes aufs Einfache reduziert.«
    Der König

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