Melville
mich.
„Wenn
Sie zögern, Mr Hayes, bekomme ich den Eindruck, dass Sie sich gerade
eine Lüge ausdenken. Versuchen Sie es doch zur Abwechslung mal mit
der Wahrheit. Also nochmal. Planen Sie mit Freunden ein Attentat?”.
„Ja!“,
schreit er laut, sicher auch, weil er nicht mehr in der Lage ist
leise zu reden, ohne von den inneren Muskelkrämpfen überlagert zu
werden.
„Nennen
Sie mir den Namen ihres Ziels.”.
„Er
heißt Merfield... Merfield... bitte, hören Sie damit auf!”. Es
ist tatsächlich der Neonatus aus meinem Clan. Dieser Mensch wollte
deutlich über die Stränge schlagen und sich mit uns anlegen.
„Ich
denke, ich entscheide, wann es genug ist, Mr Hayes, also weiter. Wie
und wann wollten Sie ihn töten?”.
„Übermorgen,
wir wollten ihn und sein verdammtes Haus niederbrennen.”.
„Starke
Worte, Mr Hayes, zum Glück habe ich Sie vorher festgenommen, um
dieses unschuldige Leben zu retten.”.
„Das
ist kein unschuldiges
Leben. Dieser Mann tötet Frauen... in seinem Haus und
die Polizei unternimmt nichts dagegen!”, anscheinend habe ich es
hier mit einem kleinen Maskeradeproblem zu tun.
„Und
das gibt Ihnen das Recht Selbstjustiz anzuwenden?”.
„Das
machst du doch auch, du Mistkerl!”, ich drücke den Auslöser lange
und erbarmungslos. Was bildet er sich nur ein, sich mit mir zu
vergleichen? Speichel rinnt ihm aus dem Mund, sein Körper bebt, ich
lache leise.
„Wie
heißen Ihre Freunde? Die, mit denen Sie das Attentat geplant
haben?”. Ich lasse ihm etwas Zeit, bis er wieder atmen und
antworten kann.
„Das
werde ich Ihnen niemals verraten...”. Das
werden wir ja sehen.
Etliche
Minuten und Stromschläge später, beginnt sein Widerstand zu
bröckeln. Es erstaunt mich, wie lange dieser Mensch sich dieser Qual
wirklich aussetzt. Nach und nach verrät er seine Mittäter, auch
wenn es ihm sichtlich schwer fällt.
„Ich
danke Ihnen, Mr Hayes. Ich wollte nur wissen, ob Ihre genannten Namen
mit meinen Informationen übereinstimmen. Und in der Tat, das tun
sie.”. Als er realisiert, dass er diesen Kampf nur für einen
Abgleich der Namen gekämpft hat, gibt er endgültig auf. Ich habe
ihn gebrochen. Meine Arbeit ist getan.
Ich
ziehe meine Schürze und die Handschuhe aus und trete in den
schallisolierten Nebenraum. Ich greife nach dem Telefon und gebe Mr
Safford Bescheid, dass ich alle Informationen habe und das Mr
Merfield sich einen Maskeradebruch erlaubt hat. Gerne kann er das
Videomaterial sichten. Dann folgt meine allesentscheidende Frage.
„Was
soll ich jetzt mit ihm tun, Sir?”.
„Das
überlasse ich dir, Melville, aber sorge dafür, dass er dich und vor
allem uns nicht verraten kann.”.
„Ich
verstehe, Sir. Sie können dann in einer halben Stunde ihre Männer
schicken, den Leichensack abholen.”. Ich kann förmlich hören, wie
er auf der anderen Seite der Leitung schmunzelt.
„Gut,
sie werden da sein.”.
„Auf
dann, Sir.”.
„Gute
Arbeit, Melville.”
„Danke,
Sir.”.
Ich
kehre zu ihm zurück und warum auch immer, fühle ich mich plötzlich
an den ersten toten Hamster erinnert, den ich damals unbedarft
einfach mit dem Messer erstochen und somit auch an den Tisch geheftet
hatte. Damals war es eine sehr blutige Angelegenheit, ihn zu
entfernen.
Du hast ja jetzt einen Abfluss, Melville!
Ich
greife wieder nach dem großen Messer. Der noch leere, schwarze
Kunststoffsack liegt schon in der Ecke bereit. Dieser Mensch
wird für keinen Kainiten mehr eine Gefahr sein. Und
jetzt erst nehme ich ihm die Augenbinde ab, damit ich seine
angstgeweiteten Pupillen sehen kann. Ich verzichte auf die
Handschuhe, sie hindern mich nur am eigentlichen Fühlen, am
richtigen Erleben der Tat.
„Es
war mir eine Freude mit Ihnen zusammenzuarbeiten, Mr Hayes. Schade,
dass Sie mich nun schon verlassen müssen.”. Und bevor er noch
etwas antworten kann, ramme ich ihm die Klinge in die Brust. Tief und
unnachgiebig, drehend und gewebeerfühlend beuge ich mich ganz dicht
zu ihm. Um zu lauschen, wie er seinen letzten Atemzug nimmt. Er ist
der Erste... der Erste auf meinem Weg.
Die Quittung
Ich
öffne die Augen und blicke direkt in Benedicts Gesicht. Er sitzt auf
einem Stuhl neben meinem Bett, den Kopf auf seine gefalteten Hände
gestützt, betrachtet er mich nachdenklich. Ich erinnere mich nicht,
mich selbst in das Bett gelegt zu haben. Gestern, als ich gerade
meinen Anzug in den Schrank hängen wollte, überkam mich die
tägliche Ruhe, wie ein Hammerschlag. Der zwanghafte Schlaf
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