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Memed mein Falke

Memed mein Falke

Titel: Memed mein Falke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasar Kemal
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Mitte der Höhlung auf. Memed konnte den Zunder zum Brennen bringen, aber das Reisig fing kein Feuer. Dazu brauchte es eine richtige, wenn auch noch so kleine Flamme. Wie sollten sie das schaffen?
    »Bleib du mal hier«, sagte Memed. »Ich schaue nach einem Kienspan.«
    Mit einem harzigen Stück Kiefernholz kam er wieder. Er zog sein großes zweischneidiges Messer hervor, spaltete das Holz in mehrere Späne. Aber der Zunder ließ auch die Späne nicht brennen. Ohne Flamme würde es nicht gehen. Ein einziges Zündholz hätte genügt. Er hatte Zündhölzer mitgenommen, aber die waren nur noch eine breiige Masse.
    »Hatçe! Ob wir nicht ein Stückchen trockenen Stoff finden könnten?«
    »Ich schaue in meinem Bündel nach«, antwortete das Mädchen unter Zähneklappern. »Vielleicht ist das Wasser nicht ganz durchgedrungen.«
    Draußen rauschte der Regen, als hätte der Himmel alle Schleusen geöffnet. Hatçe grub in ihren Habseligkeiten herum. Schließlich fand sie zwischen ihrer Wäsche eingerollt ein Taschentuch. Das war Memeds erstes Geschenk gewesen. Es hatte rote Tupfen. Die Frauen im Dorf banden sich solche Taschentücher um den Kopf. Sie zeigte es Memed.
    »Das ist trocken.«
    Er erkannte es sofort.
    »Ach, das?« Die Erinnerung freute ihn einen Augenblick. Dann fuhr er hoch: »Und wenn wir hier vor Kälte draufgehen müßten, das wird nicht verbrannt.«
    »Vielleicht finden wir doch noch ein trockenes Stück bei den Röcken«, meinte Hatçe.
    »Bring dein Zeug einmal her!« befahl Memed. Und als er kurz in dem Wäschebündel gewühlt hatte: »Oho! Du sagst, da wäre ein trockenes Stück? Das ist ja viel mehr!«
    »Ja, ja! Verbrenne nur alles; dann können wir nackt umherlaufen!«
    Memed zuckte mit den Schultern. »Es wird uns nicht viel anderes übrigbleiben.«
    Er riß aus einem trocken gebliebenen Rock das Futter heraus, schlug den Feuerstein, wickelte den Zunder in den Stoff und blies aus Leibeskräften. Als er keinen Atem mehr hatte, gab er Hatçe den Stoff in die Hand. In diesem Augenblick schlug ein Blitz unmittelbar neben ihnen ein. Die Erde erbebte leise, die Bäume knarrten. Memed bückte sich nach dem Stück Leinen, das der erschrockenen Hatçe entfallen war, begann wieder zu blasen, bis seine Backen schmerzten. Mit Freuden sah er ein winziges Flämmchen auf dem Tuch entlangkriechen. Sofort führte seine Hand den Holzspan heran. Der begann knisternd zu brennen. Nachdem er noch ein paar Späne entzündet hatte, steckte er sie alle zwischen das aufgeschichtete Reisig und schob das Zweigwerk so zurecht, daß die kleinen Flammen es richtig erfassen konnten.
    Der Regen war inzwischen noch stärker geworden, der Himmel war nur noch schwarzer Dampf, immer wieder durchzuckt von grellen Blitzen und Donnerschlägen. Memeds Inneres ertrank nach jedem Blitzschlag in einer Flut messinggelben Glanzes. Es war immer wieder der gleiche Glanz, der ihn seit dem Tag auf dem Basar nicht mehr losgelassen hatte ...
    Das Feuer wuchs. Er warf noch Holz darauf, das, nachdem es seine Nässe verloren hatte, langsam anbrannte. Jetzt schlugen große Flammen hoch, spielten hin und her. Sie zogen ihre Oberkleider aus, breiteten sie neben dem Feuer aus.
    Als er sah, daß sich Hatçe schämte, ihre Untergewänder abzulegen, sagte er: »Du mußt dich schon ganz ausziehen, wenn dein Frösteln aufhören soll.«
    Sie blickte ihn flehend an. »Das trocknet ja auch auf dem Körper.«
    Memed sagte ärgerlich: »Bis das Zeug trocken ist, hast du dir den Tod geholt!«
    Vor seiner finsteren Miene fügte sie sich. Ihre Schultern waren rund und gebräunt. Schützend hielt sie die Handfläche vor die Brust. Ihre Schultern bebten. Über ihrem schlanken Hals kräuselten sich hinter den Ohren ein paar Haare. Ihre schwarzen Locken reichten bis zu den Hüften hinunter. Die straffen Brüste rundeten sich zwischen den schützenden Fingern. In der Wärme verschwand die Gänsehaut unter den blonden Flaumhärchen ihres Körpers, die Haut gewann nach und nach ihre zarte rosa Farbe zurück.
    Memed starrte sie an. In ihm wuchs ein unbezähmbares Begehren.
    »Hatçe! ... «
    Sie erschauerte. Der Klang seiner Stimme hatte ihr alles gesagt, was er fühlte.
    »Memed, im Dorf bricht jetzt die Hölle los. Jetzt suchen sie das ganze Land nach uns ab. Und wenn sie uns finden? Ich habe Angst, Memed.«
    Er empfand die gleiche Furcht, aber er ließ es sie nicht merken. »Unsinn! Wer soll uns denn hier finden, mitten im Wald!«
    »Ich weiß nicht, ich habe einfach

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