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Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Titel: Memento - Die Überlebenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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wüssten Bescheid?«
    »Sorry«, murmelt Hastings Partridge zu und schüttelt sich das Haar aus der Stirn. Hastings will zur Horde gehören. Keine große Überraschung, dass er diese Information als Gegenleistung für ein wenig Anerkennung preisgegeben hat. Trotzdem ist Partridge sauer.
    »Und?«, ruft Wellingsly. »Tick, tick, tick?«
    Partridge schüttelt den Kopf. »Nur das Übliche«, sagt er. »Keine große Sache.«
    »Stellt euch Partridge mit einem Ticker vor«, wirft einer der Elmsford-Zwillinge ein. »Sie würden den Schalter umlegen, allein um ihn aus seinem Elend zu erlösen. Aus Barmherzigkeit.«
    Die Horde lacht.
    Arvin blickt von seinem Buch auf, als würde er für einen Moment überlegen, ob er Partridge beistehen soll. Dann lässt er die Schultern hängen und liest weiter. Hastings schließt die Augen und tut, als würde er schlafen.
    »Partridges Kopf würde auseinanderfliegen wie eine explodierende Melone«, sagt der andere Elmsford-Zwilling.
    »Und alles über Lyda Mertz’ hübsches Kleid«, sagt Vic. »Hoppla, Lyda, tut mir leid. Partridge war wohl zu aufgeregt.«
    »Lasst Lyda aus dem Spiel!«, sagt Partridge. Er klingt ärgerlicher, als er beabsichtigt hat.
    »Oder was?«, fragt Vic. »Weißt du, ich würde mich freuen, dir den Arsch zu versohlen.«
    »Ach, tatsächlich?«, sagt Partridge, und jeder weiß genau, was er meint: Du würdest wirklich gerne den Sohn von Willux verprügeln? Meinst du, das wäre klug? Partridge hasst sich für seine Worte. Sie sind ihm einfach über die Lippen gerutscht, bevor er es verhindern konnte. Er hasst es, der Willux-Sohn zu sein. Es macht ihn genauso zu einer Zielscheibe, wie es ihn schützt.
    Vic sagt nichts mehr. Im Waggon wird es still. Partridge fragt sich, ob sie sich an diesen Augenblick erinnern werden, wenn er weg ist, gegangen oder tot, je nachdem, wie es läuft. Er muss schließlich riesige Ventilatorflügel überwinden. Wenn er Pech hat, wird er zerhackt – zerhackt wie eine Melone. Was werden sie dann von ihm denken? Dass er ein Feigling war, der beim Versuch wegzulaufen starb? Dass er defekt war, wie Sedge?
    Er blickt aus dem Fenster. Die Landschaft huscht vorbei – die Spielfelder, die Steinmauern der Akademie, die vielstöckigen Wohnanlagen, die Einkaufskomplexe, die Bürogebäude und weiter draußen die automatischen Ernter bei der Arbeit auf den Feldern. Dann fahren sie in den dunklen Tunnel ein. Er stellt sich vor, wie sich die kranken und schwachen Unglückseligen an ihn klammern, an ihm zerren, das vergiftete Land, das ungenießbare Wasser, die Ruinen. Er will nicht dort draußen sterben – nicht, wenn er es vermeiden kann. Dennoch, es ist ein Risiko, das er auf sich nehmen muss. Er kann nicht hierbleiben, in dem Wissen, dass seine Mutter möglicherweise irgendwo da draußen ist, in dem Wissen, dass man ihn verändern wird, wenn er bleibt, tief in seinem Innern, auf eine Weise, an die er sich niemals bewusst erinnern wird.
    Als hätte jemand einen Lichtschalter umgelegt, wird es kurz dunkel in ihrem Waggon, bevor das elektrische Licht aufflackert. Der Tunnel führt geradewegs ins Herz des Medizinischen Zentrums. Die Bremsen zischen, die Jungen werden leicht nach vorn gedrückt, dann steht der Zug. Die Jungs schnallen sich los und stehen auf.
    Draußen sind alle still. Einige rufen halbherzige Abschiedsgrüße.
    Partridge zieht Hastings zur Seite, bevor er losgeht. »Hey«, sagt er. »Das kannst du nicht machen.«
    »Tut mir leid«, antwortet Hastings. »Ich hätte es ihm nicht sagen dürfen. Er ist eine verdammte Plaudertasche.«
    »Das meine ich nicht«, sagt Partridge. »Es geht nicht um mich, sondern um dich. Eines Tages musst du dich gegen sie durchsetzen.«
    »Vielleicht«, sagt Hastings.
    »Du musst, und du wirst es schaffen. Ich kenne dich.« Partridge hat kein gutes Gefühl, weil er Hastings zurücklassen muss. Er wird ein bisschen verloren sein ohne ihn. Partridge will nicht, dass Hastings der Horde zum Opfer fällt, derjenige ist, auf dem sie herumtrampeln und den sie auslachen. »Kann sein, dass ich heute nicht zum Abendessen komme«, sagt er. »Ich muss lernen. Geh mit Arvin Weed. Setz dich zu ihm an den Tisch, okay?«
    »Arrangierst du neuerdings meine sozialen Kontakte, oder wie?«
    »Mach es einfach, ja? Vergiss nicht, dass ich dir das gesagt habe.«
    »Du bist irre«, sagt Hastings.
    »Nein, bin ich nicht.«
    Zwei Eskorten tauchen auf und führen sie in unterschiedliche Richtungen.
    »Wir sehen uns später, Irrer«,

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