Memiana 1 - Ewige Wacht: 1 Xeno 1.2 (German Edition)
zu erfassen.
„Ihr seid nach Maro gekommen, nur um mich zu sehen?“, fragte er dann.
Hama und Uhle wechselten wieder einen Blick, Uhle mit einer für Jarek deutlich erkennbaren Befriedigung. „Habe ich dir zu viel versprochen? Er hört genau zu. Und er ist schnell.“
„Aber auch vorsichtig, wie es einen großen Jäger auszeichnet“, ergänzte Hama bedächtig. „Das ist sehr gut.“
Jarek schwieg.
„Und er ist geduldig und verliert nie die Beherrschung“, fügte Uhle hinzu.
„Außerdem wasche ich immer mein Essgeschirr und rolle meine Schlafstelle ordentlich zusammen. Da wir gerade dabei sind, meine guten Eigenschaften aufzählen.“
Die beiden Memo lachten.
„Humor hat er auch.“ Hama kicherte.
„Darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Gilk denkt, er sei der einzige Mensch mit Mutterwitz in Maro“, antwortete Jarek.
„Du hast recht, junger Xeno“, sagte der alte Memo dann. „Es ist unhöflich, über jemanden zu sprechen statt mit ihm. Besonders, wenn er direkt daneben sitzt. Ich werde dir gleich erklären, worum es geht. Aber es wäre freundlich von dir, wenn du mir zuerst noch einige Fragen beantworten würdest.“
„Wenn ich es kann und wenn ich dabei keine Geheimnisse meines Stammes, meines Clans oder meines Kontraktpartners verraten soll.“ Jarek lehnte sich ein wenig zurück und legte die Hände flach auf den Tisch. „Fragt mich.“
„Was weiß du über das Volk der Memo?“
Das hatte Jarek nicht erwartet. „Ich denke, Ihr werdet von Eurem eigenen Volk mehr wissen als ich.“
„Sicher. Aber mich interessiert, was du von uns weißt.“
Jarek suchte in seinem Kopf in der Kammer, in der er das aufbewahrte, was er über andere Völker an Kenntnissen gesammelt hatte. „Die Memo wissen alles über Memiana. Über die Höhen und Täler, seine Städte und Wege, die Völker und die Tiere. Jeder Clan kann einen Kontrakt mit den Memo eingehen. Dann gebt ihr auf jede Frage eine Antwort. Wer in der Ansiedlung lebt, erhält sie umsonst, Fremde müssen zahlen. Wenn man Botschaften zu verschicken hat oder Nachrichten über Geschäfte, kommt man zu euch. Ihr sagt sie an die reitenden Boten eures Volkes weiter, die sie im Gedächtnis mitnehmen und nur dem übermitteln, für den sie bestimmt sind. Auch diese Dienste sind vom Kontrakt mit der Siedlung erfasst, Fremde müssen dafür zahlen. Wenn man einen Kontrakt schließt, geht man ebenfalls zu einem Memo, der den Wortlaut in seinem Gedächtnis verwahrt. Ihr könnt besser zählen als jeder andere. Wer ein großes Geschäft abzuwickeln hat und berechnen muss, wie viel er geben muss und was er erhält, geht zu einem Memo, der die Zahlen nennt. Außerdem beratet ihr die Ältesten der Clans, die den Kontrakt mit euch geschlossen haben, in allen Fragen.“
Hama und Uhle nickten, als Jarek die Aufzählung beendet hatte.
„Wie viele Memo gibt es?”, fragte Hama weiter.
„Ich weiß es nicht.“
„Was glaubst du?“ Uhle beugte sich vor und sah Jarek neugierig an. „Was ist deine Meinung? Du denkst über so vieles nach, Jarek. Willst du mir sagen, dass du dir darüber noch nie Gedanken gemacht hast?“
Jarek runzelte die Stirn. Was wusste Uhle von dem, was in seinem Kopf vor sich ging? „Ich habe gehört, dass es in jeder größeren Ansiedlung einen Memo gibt“, antwortete er. „Große Ansiedlungen und Städte liegen entlang des Pfades im Abstand von etwa zehn Lichtwegen. Ein Umlauf dauert tausend Lichte, also sollte es etwa hundert Ansiedlungen und Städte geben. Zwischen diesen sind ständig reitende Memo unterwegs, pfadauf und pfadab. Das wären also mindestens dreihundert. Dazu kommen die Memo in den großen Städten, dort soll es viel mehr geben. Es heißt, es gäbe sogar Clans, die ihre eigenen Memo haben. Bei den Vaka und den Kir ist es bestimmt so, das habe ich selbst schon gesehen. Ich denke, dass auf Memiana wenigstens zweitausend Memo leben. Aber wenn sie wirklich ein Volk sind, dann muss es irgendwo eine Stadt geben, wo ihre Kinder geboren werden und aufwachsen und wohin ihre Alten zurückkehren. Obwohl ich noch nie von einer solchen Stadt gehört habe.“
Uhle und Hama wechselten wieder einen Blick. „Du hast einen scharfen Verstand und beobachtest gut“, sagte Hama.
„Verratet ihr mir, ob ich recht habe?“
„Das hängt davon ab, wie du die meine Frage beantwortest.“ In Hamas Augen sah Jarek ein kurzes Leuchten.
Sein Kopf fuhr zu Uhle herum. Die Erkenntnis traf ihn wie der Hieb eines Klauenreißers und bohrte
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