Memiana 1 - Ewige Wacht: 1 Xeno 1.2 (German Edition)
sagen.“
„Was ist passiert?“ Jarek stand auf.
Ili schüttelte den Kopf. „Nichts. Bleib sitzen. Kein Alarm am Tor, keine Reißer, keine Schwierigkeiten. Es geht um Nari.“
Jarek nahm wieder Platz, trank einen weiteren Schluck aus dem Becher und stellte ihn auf den Tresen zurück. „Was ist mit Mutter?“
„Sie will selbst nach Briek gehen.“ Ili zog gedankenverloren mit dem Zeigefinger einen Tropfen zu Linien aus, der auf den porösen Tresen gefallen war, und es entstand das Gesicht einer jungen Frau, die ihren Zopf seitlich trug.
Jarek schaute auf das kleine Kunstwerk. „Hat niemand Lim Bescheid gegeben?“, fragte er.
Ili schüttelte den Kopf.
Lim war die Frau, die auf Kobar gewartet hatte. Auf Kobar, der nun nicht kommen würde. Niemals.
„Thosen wollte ihr eine Memobotschaft schicken, aber Nari hat es ihm verboten. Sie will Lim dabei in die Augen sehen, wenn sie es erfährt. Sagt sie.“
„Wann?“
„Sie will schon im nächsten Gelblicht aufbrechen. Aber Thosen meint, es würde schwierig, weil wir in der Marktzeit alle Wächter hier brauchen. Und dann folgt direkt der Durchzug der Mahlherde auf dem Pfad, da sind dann wieder eine Menge Menschen unterwegs. Nari besteht trotzdem darauf, zu gehen. Du kennst sie ja.“
Ili tippte mit dem Finger in ihren Becher und malte ein weiteres Gesicht auf den Tresen, die feinen Züge ihrer Mutter, die das Kinn energisch emporhob und keinen Widerspruch zuließ.
Jarek dachte an die einzige Begegnung, die er mit Lim gehabt hatte. Sie war vor einiger Zeit zu Besuch gewesen und Kobar hatte die zukünftige Frau seiner Mutter vorgestellt. Nari und Lim hatten sich auf den ersten Blick verstanden, erinnerte er sich, während er gleichzeitig die Wach- und Beschützerdienste durchging, um zu überprüfen, wen man seiner Mutter als Schutz mitschicken konnte, ohne die vielen Pflichten des Kontraktes zu vernachlässigen.
Doch über all die Gedanken schob sich immer wieder das Bild des alten Memo und die Worte auf dessen Lippen.
Ili wartete geduldig. Sie nahm den Becher, goss etwas davon in die Opferraute, die in den Tresen eingelassen war und deren Abfluss in das Sammelbecken auf der Gasse hinter der Schänke führte. „Memiana“.
„Memiana“, antwortete Jarek und Ili trank.
„Was denkst du? Nein, sag es mir lieber nicht, sonst platzt mir der Kopf.“ Ili tippte wieder den Finger in die Flüssigkeit und diesmal war es Kobar, den sie auf den Stein malte, während Lims und Naris Gesichter bereits verblassten.
„Ölen kann wieder laufen“, sagte Jarek. „Rott soll ihre kleine Tochter bei ihrer Mutter lassen. Und wir verschieben die Jagd auf die Springreißer, wir haben noch genug Vorräte. Dann stehen auch Mun und Brento zur Verfügung. Die vier können Nari begleiten.“
Ili lächelte ihn an. „Ich hatte Thosen gesagt, dass du eine Lösung findest. Wie immer.“ Sie legte ihrem Bruder die Hand auf den Arm und sah ihn mit Wärme und Zuneigung im Blick an.
Jarek schüttelte irritiert den Kopf. „Ich? Kobar war der Mann, der Lösungen gefunden hat. Immer. Nicht ich.“
Ili schüttelte lächelnd den Kopf. „Das denkst du nur ...“
Jareks wollte antworten, da spürte er, dass die Spannung im Raum mit einem Sprung anstieg. Sein Kopf fuhr herum, sein Blick fand Molto, einen von Tabbas’ Söhnen, der sich mit entschlossenem Gesichtsausdruck durch die Menge drängte, auf einen Kir zu, der eng umschlungen mit Jinli tanzte. Sie war die Frau, die Molto als seine Freundin beanspruchte, und die Hände des jungen Mannes waren nicht nur auf Jinlis Rücken.
Doch nicht nur Jarek hatte bemerkt, was vor sich ging. Moog und Zina am Eingang setzten sich in Bewegung, ohne auch nur einen Wimpernschlag zu zögern, und schoben sich rasch zwischen Mikku und den Fremden. Jarek sah, dass Moog Molto in Richtung Ausgang drängte, während Zina auf Jinli einredete, die den Kopf sinken ließ und dann nickte. Der Reisende hatte die junge Frau losgelassen, stand da, die Hände in die Seiten gestützt und wollte protestieren, aber dann fing er einen einzigen Blick von Jarek auf. Der Fremde wurde kleiner, zuckte dann mit den Achseln, drehte sich um und ging in eine Ecke, wo ein paar Freunde von ihm saßen. Zina führte Jinli am Arm zum Eingang, Moog sah sich noch einmal kurz in der Schänke um und folgte.
Das Ganze hatte nur ein paar Augenblicke gedauert und keiner der vielen Umstehenden hatte darauf geachtet. Genauso sollte es sein, dachte Jarek. Die Beschützer sorgten für den
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