Memiana 1 - Ewige Wacht: 1 Xeno 1.2 (German Edition)
dunkle Augen, die ein wenig schräg standen, und fast schwarzes Haar, das sie auffällig kurz trug und von dem Jarek wusste, dass es einen leichten rötlichen Schimmer hatte. Mareibe wirkte auf Jarek völlig anders als Yala, die eine ständig wechselnde Mischung aus Verletzlichkeit, Lebenslust und Angst ausstrahlte und in ihm immer den Beschützer ansprach, sodass er sie gerne in den Arm genommen und gesagt hätte, dass sie in Sicherheit sei.
Bei Mareibe spürte Jarek dagegen die Wachsamkeit und Kampfbereitschaft eines Reißers, der ein Opfer in die Enge getrieben hatte, jetzt aber nicht sicher war, wie er attackieren sollte, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen, und deshalb bereit war, jederzeit mit weiten Sprüngen zu fliehen.
Mareibe sah Carb ohne zu blinzeln an und sagte nur ein einziges Wort: „Nein.“
„Nein?“ Carb lachte ungläubig und schaute Yala fragend an, die den Kopf auf die Hand stützte und Mareibe nachdenklich betrachtete.
„Was meinst du mit nein?“, fragte Adolo neugierig.
„Nein. Ich gehöre nicht zu euch.“
„Noch nicht, wie ich hoffe“, erklärte nun Hama. „Ich habe Mareibe gefragt, ob sie mit uns gehen will. Aber sie wollte zuerst mit euch sprechen. Sie hat einige Fragen.“
„Nur zu. Wir sagen dir alles, was du wissen willst“, ermunterte Adolo die junge Solo.
„Das kannst du gar nicht“, erwiderte sie kalt. „Du kannst mir nicht sagen, was ich wissen will. Du kannst mir nur sagen, was du selbst weißt.“
„Was?“ Adolo schaute sie verblüfft an.
Hama lächelte. „Mareibe achtet auf jedes Wort. Also denkt vorher darüber nach, was ihr sagt.“
Die anderen schwiegen einen Moment und Mareibe beobachtete sie wieder der Reihe nach. Ihr Blick blieb bei Jarek hängen, glitt über seinen Zopf und das Band seiner Kette, das unter dem Kragen hervorschaute.
„Was willst du denn wissen?“, fragte Jarek. „Wir können versuchen, dir Antworten zu geben.“
„Warum sollte ich mit euch gehen?“
„Um eine Memo zu werden, natürlich“, antwortete Yala und verzog dabei das Gesicht ein wenig. „Was denn sonst?“
„Will ich denn eine Memo werden?“, kam sofort die Gegenfrage von Mareibe.
„Woher soll ich das wissen?“, sagte Yala. „In deinen Kopf kann ich nicht reinschauen.“
„Zurzeit ist für mich alles in Ordnung. Ich komme mit meinem Leben zurecht.“ Jarek hörte den leichten Zweifel in Mareibes Stimme, aber er wartete darauf, dass ein anderer das Wort übernahm.
Hama lehnte sich zurück und hörte aufmerksam zu.
„Dann hast du dich ja entschieden“, meinte Yala und zuckte die Achseln. „Gut, dass wir darüber gesprochen haben.“ Sie machte Anstalten aufzustehen, aber Jarek nahm sie sanft am Arm und zog sie wieder auf ihren Platz.
„Ich kann dir keinen Rat geben, weil ich dich nicht kenne“, sagte er zu Mareibe. „Ich kann nur über mich selbst sprechen. Ich bin mit meinem Leben auch zurechtgekommen. Aber dann hat Hama mir erklärt, dass nicht jeder diese Fähigkeiten hat wie ich. Ich habe immer gedacht, jeder könnte sich alles merken. Aber das ist nicht so. Da habe ich verstanden, dass mein Weg mich irgendwo anders hinführen soll. Und Hama zeigt ihn mir.“
Mareibes starrer Blick wurde etwas weicher und sie nickte. Dann schaute sie Adolo fragend an. „Adolo?“
Sie hatte etwas in ihrer Stimme, das andere zum Sprechen brachte, bemerkte Jarek und empfand darüber eine leichte Besorgnis, die er aber rasch in einer entfernten Kammer seiner Gedanken versteckte, um sie vielleicht später wieder einmal hervorzuholen und genauer zu betrachten.
Adolo atmete einmal tief durch, dann zuckte er die Achseln. „Ich hatte alles. Wirklich alles. Mehr als ihr euch vorstellen könnt. Aber ich war niemand. Nur der Sohn eines reichen Vaters, den aber alle fürchten, weil sie sein Geld brauchen. Sie mochten mich wegen meines Vaters nicht, aber sie wollten immer meine Freunde sein. Alle. Angst bringt Menschen dazu, komische Dinge zu tun. Nichts in meinem Leben hatte mit mir zu tun. Ich hoffe, ich finde bei den Memo etwas, das ich zu Hause nie hatte. Mich selbst.“
Wieder nickte Mareibe und schaute dann Carb fragend an. „Du bist ein Fero. Warum gehst du den weiten Weg?“
„Ich bin der andere. Der nichts mehr hatte. Ich kann nur gewinnen, egal, was kommt. Mein Clan hat sich nicht für mich interessiert und meine Familie ist tot.“
Mareibes Blick verweilte einen Moment länger bei Carb und Jarek glaubte, etwas Mitgefühl in ihren Augen zu erkennen.
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