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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Namen und Adresse. Nur mit Mühe konnte ich mich aus dem Menschenknäuel befreien und zurück zu meiner Mutter gelangen. Wir hatten ein verdammt schlechtes Gewissen, aber zum Glück erfuhr mein Vater nie von dieser Schönheitskonkurrenz.
      Unter den Karten, die ich erhielt, fielen mir zwei Namen auf. Sie waren mir aus Zeitschriften bekannt. Auf der einen stand F.W. Koebner, auf der anderen Karl Vollmoeller, der Verfasser des Theaterstücks «Mirakel», das Max Reinhardt groß herausgebracht hatte; man wußte, daß er mit Reinhardt befreundet war. Koebner war Chefredakteur einer bekannten Mode-Zeitschrift, ich glaube, der «Dame».
      Auf Vollmoellers Karte stand: «Es wird mir eine Freude sein, Sie kennenzulernen und zu fördern.»
      Auf Koebners Karte: «Sie sind sehr schön, ich verspreche Ihnen eine große Karriere.»
      Eines Nachmittags hatte ich mich bei Herrn Koebner angemeldet. Er wohnte im Westen in einem Parterregeschoß. Ein junges Mädchen öffnete mir die Tür. Der Raum, in den ich geführt wurde, befremdete mich etwas. An allen vier Wänden hingen Fotos, auf denen man nur Beine sehen konnte - keine Körper, keine Gesichter, nur Beine. Dann betrat Koebner den Raum - schlank, ziemlich groß und elegant salopp gekleidet. Er begrüßte mich mit einem etwas mokanten Lächeln, das in mir sofort Antipathie auslöste. Das erste, was er sagte, war: «Zeigen Sie mir, hübsches Mädchen, Ihre Beine.»
      Ich war verdutzt, denn ich hatte einen ziemlich kurzen Rock an.
      «Sie können doch meine Beine sehen», sagte ich.
      «Bitte, ziehen Sie den Rock etwas höher, über die Knie.»
      Törichterweise zog ich ihn hoch bis zur Hälfte der Oberschenkel, dann ließ ich ihn aber wieder fallen.
      «Was soll das?» fragte ich verärgert. Gönnerhaft bot er mir einen Stuhl an und sagte mit einem Ausdruck, als wolle er mir ein überwältigendes Geschenk machen: «Ich habe für Sie etwas Besonderes im Sinn. Wenn Sie auch nur halb so gut tanzen können, wie Ihre Beine aussehen, dann verschaffe ich Ihnen eine Solotanznummer in der ‹Scala›.»
      Die «Scala» war das größte Varieté-Theater Berlins und durch sein internationales Programm weltberühmt. Wenn Herr Koebner gedacht hatte, daß ich ihn vor Freude umarmen oder einen Jubelschrei ausstoßen würde, mußte ich ihn sehr enttäuschen. Ich überlegte einen Augenblick und sagte dann mit einem etwas süffisanten Lächeln: «Aber Herr Koebner, ich habe nie die Absicht gehabt, in einem Varieté-Theater aufzutreten, auch wenn es so berühmt ist wie die ‹Scala›. Ich werde nur in Konzertsälen und auf Theaterbühnen tanzen.»
      Er sah mich an, als ob ich nicht normal sei, war beleidigt und sagte nur: «Na denn, viel Glück.»
      Er öffnete die Tür und ließ mich hinausgehen.
      Mein Besuch bei Herrn Dr. Vollmoeller verlief ganz anders. Eigentlich wollte ich nach dem Zusammentreffen mit Herrn Koebner keine fremden Männer aus der Welt der Zoo-Festsäle mehr kennenlernen. Aber Vollmoellers Zusammenarbeit mit Max Reinhardt, dessen Inszenierungen im «Deutschen Theater» oder in den «Kammerspielen» ich, wenn es irgend ging, nie versäumte, erschien mir den Weg wert. So stand ich an einem Nachmittag am Pariser Platz vor einem vornehmen Haus, ganz in der Nähe des Brandenburger Tors, auf derselben Seite, wo zehn Jahre später Goebbels als Minister seine Amtsräume hatte und ich in eine ähnliche Situation wie jetzt mit Dr. Vollmoeller geraten sollte.
      Ein Diener führte mich in ein superelegantes Zimmer, antike Mö bel, schwere Teppiche, kostbare Gemälde, alles höchst geschmackvoll aufeinander abgestimmt. Nichts war da überladen. Leise, kaum hörbar, betrat Dr. Vollmoeller den Raum. Er wirkte zierlich, und ich hätte ihn mir in dieser Umgebung gut in einem Barock- oder Rokokokostüm vorstellen können. Sein Gesicht war hager, seine Augen waren hell, und er hatte hellbraunes, etwas schütteres Haar. Mit einem Handkuß begrüßte er mich - dem ersten, den ich erhielt. Der Diener servierte Tee und Gebäck. Er bot mir eine Zigarette an, die ich dankend ablehnte.
      «Rauchen Sie nicht?» Ich verneinte.
      «Darf ich Ihnen einen Likör anbieten?» Wiederum verneinte ich.
      «Ich vertrage keinen Alkohol, er macht mich müde und schwindlig», sagte ich entschuldigend.
      «Sind Sie in allem so brav?»
      Ich schüttelte den Kopf und sagte belustigt: «Das glaube ich nicht, nur meine Schwächen liegen woanders.»
      «Und

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