Menetekel
«Du bist frei und in Sicherheit.» Er lächelte. «Das ist weit mehr, als wir beide vor ein paar Tagen noch hoffen durften.»
«Erzähl mir mehr. Von Mom und Dad. Wie es dazu gekommen ist», bat Danny.
Im Nebenzimmer brütete Rydell vor sich hin. Er hatte sich in Dannys Gegenwart zunehmend unwohler gefühlt. Außerdem musste er über einiges nachdenken.
Es war vorbei, so viel stand fest. Sobald Gracie zurückkam, würde die Story die Schlagzeilen beherrschen. Und ganz egal, aus welchem Blickwinkel man es betrachtete, damit war auch sein bisheriges Leben vorbei. Seine Rolle in dem Ganzen war Teil der Story. Davor würde ihn niemand bewahren. Gracie nicht, Matt und Danny nicht, Drucker nicht. Selbst wenn sie bereit wären, würde es ihnen nichtgelingen. Nicht im Zeitalter der Blogs. Weglaufen kam auch nicht in Frage. Das war nicht sein Stil. Außerdem hätte er nirgendwohin fliehen können. Nein, er musste sich dem stellen, was er angerichtet hatte.
Das Schlimmste daran war, welche Folgen es für Becca haben würde. Verheerende Folgen, da war nichts zu machen. Es würde sie für den Rest ihres Lebens verfolgen. Verzweifelt suchte er nach einer Möglichkeit, es ihr zu ersparen, sie da herauszuhalten, aber ihm wollte einfach keine einfallen.
Als Gracie und Dalton schließlich ein paar Stunden später zu ihnen stießen, war ihre Wiedersehensfreude gedämpft. Ja, sie waren alle in Sicherheit. Ja, Danny war am Leben – und frei. Und Gracie und Dalton standen kurz davor, Superstars zu werden. Aber die bevorstehende Medienhysterie hatte auch eine Kehrseite, die weit über Rydells öffentlichen Niedergang hinausging. Eine Kehrseite, die ihnen immer entmutigender schien, je mehr sie darüber redeten.
Im Hintergrund lief der Fernseher. Die Ereignisse des Abends wurden praktisch ununterbrochen wiederholt, und die Kommentatoren gaben sich die Studioklinke in die Hand.
«Was wird das mit all diesen Leuten anrichten, die heute Abend dort draußen gefeiert haben?» Gracie zeigte zum Bildschirm. «Und nicht nur mit ihnen, sondern mit allen, die via Liveschaltung dabei waren. Mit all den Leuten im Rest der Welt, die auf Druckers Betrug hereingefallen sind. Was wird aus ihnen? Wie werden sie damit klarkommen?»
«Was wäre die Alternative?», hielt Dalton dagegen. «Wirkönnen die Lüge doch nicht einfach auf sich beruhen lassen. Damit würden wir all diesen Leuten nur eine noch tiefere Grube graben, in die Drucker sie hineinstoßen kann. Je früher wir dem Ganzen ein Ende machen, desto besser.»
«Ich weiß. Aber es gibt mir trotzdem ein mieses Gefühl. Alle können nur verlieren.» Sie rieb sich den Nasenrücken, massierte ihre Stirn. «Ist das ein Mist», stöhnte sie.
«Finch ist ermordet worden», erinnerte Dalton sie.
«Vince auch», fügte Danny hinzu. «Und Reece. Und viele andere.»
Gracie seufzte schwer. «Sie wurden ermordet, damit nichts nach außen dringt, bis Drucker die Bombe platzenlässt. Und jetzt erledigen wir das für ihn.»
«Wir müssen es tun», sagte Danny. «Je länger das läuft, desto schmerzhafter wird es sein, wenn die Wahrheit herauskommt.»
Gracie wandte sich an Rydell. «Ich werde Ihre Aussage brauchen. Zur Untermauerung.»
Rydell nickte. «Was bleibt mir anderes übrig.»
«Danny?», fragte sie.
«Ja, klar.»
Gracie ließ sich in ihren Sessel zurücksinken. Sie sah blass aus.
Rydell wandte sich an Danny. «Was hatte Drucker eigentlich vor, wissen Sie das? Wie wollte er das alles entlarven, oder wie man das nennen will.»
«Sie haben mich ein Programm dafür schreiben lassen. Das wollen sie zum geeigneten Zeitpunkt laufenlassen.»
«Und wie sieht das aus?», hakte Rydell nach.
«Es simuliert einen Zusammenbruch der Technik. Als ob man fernsieht und das Signal ausfällt. Das Zeichen fängt plötzlich zu wackeln an und fällt dann in sich zusammen. Es soll keine Fragen offenlassen, sondern genau so aussehen, wie man sich eine Fälschung eben vorstellt. Um größtmöglichen Wirbel zu verursachen.» Danny lächelte unbehaglich. «Entweder das oder ein riesiges Coca-Cola-Zeichen.»
«Und wenn wir es einfach auf sich beruhen lassen?», warf Gracie ein. «Wenn es irgendeine Möglichkeit gäbe, Drucker und seine Leute zum Schweigen zu bringen?»
«Dann würden die Evangelisten ihren neuen Messias behalten, und Darby und seine Freunde vom rechten Rand würden unsere nächsten Präsidenten bestimmen können», stellte Rydell düster fest.
«Aber noch schlimmere Folgen hätte es,
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