Menetekel
ursprünglichem Plan. Von dem intelligenten Staub und den Luftdruckwerfern und davon, dass die Welt an einem kritischen Punkt angelangt war. Davon, wie Drucker die Sache an sich gerissen und verdreht hatte, damit sie seinen eigenen Zielen diente. Dann kam sie zu dem heikleren Thema, was Druckers Leute ihm angetan hatten. Die Behandlungen. Die Psychopharmaka. Die Botschaften aus der Schallkanone oben auf dem Berggipfel. Und mit jeder neuen Enthüllung, mit jedem weiteren Detail sackten seine knochigen Schultern weiter nach vorn, wurden die Falten in seinem verwitterten Gesicht tiefer.
Dennoch hielt er sich besser, als Gracie gedacht hatte. Sie rief sich vor Augen, dass er im Leben schon viel Schlimmesgesehen hatte. Mehr, als die meisten Menschen sich vorstellen konnten. So gebrechlich er auch war, er schien über eine bemerkenswerte innere Stärke zu verfügen. Und trotzdem … Es musste niederschmetternd sein. Dann fiel ihr seine Bemerkung im Flugzeug wieder ein, und sie fragte sich, was ihm seine innere Stimme wohl die ganze Zeit über gesagt hatte.
Schließlich sah er vage in die Ferne. «Die Stimme auf dem Berg, sie war erstaunlich. Obwohl mir überhaupt nicht einleuchtete, warum das ausgerechnet mir geschah, fühlte sie sich sehr … echt an. Als ob sie in meinem Kopf sprach. Als ob sie wusste, was ich dachte.»
«Weil man Ihnen genau diese Gedanken vorher aufgezwungen hat», erinnerte Gracie ihn leise.
Pater Hieronymus nickte. Er seufzte schwer, dann sah er Rydell an. «Und das alles war Ihre Idee?»
Rydell nickte.
Pater Hieronymus runzelte die Stirn und neigte den Kopf.
Gracie bemerkte es. Sie sah zu Matt hinüber, dem es anscheinend auch aufgefallen war, dann wandte sie sich wieder dem Priester zu: «Was ist?»
Pater Hieronymus antwortete nicht.
«Ich bin müde», sagte er schließlich. «Ich muss schlafen.»
Sie zogen sich auf ihre Zimmer zurück. Gracie und Dalton teilten sich eines, Rydell und Pater Hieronymus hatten Einzelzimmer. Im vierten Raum streckten sich Danny und Mattauf ihren Betten aus und starrten an die Decke, teilten einen Moment des friedlichen Nachsinnens miteinander. Sie hatten sich noch kurz die Morgennachrichten angesehen, die sich wie erwartet vor allem um das Erscheinen des Zeichens über Darbys Villa und das anschließende Durcheinander gedreht hatten. Dass sich Pater Hieronymus nicht mehr dort aufhielt, wurde nicht erwähnt. Also hatte man es nicht an die Presse weitergegeben.
Nach einer Weile fragte Danny: «Woran denkst du?»
«An dasselbe wie du.»
«Drucker?»
Matt antwortete mit einem leisen Ächzen.
«Es macht mich wirklich sauer, weißt du?», sagte Danny. «Die Vorstellung, dass er sich da einfach rauslaviert. Ohne einen Kratzer abzubekommen.»
«Jetzt pass mal auf. Der Kerl ist ein Drecksack, keine Frage. Aber wir können ihm wohl schlecht eine Kugel in den Kopf jagen.»
Danny antwortete nicht.
Einen Moment später fragte Matt ganz nüchtern: «Willst du ihm eine Kugel in den Kopf jagen?»
Danny warf ihm einen Blick zu und sah wieder an die Decke. «Ist eigentlich nicht mein Stil.»
«Konnte ich mir auch nicht vorstellen.»
«Aber wenn Rydell ihn sich nicht irgendwie richtig groß vorknöpft, könnte ich es in Erwägung ziehen.»
«Wir könnten ihn uns greifen und als Rache ein paar Jahre lang in meinem Keller einsperren. Bei Hundefutter und Klowasser.»
Danny spitzte die Lippen und nickte langsam. «Schön zu wissen, dass es Alternativen gibt.» Er grinste.
Matt sah ihn an. «Gut, dich wiederzuhaben, Mann.»
Danny seufzte. «Ist auch gut, wieder da zu sein.» Dann starrte er erneut an die Decke.
Rydell hingegen ging unruhig in seinem Zimmer auf und ab und zermarterte sich das Gehirn nach einem anderen Ausweg. Er musste Becca anrufen. Er musste ihre Stimme hören. Er sah auf die Uhr seines Handys. An der Westküste war es noch früh. Viel zu früh für Becca. Dieser Gedanke entlockte ihm wenigstens ansatzweise ein Lächeln.
Er wischte sich eine Träne ab und setzte sich auf die Bettkante. Was für ein Ende, dachte er. Alles, was er erreicht hatte. Als Selfmademan aus dem Nichts bis ganz nach oben. Und jetzt ging alles den Bach runter.
Er musste mit Becca reden, definitiv. Er rief ihre Nummer auf. Legte den Daumen auf die Anruftaste.
Er konnte sie nicht anrufen. Nicht wegen des Zeitunterschieds. Sondern weil er nicht wusste, was er ihr sagen sollte.
Er legte das Telefon wieder neben sich, merkte, dass seine Augen sich erneut mit
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