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Menetekel

Menetekel

Titel: Menetekel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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Tränen füllten, und sah auf seine zitternden Hände hinab.
     
    Es war fast Mittag, als Matt aus dem Zimmer trat, um sich noch etwas aus dem Getränkeautomaten zu holen. Gracie lehnte draußen am Kühlergrill, eine beschlagene DoseCola in der Hand. Matt warf ein paar Münzen ein und zog sich ebenfalls eine Dose. Machte sie auf, nahm einen großen Schluck und ging zu Gracie hinüber.
    «Einschlafprobleme?»
    «Aber hallo.» Sie schmunzelte. «Meine innere Uhr ist dermaßen außer Rand und Band, dass ich keine Ahnung habe, was für einen Tag wir eigentlich haben.»
    «Es ist Weihnachten», sagte Matt mit einem extraklugen Lächeln.
    «Im Ernst?» Sie grinste und sah sich um. «Keine besonders weiße Weihnacht dieses Jahr, hm?»
    Matt nickte. Trank wieder einen Schluck. «Sie sollten sich ein bisschen ausruhen. Ihnen stehen die schlimmsten Monate Ihres Lebens bevor. Uns allen.»
    «Wie, noch schlimmer als die letzten Tage?»
    «Und ob. Die waren der reinste Spaziergang.»
    «Toller Spaziergang», sagte sie verträumt. Sie sah ihn an, sah wieder weg, starrte ins Nichts.
    «Ja?», fragte er.
    Sie zuckte die Achseln. Nach einem Moment der Stille sagte sie: «Es kommt einem wie Verschwendung vor, finden Sie nicht?»
    «Was denn?»
    «Diese ganzen Menschen. Im Stadion. Überall auf der Welt. Sie haben jedes Wort von ihm verschlungen, gesungen und gebetet. Haben Sie so etwas schon mal erlebt?»
    Er antwortete nicht.
    «Es gefiel ihnen so sehr. Es gefiel ihnen von ganzem Herzen, an ihn zu glauben. Sie fanden es erhebend. Ichweiß, es ist einfältig und abergläubisch und sogar ein bisschen schräg, aber irgendwie fand ich es auch schön. Für einen Moment waren alle glücklich. Für einen Moment dachten sie nicht mehr an ihre Sorgen, ihren Job, ihre Raten, an all die schwierigen Dinge in ihrem Leben. Sie waren glücklich und voller Hoffnung. Er hat ihnen allen Hoffnung gegeben.»
    «Falsche Hoffnung.»
    «Was ist daran auszusetzen? Hoffnung ist ja per se nichts Greifbares. Es ist doch nur ein Geisteszustand.» Sie holte tief Luft. «Wenn ihn die ganzen selbstsüchtigen Blutsauger nicht benutzt hätten   … sie haben alles verdreht, entstellt. Haben etwas so Schönes und Inspirierendes dazu benutzt, sich die eigenen Taschen zu füllen und Macht anzuhäufen   …» Sie sah ihn wehmütig an. «Es ist eine solche Verschwendung.»
    «Ist doch nichts Neues. So geht es nun einmal zu in der Welt.»
    Sie nickte. «Und, was werden Sie jetzt tun? Sie sind ja auch ein Teil dieser Geschichte. Die Leute werden Ihre Sicht der Dinge hören wollen.»
    Er machte ein erfreutes Gesicht. «Gut so.»
    «Warum?»
    «Weil ich mir vielleicht einen Ghostwriter nehme. Und ein Buch darüber raushaue. Irgendwas Knalliges. Und dann verkauf ich die Filmrechte für eine coole Million an irgendein Studio.» Er grinste sie an.
    «Tja, dann stell dich mal schön hinten an, Kleiner», konterte sie.
    Er lachte leise. Wandte sich zu ihr um. Sie sah wirklich toll aus. Ihm ging auf, dass sie überhaupt eine absolute Traumfrau war. Sosehr er sich auch wünschte, diesen Albtraum endlich hinter sich lassen zu können – noch wichtiger war ihm plötzlich, dass sie auch weiterhin miteinander zu tun haben würden.
    Aber erst mussten sie den schwierigen Teil hinter sich bringen.
    «Wann werden Sie loslegen?», fragte er.
    Sie verzog das Gesicht. «Ich weiß nicht. Wie wäre es, wenn wir die Leute da draußen erst noch in Ruhe ihren Truthahn essen lassen?»
    «Morgen?»
    «Morgen.»
    Sie warfen ihre leeren Dosen in den Mülleimer und schlurften auf ihre Zimmer zurück. Sie waren gerade vor Pater Hieronymus’ Tür, als diese aufging. Der alte Priester erschien in der Tür. Denkfalten kerbten seine Stirn.
    «Entschuldigung, haben wir Sie geweckt?», fragte Gracie.
    «Nein.» Er sah nicht so aus, als ob er überhaupt geschlafen hätte. Er sah die beiden einen Moment lang an. «Können Sie vielleicht alle zusammenholen? Ich habe über alles nachgedacht, was geschehen ist, und   … wir müssen reden.»

KAPITEL 82
    HERMANN PARK, HOUSTON, TEXAS
    Auch der erste Tag nach Weihnachten war mild und klar. Ein wenig Ruhe hatte sich über die Stadt gebreitet, auch wenn immer noch eine erwartungsvolle Spannung in der Luft lag. Seit über vierundzwanzig Stunden hatte es keine Neuigkeiten über Pater Hieronymus gegeben.
    Als Erstes entdeckten Spaziergänger und Jogger die Lichtkugel, die über dem spiegelglatten Bassin im Park pulsierte. Sie war klein, besaß einen Durchmesser von

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