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Menetekel

Menetekel

Titel: Menetekel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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eben auf seinem MacBook zusammengehauen hatte, mit handelsüblichen Programmen. Er hatte seine Täuschung als «soziologisches Experiment» kleingeredet, zur Vorbereitung eines Films über – was sonst – einen Ufoschwindel. Angesichts der Fortschritte in Sachen Spezialeffekte und der rasant anwachsenden Zahl immer realistischerer Trickvideos fragte Gracie sich, ob die Menschen ein echtes Ereignis, falls es wirklich einmal eines gab, überhaupt noch als solches erkennen würden. Sie selbst hatte es direkt vor der Nase gehabt. Aber alle anderen sahen es auf einem Bildschirm. Wie sollten sie es wunderbar und unerklärlich finden? Oder gar übernatürlich, göttlich? Gut möglich, dass sie das Ganze zynisch verspotten würden, bis nichts mehr davon übrig war.
    «Gracie», sagte Finch.
    Sie sah ihn an.
    Er hielt die Sprechmuschel des Telefons mit der Hand zu und machte ein ziemlich verwirrtes Gesicht. «Ist für dich.»
    «Was denn nun schon wieder?»
    «Keine Ahnung, aber   … der Anruf kommt aus Ägypten. Und ich glaube, du nimmst ihn besser an.»

KAPITEL 16
    BOSTON, MASSACHUSETTS
    Es waren keine Taxis unterwegs, aber Matt brauchte trotzdem nicht allzu lange, um sein Auto zu erreichen. Normalerweise wäre er schneller gewesen, aber nach dem Sprung aus dem fahrenden Wagen war er nicht gerade in Topform. Er hatte diverse Schürfwunden, ihm war schwindelig und ein bisschen übel. Zu allem Überfluss fing es wieder an zu schneien.
    Er war heilfroh, dass sein Wagen noch genau dort stand, wo er ihn abgestellt hatte: ganz in der Nähe der Bar. Ein hochlandgrüner Mustang GT 390 «Bullitt» Fastback, Baujahr 1968, sein aktuelles Restaurationsprojekt. An seine Autoschlüssel dachte er erst, als er direkt davorstand, aber zum Glück steckten sie immer noch in der Tasche seiner Wolljacke.
    Gleich zwei kleine Wunder, die diesen wunderbaren Abend krönten.
    Weniger wunderbar war, dass er sein Handy verloren hatte. Vermutlich war es ihm während der harten Landung auf dem Asphalt aus der Jackentasche gerutscht. Nun, er hatte weiß Gott dringlichere Sorgen.
    Er lehnte sich an sein Auto und wartete, dass sein Atem sich beruhigte. Wieder und wieder sah er Bellinger vor sich, wie er erst den Stromstoß und dann die Spritze verpasst bekam. Er musste ihm helfen, bloß hatte er keine Ahnung, wie er das anstellen sollte. Zur Polizei konnte er nicht gehen. Der Lieferwagen war längst über alle Berge, und sein Vorstrafenregister würde die Neugierde der Cops in die völlig falsche Richtung lenken. Das Risiko, den Entführern hierdurch seinen Aufenthalt und seine Identität zu verraten, war weit größer als die Chance, dass die Polizei Bellinger ausfindig machen und befreien würde.
    Das hielt er sowieso für unwahrscheinlich.
    Es herrschte kaum Verkehr, als er nach Hause fuhr. Über der Stadt lag eine dünne Schneedecke. Nach wenigen Minuten war er auf der Schnellstraße, und von dort war es nur noch ein Katzensprung nach Quincy zu seiner kleinen Wohnung über der Werkstatt. Unterwegs versuchte er sich einen Reim auf die ganze Geschichte zu machen.
    Bellinger hatte angerufen. Er hatte ihn um ein Treffen gebeten, das nicht aufgeschoben werden konnte. Dann hatte er ihm aufgetischt, dass sein Bruder vielleicht ermordet worden war. Oder dass sein Tod nur vorgetäuscht worden war und man ihn irgendwo festhielt. Wie hatte Bellinger sich genau ausgedrückt?
Oder sie halten sie irgendwo gefangen und zwingen sie, weiter an dem Projekt zu arbeiten.
    Danny am Leben – aber in Gefangenschaft?
    Die Vorstellung erfüllte Matt mit Erleichterung und Zorn zugleich. Danny und er hatten sich sehr nahegestanden, was ihre Freunde immer überrascht hatte, weil siedoch so verschieden waren. Matt, der drei Jahre älter war, hatte die dunkle Haut und die schwarzen Haare seines Vaters geerbt, während Danny nach seiner Mutter kam: zwei Stufen heller und fünfzig Pfund leichter. Der krasse Gegensatz setzte sich in allen Bereichen fort. Matt hatte keine Geduld für die Schule oder für Hausaufgaben, während Dannys Wissensdurst unstillbar war. Matt schrieb sich für so viel Sport ein, wie überhaupt nur ging. Danny konnte nicht einmal einen Korb versenken, wenn er oben auf dem Brett saß. Außerhalb der Schule war der Kontrast zwischen den beiden Brüdern auch nicht weniger ausgeprägt. Matt war respektlos, wild und leichtsinnig – mit anderen Worten: Die Mädchen standen auf ihn. Danny war wesentlich introvertierter und bevorzugte die Gesellschaft des

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