Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
Tisch, es war eine vollkommen unbewusste Geste, aber ihm wurde dadurch plötzlich bewusst, dass Kristina Hermansson in diesem Milieu ebenso fremd war wie er selbst. Der Unterschied bestand nur in den Jahren, die sie Zeit gehabt hatte, sich daran zu gewöhnen.
»Sie haben ein schönes Haus«, sagte er. »Wie lange wohnen Sie hier schon?«
Sie rechnete nach. »Vier Jahre … ja, im April werden es schon vier Jahre.«
»Können Sie mir etwas über Henrik und Walter erzählen?«
»Ja … was wollen Sie denn wissen?«
Er faltete die Hände und betrachtete sie ernsthaft. »Alles, von dem Sie annehmen, es könnte von Bedeutung sein«, sagte er.
Sie trank einen Schluck Tee, sagte aber nichts.
»Es muss ja einen Grund dafür geben, warum sie verschwunden sind«, fuhr er fort. »Möglicherweise zwei Gründe, die ganz unterschiedlich sind, aber es ist im Augenblick noch zu früh, um sich ein Bild davon zu machen. Ich bin kein großer Freund von Zufällen. Es muss eine Erklärung geben... oder sogar zwei Erklärungen … und wenn ich wüsste, was die beiden gedacht und empfunden haben, und wie sie sich in den Stunden vor ihrem Verschwinden verhalten haben, ja, dann könnte ich vielleicht daraus schließen, wohin sie gegangen sind. Oder zumindest eine leise Ahnung davon erhalten. Verstehen Sie?«
Sie nickte.
»Von den Menschen, die bei Ihren Eltern zu Besuch waren, da waren Sie wohl diejenige, die Walter am nächsten stand. Zumindest habe ich diesen Eindruck gewonnen. Stimmen Sie mir zu?«
»Ich … ja, ich stimme Ihnen zu«, sagte sie und setzte sich ein wenig aufrechter hin. »Wir mochten uns immer gern, Walter und ich. Ich weiß, dass die meisten ihn für einen Idioten halten, aber das interessiert mich nicht. Er ist, wie er ist, aber zwischen uns hat es irgendwie immer gestimmt. Er hat sogar eine Weile hier bei uns im Haus gewohnt.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Als er nach einigen Jahren aus Australien zurückgekommen ist, brauchte er einen Unterschlupf … er blieb nur für ein paar Monate.«
»Und Henrik?«
»Wie bitte?«
»Was für ein Verhältnis hatten Sie zu Henrik?«
»Ich habe ihn immer gern gemocht. Sowohl ihn als auch Kristoffer. Ab und zu bin ich früher als eine Art Ersatzmutter eingesprungen, meine Schwester hat die Gewohnheit, sich ihrer Arbeit ein bisschen zu sehr zu widmen. Aber in letzter Zeit haben wir uns natürlich nicht so oft gesehen.«
»Und wie ist die Beziehung zwischen Walter und Henrik?«
Sie dachte nach, aber nur kurz. »Es gibt keine. Nein, ich glaube, sie haben sich nie füreinander interessiert. Fragen Sie das, weil Sie glauben, es könnte einen Zusammenhang zwischen ihrem … ja, ihrem Verschwinden geben?«
»Was glauben Sie selbst?«
»Nein«, antwortete sie, ohne zu zögern. »Ich glaube nicht, dass es irgendeinen Zusammenhang gibt. Aber das würde ja nur bedeuten, dass wir es mit zwei Rätseln statt einem zu tun haben, deshalb weiß ich nicht …«
»Wenn wir uns auf Ihre Beobachtungen beschränken könnten, statt zu spekulieren«, schlug er vor. »Fangen wir mit dem Montagabend an … Sie saßen also mit Walter und Henrik zusammen und haben sich unterhalten, stimmt das?«
»Ja, sicher.«
»Und Sie waren draußen und haben Walter ins Gewissen geredet, nachdem er Ihre Mutter gekränkt hat?«
»Ich weiß nicht, ob wir … doch, so ist es wohl gewesen.«
»Was haben Sie gesagt, möglichst genau?«
»Nicht viel. Er hat gesagt, dass es ihm schlecht geht, dass er es kaum ertrage, sich in diesem Haus aufzuhalten. Alles, was ihm peinlich war. Ich habe gesagt, dass er sich zusammenreißen und versuchen soll, mitzuspielen. Das hat früher ja auch geklappt. Ich habe ihn gefragt, ob er irgendwelche Pläne für die Zukunft hat, und er hat mir erzählt, dass er plane, irgendwohin zu fahren und seinen Roman zu Ende zu schreiben.«
»Seinen Roman?«
»Walter hat ein Romanprojekt seit … ja, ich weiß gar nicht, wann er damit überhaupt angefangen hat … Vielleicht vor zehn Jahren. Er hielt es wohl für angebracht, sich in irgendeine einsame Ecke in der Welt zurückzuziehen und das Buch fertig zu schreiben.«
»Ich verstehe. Er hat nichts davon gesagt, dass er sich das Leben nehmen will?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das hat er nicht. Ich habe natürlich auch darüber nachgedacht, aber ich bilde mir ein, dass er nicht suizidgefährdet war … oder ist. Er ist nicht der Typ, obwohl man natürlich nie weiß. Aber Walter hat schon ziemlich viel durchgemacht, und ich kann mich
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