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Menschen und Maschinen

Menschen und Maschinen

Titel: Menschen und Maschinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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verstand diese Stille nicht. Wo blieben die gedämpften Stimmen, die Geräusche der Funkzentrale, die Tritte von schweren Stiefeln auf Metall? Jemand mußte das Schiff versorgen – nicht nur die Luftschleusen, sondern auch die Antriebe und vor allem die Computer. Das Observatorium war nur klein und brauchte außer Brant keine Besatzung, aber ein echtes Schiff mußte doch bemannt sein.
    Er sah sich in der kahlen Metallkabine um, und ihm fiel auf, daß die Ausrüstung sehr alt war. Die meisten Geräte mußten von Hand bedient werden, aber er konnte nirgends Techniker erblicken.
    Ein richtiges Geisterschiff.
    »Also schön.« Seine Stimme kam ihm laut und ausdruckslos vor. »Kommen Sie heraus. Sie wollten mich hier haben – weshalb verstecken Sie sich jetzt?«
    Unmittelbar danach hörte er ein Geräusch, ein dünnes Seufzen. Dann sagte eine ruhige Stimme: »Sie sind Brant Kittinger.«
    »Natürlich«, erwiderte Brant und suchte vergeblich nach dem Ursprung der Stimme. »Sie wissen, wer ich bin. Sie hätten mich nicht per Zufall finden können. Wollen Sie nun herauskommen? Ich habe keine Zeit zum Versteckspielen.«
    »Es soll kein Spiel sein«, entgegnete die Stimme ruhig. »Und ich kann mich auch nicht zeigen, da ich mich nicht verstecke. Ich kann Sie nicht sehen; ich mußte erst Ihre Stimme hören, um Sie zu erkennen.«
    »Weshalb?«
    »Weil ich nicht ins Schiffsinnere sehen kann. Es fiel mir nicht schwer, Ihr Beobachtungsboot zu entdecken, aber erst, als ich Ihre Stimme hörte, war ich sicher, daß Sie sich an Bord befanden. Nun weiß ich Bescheid.«
    »Gut«, sagte Brant mißtrauisch. »Ich verstehe immer noch nicht, weshalb Sie sich verstecken. Wo sind Sie?«
    »Hier«, erklärte die Stimme. »Rund um Sie.«
    Brant drehte sich einmal im Kreis. Seine Kopfhaut begann zu prickeln. »Was soll dieser Unsinn?« fragte er.
    »Sie sehen mich und wollen mich nicht wahrnehmen, Brant. Sie sehen mich direkt an, ganz gleich, in welche Richtung Sie Ihre Blicke wenden. Ich bin das Schiff.«
    »Oh«, sagte Brant leise. »Das ist es also, Sie sind eines von Murray Bennetts Computerschiffen. Sind Sie am Ende gar die Astrid?«
    »Das Schiff ist die Astrid«, sagte die Stimme. »Aber Sie verstehen mich nicht. Ich bin auch Murray Bennett.«
    Brants Mund stand offen. »Wo sind Sie?« fragte er nach einer Weile.
    »Hier«, erwiderte die Stimme ungeduldig. »Ich bin die Astrid. Und ich bin Murray Bennett. Bennett ist tot, deshalb kann er nicht gut in die Kabine kommen und Ihnen die Hand geben. Ich bin jetzt Murray Bennett und die Astrid; ich kann mich noch gut an Sie erinnern, Brant. Ich brauche Ihre Hilfe, deshalb suchte ich Sie hier auf. Ich bin nicht so sehr Murray Bennett, wie ich es sein möchte.«
    Brant setzte sich in den leeren Pilotensitz.
    »Sie sind ein Computer«, meinte er mit zitternder Stimme. »Habe ich recht?«
    »Ja und nein. Kein Computer kann die Leistung eines menschlichen Gehirns imitieren. Ich versuchte echte menschliche Nervenzentren in Computer einzubauen, besonders in Schiffscomputer, und ich wurde deswegen verstoßen. Ich glaube nicht, daß man mich gerecht behandelt hat. Es erforderte enormes chirurgisches Geschick, um die Hunderte und aber Hunderte Nerven an die Stromkreise anzuschließen – und bevor ich auch nur zur Hälfte fertig war, entschied die UNO, daß meine Arbeit nichts anderes als menschliche Vivisektion darstellte. Ich wurde geächtet, und die Stiftung verlangte, daß ich mich selbst vernichtete. Was konnte ich danach tun?
    Ich vernichtete mich tatsächlich. Ich übertrug den größten Teil meines Nervensystems in die Computer der Astrid. Gegen Ende halfen mir Assistenten, die ich mit Drogen betäubt hatte und telepathisch unter Kontrolle hielt. Die letzten Verbindungen wurden von den Computern selbst hergestellt. So etwas gab es bis dahin in der Chirurgie nicht, aber ich habe es eingeführt.
    Es funktionierte. Nun bin ich die Astrid – und immer noch Murray Bennett, obwohl Murray Bennett tot ist.«
    Brant verschränkte vorsichtig die Hände am Rande des toten Kontrollbords. »Was hat Ihnen all das genützt?« fragte er.
    »Es hat meine Theorie bewiesen. Ich versuchte ein beinahe lebendes Raumschiff zu bauen. Ich mußte Teile meines eigenen Körpers einbauen – da man mir verbot, andere Menschen zu diesem Zweck zu verwenden. Aber hier ist die Astrid, Brant, fast so lebendig, wie ich es mir gewünscht hatte. Ich bin ebenso immun einem toten Schiff gegenüber – einem UN-Kreuzer beispielsweise

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