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Menschen und Maschinen

Menschen und Maschinen

Titel: Menschen und Maschinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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gehorchten und dienten und die Menschheit beschützten. Ja, der Oberste Grundsatz war meine Idee. Ich hatte keine Ahnung, wozu das führen würde.«
     
    *
     
    Die Abenddämmerung machte sich langsam in den schäbigen kleinen Zimmern breit. Die Umrisse der spielzeughaften Maschinen auf dem Küchentisch wurden undeutlich.
    Die Stadt draußen war sonderbar still. Auf der anderen Straßenseite errichteten die Humanoiden in völligem Schweigen ein neues Haus. Sie sprachen nie miteinander, denn jeder wußte alles, was der andere tat. Die fremden Materialien, die sie benutzten, ließen sich ohne Hammer oder Säge bearbeiten. Die kleinen blinden Dinger, die sich so sicher durch die Dunkelheit bewegten, wirkten geräuschlos wie Schatten.
    Sledge saß gebeugt auf dem Küchenhocker und erzählte seine Lebensgeschichte. Underhill nahm wieder auf dem wackeligen Stuhl Platz. Er beobachtete die Hände von Sledge, knorrig, sehnig und braungebrannt, einst kraftvoll, aber nun schwach und zitterig. Sie bewegten sich ruhelos im Dunkeln.
    »Behalten Sie die Geschichte für sich. Ich erzähle Ihnen, wie alles begann, damit Sie wissen, was wir zu tun haben. Aber erwähnen Sie außerhalb dieser Räume nichts davon – denn die Humanoiden haben sehr wirksame Methoden, um ungünstige Erinnerungen zu löschen oder gegen Dinge anzukämpfen, die sie an der Ausführung des Obersten Grundsatzes hindern.«
    »Oh ja, sie sind wirksam«, bekräftigte Underhill bitter.
    »Das ist es ja«, sagte der Alte. »Ich versuchte, eine perfekte Maschine zu bauen. Ich war zu erfolgreich. Und das Ganze trug sich folgendermaßen zu.«
    Er erzählte seine Geschichte, ein hagerer, gequälter Mann, der gebeugt im wachsenden Dunkel saß.
    »Vor sechzig Jahren war ich auf dem trockenen Südkontinent von Wing IV Professor für Atomtheorie in einem kleinen College. Sehr jung. Und ein Idealist. Ich hatte wenig Ahnung vom Leben, von der Politik, vom Krieg – wahrscheinlich von allen Dingen, die nicht mit der Atomtheorie zusammenhingen.«
    Sein faltiges Gesicht verzog sich kurz zu einem traurigen Lächeln.
    »Ich glaube, ich hatte zu viel Vertrauen in Fakten und zu wenig in Menschen. Ich fürchtete mich vor Gefühlen, da ich keine Zeit für andere Dinge als meine Wissenschaft hatte. Ich erinnere mich, daß mein Steckenpferd damals die allgemeine Semantik war. Ich wollte auf jede Situation wissenschaftliche Methoden anwenden und alle Erfahrungen auf Formeln reduzieren. Vermutlich war ich ziemlich ungeduldig mit der Unwissenheit und den Fehlern des Menschen, und ich dachte, daß man nur mit Hilfe der Wissenschaft eine perfekte Welt schaffen könne.«
    Er saß einen Moment lang schweigend da und starrte hinüber zu den stillen schwarzen Dingern, die wie Schatten umherhuschten und einen neuen Palast bauten.
    »Es war auch ein Mädchen da.« Seine müden Schultern zuckten ein wenig. »Wenn alles ein wenig anders verlaufen wäre, hätten wir vielleicht geheiratet, in der stillen kleinen Universitätsstadt gelebt und ein oder zwei Kinder großgezogen. Und es hätte keine Humanoiden gegeben.«
    Er seufzte.
    »Ich beendete eben meine Doktorarbeit über die Trennung von Palladium-Isotopen – ein hübsches kleines Projekt, und ich hätte mich damit zufriedengeben sollen. Sie war Biologin, aber sie wollte zu arbeiten aufhören, wenn wir heirateten. Ich glaube, wir wären ein glückliches Paar geworden, völlig normal und völlig harmlos.
    Aber dann kam ein Krieg – auf den Welten von Wing waren seit der Kolonisierung immer wieder Kriege ausgebrochen. Ich überlebte ihn in einem geheimen Untergrundlabor, wo ich Militär-Roboter konstruierte. Aber sie meldete sich freiwillig für ein militärisches Forschungsprojekt über Biotoxine. Ein Unfall geschah. Ein paar Moleküle eines neuen Virus gelangten in die Luft, und alle Mitarbeiter des Projektes starben qualvoll.
    Ich blieb allein mit meiner Wissenschaft und mit einer Bitterkeit, die sich nur schwer vergessen ließ. Als der Krieg um war, ging ich zurück an die kleine Universität. Ich hatte einen Forschungsauftrag. Das Projekt war rein theoretisch – eine Untersuchung der nuklearen Bindekräfte, die damals noch falsch ausgelegt wurden. Ich sollte keine Waffe produzieren, und ich erkannte die Waffe auch nicht, nachdem ich sie entdeckt hatte.
    Das Ganze ließ sich in ein paar Seiten ziemlich schwieriger Mathematik ausdrücken. Eine neue Theorie über die Atomstruktur, die einen neuen Faktor für eine Komponente der Bindekräfte

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