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Menschenfänger

Menschenfänger

Titel: Menschenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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ächzte Skorubski und sah den Kollegen ungläubig an. »Ein Bekannter von ihr? Ein Freund?«
    »Nicht unbedingt«, antwortete Nachtigall und dankte Paul Feddersen mit einem Nicken. »Vielleicht hat er an der Tür geklingelt und behauptet, er sammle für den Tierschutzverein oder für die Volkssolidarität. Als sie sich dann umdrehte, um ihren Geldbeutel zu holen, ist er einfach in die Wohnung eingedrungen. Wir werden das bei der Befragung der Nachbarn herausfinden.«
    »An der Kühlschranktür und auf dem Boden davor haben wir Blut gefunden. Vielleicht hat das Ganze dort angefangen«, mutmaßte Feddersen und führte die beiden Ermittler in die Küche.
    Peter Nachtigall warf einen Blick auf den dunklen Fleck an der Tür und die Spur, die sich von dort aus bis zum Boden zog.
    »Tier- oder Menschenblut?«, fragte er gepresst.
    »Es kleben Hundehaare dran, würde ich mal sagen. Sieht so aus, als hätte jemand den kleinen Kerl mit aller Gewalt gegen diese Tür geschleudert und liegen gelassen.«
    Eilig durchquerte Nachtigall das Wohnzimmer und trat auf den schmalen Balkon hinaus. Er atmete tief durch, versuchte den widerlichen Blutgeruch durch frische Großstadtluft zu ersetzen.
    »Was für ein grausiger Anblick. Neben Kinderleichen ist so etwas das Schlimmste, was wir uns ansehen müssen: verstümmelte oder geschundene Körper.« Albrecht Skorubski stellte sich neben ihn und meinte dann: »Diese Anna Hempel sitzt noch hier. Wir könnten sie gleich befragen.«
    »Du weißt, mein sechster Sinn … Meine Fantasie … Ich war heute schon bei der Obduktion dabei. Du machst dir ja keine Vorstellung davon, was Maden anrichten können! Und jetzt das! Zwei am Tag …«
    »Wir wissen deinen sechsten Sinn zu schätzen, du Sentinel*. Wo wären wir nur ohne dich und deine Intuition, deine Eingebungen.« Albrecht Skorubski klopfte dem viel größeren Freund gegen den Oberarm. Dann nahm er sein Basecap ab und fuhr sich mehrfach schnell über die Glatze, als könne er damit die furchtbaren Bilder einfach aus dem Gedächtnis wischen. Seit sie vor einiger Zeit einen Serientäter gefasst hatten, der verstümmelte Frauenleichen an den verschiedensten Orten in der Stadt aufgebahrt hatte, vertrug er den Anblick von Mordopfern nur noch schlecht.
    Dann setze er das khakifarbene Basecap schwungvoll wieder auf. Neben Nachtigall und Wiener, die grundsätzlich schwarz trugen, wirkte Albrecht Skorubski wie ein Paradiesvogel. Seit seine Frau ihm die bunten Hawaiihemden wieder ausgeredet hatte, trug er nun verschiedene Grüntöne, und schon seit Jahren verbarg er seine Haarlosigkeit unter Kopfbedeckungen aller Art. In der Praxis der Polizeiarbeit hatte sich dabei das Basecap als besonders taugliche Variante erwiesen.
    Nachtigall schloss die Augen, machte sie aber sofort wieder auf, als ihm sein Kopf Bilder des kahlgeschorenen Schädels und des brauenlosen Gesichts mit den weit aufgerissenen Augen zeigte.
    »Gut. Wir müssen sofort Dr. März informieren. Nicht, dass ihn plötzlich einer der Journalisten nach diesem Mord hier fragt, und er weiß von nichts. Über ihre Handys haben die ihre Informationen fast so schnell wie wir. Du beginnst schon mal mit der Befragung«, sagte er dann und schickte Skorubski ins Wohnzimmer zurück.
     
    Dr. März meldete sich leise und ungehalten. Die Pressekonferenz war noch in vollem Gange. Die Nachricht von Nachtigall konnte nicht unwillkommener sein, doch da er sie nun vor der Presse hatte, konnte er in die Offensive gehen und musste nicht nur auf Vorwürfe reagieren. So beschloss er, die drängende Arbeit der Polizei herauszustellen.
    Er räusperte sich, wartete, bis Ruhe eingekehrt war, und sagte dann: »Ich möchte Ihnen nicht vorenthalten, dass wir gerade die Leiche einer jungen Frau gefunden haben. Dieser Umstand erfordert, dass ich mich jetzt mit den Mitarbeitern der Polizei ganz der Arbeit an diesem Fall widme. Mir ist sehr bewusst, in welche Richtung Ihre Vermutungen jetzt gehen, aber ich kann Ihnen versichern, wir haben bisher weder Hinweise, die für, noch Indizien, die eindeutig gegen eine Täterschaft von Klaus Windisch sprechen. Für Mutmaßungen – in welche Richtung auch immer – ist es noch viel zu früh. Lassen Sie uns unsere Arbeit machen, dann wissen wir bald mehr.«
    Rasch erhob er sich, gab den anwesenden Polizeikräften ein Zeichen und verschwand, während sich ein Sturm des Protestes erhob, in dem sich nun der Pressesprecher der Polizei und der Leiter der JVA allein behaupten

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