Menschenfresser - Gargoyle - Posters Haus
Wohnzimmer starrte. Von der Katze keine Spur.
Das Fenster war, wie Georg gesagt hatte, verschlossen. Der Riegel war herumgedreht.
„Ich habe genau gesehen, wie sie in diese Richtung davonging“, sagte Georg, und die anderen gaben ihm Recht.
„Dann muss sie sich irgendwo versteckt haben.“
Sie suchten unter dem Schreibtisch. Dass sie sich nicht unter den Stühlen oder in den Regalen aufhielt, war mit einem Blick zu erkennen. Doch in diesem Zimmer war sie nicht. Als nächstes sahen sie im Bad und in der Küche nach, obwohl deren Türen verschlossen waren. Die Katze befand sich nirgends in der kleinen Wohnung. Sie prüften die Wohnungstür. Sie war fest ins Schloss gefallen, als Artur sie von außen zugeschlagen hatte …
„Wie vom Erdboden verschluckt, nennt man so etwas“, meinte Georg und hob immer wieder die Schultern, während er zum zehnten Mal unter den Schreibtisch spähte.
Jaqueline grübelte mit schwieriger Miene nach und sagte schließlich: „In den letzten Minuten haben wir zwei Beweise bekommen, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Katze handelt. Allmählich verstehe ich, warum es die Mieter hier nicht lange ausgehalten haben.“
„Du meinst, sie sind vor diesem Prachttier davongelaufen? Und was ist mit dem Menschenfresser?“
„Dunkelgekleidete Männer mit großen Hüten gibt es eine Menge. Katzen wie diese nicht.“
Dorothea meldete sich: „Die Frage ist, ob wir hier bleiben sollen.“
„Warum denn nicht?“, sagte Georg. Und Jaqueline stimmte ihm zu: „Wir wären schlechte Studenten des Okkulten, wenn wir uns diese Chance des Forschens entgehen lassen würden. Und schlechte Detektive dazu. Ein Haustier mit übernatürlichen Kräften bekommt man nicht alle Tage.“
„Allerdings sollten wir dafür sorgen, dass Artur dieses Haus nie mehr betritt“, fand Dorothea.
Jaqueline schmunzelte. „Das ist anzuraten. So, und jetzt mache ich mich wieder hinter den PC. Falls ich heute noch eine Internetverbindung herstellen kann, werde ich gleich ein wenig über Phänomene forschen, die Katzen involvieren.“
„Das klingt nach einer langen Nacht“, knurrte Georg.
Jaqueline strahlte. Sie war in ihrem Element.
8
Tatsächlich wurde es ein Uhr, ehe die drei Studenten nach Falkengrund zurückfuhren. Auf der Fahrt besprachen sie, was Jaqueline herausgefunden hatte.
„Dass Katzen im alten Ägypten heilig waren, ist bekannt“, dozierte sie. „Sie gehörten zur Göttin Isis, und die Tochter von Isis und Osiris ist Bastet, die Katzengöttin. Auch in den nordischen Mythen und bei den Römern spielt die Katze eine wichtige Rolle, und in der Zeit der Hexenverfolgungen wurden oft Katzen grausam getötet, weil man sie als Hilfsgeister der Hexen, also als Dämonen einstufte. In Japan glaubt man, dass Katzen ab einem Lebensalter von zehn Jahren besondere magische Fähigkeiten bekommen. Man nennt sie dann Nekomata. Sie sind an ihrem gespaltenen Schwanz zu erkennen.“
„Davon war nichts zu sehen.“
„Ich behaupte nicht, dass der Volksglaube sich eins zu eins mit unserem neuen Haustier deckt. Wahrscheinlich passt sie in keines der bekannten Schemata.“
Dorothea lachte auf. „Es wäre geradezu un-katzenhaft , wenn sie sich in ein Muster pressen lassen würde …“
„Vielleicht war dieses Tier schon von Geburt an etwas Besonderes. Oder es ist etwas vorgefallen, das ihm diese Fähigkeiten verliehen hat.“
„Und was sollte das sein?“
„Wir kennen solche Fälle von Menschen. Wir wissen zum Beispiel, dass in vielen Naturvölkern ganz gewöhnliche Menschen durch eine schlimme Krisensituation zu Schamanen werden können. Sie erleben etwas Furchtbares, werden schwer krank, stehen an der Schwelle des Todes, und dabei erwachen in manchen Menschen neue Kräfte, die sie von den anderen unterscheiden. Woher wollen wir wissen, dass so etwas nicht auch bei Tieren geschehen kann?“
„Die Katze ist also für den Spuk in dieser Wohnung verantwortlich.“
„Davon bin ich überzeugt“, antwortete Jaqueline. Inzwischen hatten sie Wolfach passiert und fuhren den Weg durch den Wald hinauf in Richtung Schloss Falkengrund. Der Pfad war so holprig, dass die Scheinwerfer wild auf und ab tanzten.
„Ich finde, wir sollten den Menschenfresser nicht ganz vergessen“, meinte Dorothea. „Die Katze mag erklären, warum es niemand in der Wohnung aushält. Aber sie erklärt nicht, warum diese Frau Birk als blankes Skelett aufgefunden wurde.“
„Du hast recht“, gestand Jaqueline beschämt. „Das hatte
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