Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Titel: Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
Vom Netzwerk:
ich nicht. Ich würde aber vorschlagen, dass wir uns darüber den Kopf zerbrechen, wenn es dafür an der Zeit ist. Im Augenblick greifen wir besser nach jedem Strohhalm, auch wenn der nur in Form einer dicken, fetten Tür auf uns lauert.«
    »Da gebe ich dir …«, wollte Watane zustimmen, wurde jedoch von einer urplötzlich einsetzenden Woge der Helligkeit gebremst. Über den Köpfen der Frauen flackerten mehrere Dutzend Leuchtstoffröhren gleichzeitig auf, und obwohl die beiden sich vorher nichts sehnlicher als Licht gewünscht hatten, erschraken sie in diesem Augenblick fast zu Tode. Sehen konnten sie ohnehin nichts, weil ihre Augen sich noch nicht an die Helligkeit gewöhnt hatten.
    »Was ist hier los?«, fragte Watane ängstlich.
    »Keine Ah …«, wollte Yoko antworten, doch ein knarrendes Geräusch aus Richtung der Tür ließ sie verstummen. Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, dass der große Hebel, an dem sie vorher gedreht hatte, sich bewegte.
    »Los, leg dich auf den Boden, Watane.«
    »Aber …«
    »Hör für einmal auf zu jammern, bitte«, flehte die Nipimex-Angestellte, »und vertrau mir. Leg dich auf den Boden, am besten mit dem Gesicht nach unten, und bleib einfach so liegen.«
    Sie ließ sich fallen, nahm eine Position ein, die ein wenig nach toter Frau aussehen sollte, und sah Watane an.
    »Bitte, tu es mir zuliebe!«
    Nun wurden hinter der Tür Stimmen laut, und es erklang von dort ein zischendes Geräusch. Etwa eine Zehntelsekunde, bevor der erste Mann in den nun gleißend hell erleuchteten Raum trat, war Watanes Körper auf dem Boden zur Ruhe gekommen.

28
     
    Lenz war nur mit größter Mühe eingeschlafen. Während er sich von einer Seite auf die andere gewälzt und dabei immer wieder Marias sonorem, leicht rasselndem Atmen zugehört hatte, waren ihm die Bilder des toten Asiaten aus der Philippistraße nicht aus dem Kopf gegangen. Und je mehr er an den aufgedunsenen Körper gedacht hatte, umso schwerer war ihm das Einschlafen gefallen. Schließlich, gefühlte Stunden später, war er doch noch weggenickt, jedoch nur in einen leichten, von ständigem Hochschrecken unterbrochenen Dämmerzustand. In einer kurzen Traumsequenz ließ Erich Zeislinger Maria und ihn in eine Haftanstalt in Wisconsin einweisen, ein Traum, den er seit ihrer Trennung vom OB öfter durchlebt hatte.
    Das Klingeln des Telefons um kurz nach drei erschien ihm gewissermaßen wie die Befreiung aus einem Martyrium, obwohl Anrufe um diese Zeit nie etwas Gutes zu bedeuten hatten. Während er mit dem Fuß die Bettdecke wegschob und sich in die Vertikale brachte, bewunderte er den tiefen Schlaf seiner zukünftigen Frau. Mit einem leichten Streicheln über ihren Rücken, das von einem wohligen Grunzen erwidert wurde, verließ er das Schlafzimmer und machte sich auf die Suche nach dem Mobilteil des Telefons.
    »Ja«, meldete der Kommissar sich kurz angebunden, nachdem er das Gerät auf dem Küchentisch gefunden hatte.
    »Hallo, Paul, hier ist Lemmi. Du klingst, als hätte ich dich ganz und gar nicht aus dem Bett geworfen.«
    »Doch, das schon. Mein Schlaferlebnis war nur leider nicht so erholsam, wie ich es mir gewünscht hätte. Was gibt es denn, Lemmi?«
    Es entstand eine kurze Pause, während der Lenz im Hintergrund das Rascheln von Papier hören konnte. Offenbar suchte der Mann vom KDD nach etwas.
    »Du bist doch heute Nachmittag mit Thilo zusammen an dieser Lagerhalle gewesen, von der ich dir die Adresse gegeben habe, oder?«
    Der Hauptkommissar musste einen Augenblick überlegen.
    »Ja, natürlich. Die Lagerhalle, die von den Eberhardt-Brüdern angemietet worden war. Warum fragst du?«
    »Weil ich gerade auf dem Grundstück bin. Hier hat heute Nacht eine ziemlich üble Sauerei stattgefunden.«
    »Wie …? Was meinst du mit Sauerei?«
    »Na ja«, zögerte Lehmann. »Die Lagerhalle ist nicht mehr, die ist komplett abgebrannt. Und das Haus nebenan hat es auch ganz schön erwischt, aber es steht wenigstens noch.«
    Lenz musste schlucken.
    »Und was ist mit den Leuten, die dort wohnen?«
    »Das ist die Sauerei, von der ich gesprochen habe.«
    »Ich bin in einer Viertelstunde bei dir, Lemmi.«
     
    Es dauerte genau neun Minuten, bis der Leiter von K11 an der Kreuzung der Mombachstraße mit der Holländischen Straße angekommen war. Dort war alles so weiträumig abgesperrt, dass er seinen kleinen Wagen auf dem Taxihalteplatz gegenüber abstellen und den Rest des Weges zu Fuß hinter sich bringen musste. Und mit jedem Meter nahm er mehr

Weitere Kostenlose Bücher