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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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heißt, er wurde erst zu dieser Zeit auch operiert.«
    »Woraus kann man das schließen?«
    Mit einem Handgriff klappte Doktor Wanek die Bauchdecke auf. Die
Bauchhöhle hatte sie leer geräumt. Varic stöhnte. Auch Freund musste sich
zusammenreißen.
    »Hier war ein echter Experte am Werk. Jemand, der sich mit der
menschlichen Anatomie nicht nur genau auskennt, sondern auch genau weiß, was er
tun kann. Tun muss. Um sein Opfer so lange wie möglich lebendig zu halten.« Sie
ließ ihre Worte wirken. »Sehen Sie das?«
    Varic schlug die Hand vor den Mund und erbleichte. Freund würgte.
    »Der Täter nahm eine Amputation der Beine und von Teilen des
Unterleibs vor. Die Details erspare ich Ihnen. Nur so viel: Er achtete darauf,
die lebenswichtigen Blutgefäße so zu behandeln, dass ihm der Mann nicht auf der
Stelle verblutete. Über den verbleibenden Stumpf zog er das Fell des
Ziegenbocks wie eine Hose.«
    Varic stürzte aus dem Raum. Spazier schaffte es nicht mehr so weit.
Freund kannte das. Fing einer an …
    Die Medizinerin wartete mit stoischem Blick, bis die beiden
Inspektoren ihre Schweinerei weggewischt hatte und wieder am Tisch standen.
Varic drückte sich ein Taschentuch vors Gesicht, Spazier stammelte eine
Entschuldigung.
    »Schon gut. Ich hoffe, es war nur der Anblick und nicht meine
Ausführungen. Die werden nämlich nicht erfreulicher, im Gegenteil.«
    Sie zeigte auf die Verbindungspartie zwischen Mensch und Tier.
Wusters Haut war am Rand von kleinen Löchern in regelmäßigen Abständen
perforiert.
    »Die beiden Körperteile wurden zusammengenäht, und zwar von innen.
Diese Technik ist aufwendiger. Man verwendet sie üblicherweise, um schönere
Narben zu bekommen. Begonnen wurde damit …«
    »Moment«, unterbrach Freund. »Womit nähte …«
    »Dazu komme ich noch. Der Täter – oder die Täterin – verwendete
nämlich ein ganz besonderes Material.«
    »Warum sagten Sie Täterin? Gibt es einen Hinweis, dass es eine Frau …?«
    Wanek lächelte. »Reine politische Korrektheit. Und der Versuch,
unvoreingenommen zu sein. Keinerlei Indizien. Oder vielleicht doch …«
    »Begonnen wurde damit also …«
    »… am Rücken. Dann hat sich der Mörder – der Einfachheit halber
verwende ich wieder nur die maskuline Form – über die linke Seite, den Bauch
und die rechte Seite zurück zum Rücken gearbeitet. Die Einstichstellen bis zum
Bauch haben während der Tat noch aktiv geblutet.«
    Freund merkte, dass er aufgehört hatte zu atmen, und holte tief
Luft.
    »Das bedeutet …«
    »… dass das Opfer da noch lebte. Genau.«
    Jetzt musste selbst der sonst so beherrschte Wagner schwer ausatmen.
    »Ich kann mir Ihre nächste Frage schon denken«, sagte Doktor Wanek.
»Und die Antwort ist alles andere als schön. Erinnern Sie sich an die
Blutergüsse an den Armen? An ihnen fand ich Rückstände eines Klebstoffes. Ich
habe sie der Technik geschickt. Es würde mich aber nicht wundern, wenn sie von
einem Klebeband stammen, mit dem er gefesselt wurde. Oder besser gesagt, mit
dem er fixiert wurde.«
    »Fixiert wofür?«
    »Wofür wohl. Damit er sich bei dem, was ihm angetan wurde, nicht
wehren konnte.«
    »Aber das konnte er doch ohnehin nicht«, platzte Lukas Spazier
heraus. »Er war ja betäubt.«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte Doktor Wanek scharf.
    Spazier begann zu stottern. »Na, ich meine, vor einer Operation wird
man narkotisiert und …«
    »Vor einer normalen Operation, ja.«
    Freund sah, wie Spazier mit den Kiefermuskeln arbeiten musste, um
den neuerlichen Würgereiz zu unterdrücken, als ihm die Bedeutung der Aussage
bewusst wurde.
    »Sie meinen doch nicht …«
    »Im Blut des Mannes haben wir keinerlei Rückstände eines
Anästhetikums gefunden.«
    »Soll das heißen …«
    »Ich fürchte, das tut es.«
    »Aber er muss bei den ersten Schnitten bereits vor Schmerzen das
Bewusstsein verloren haben!«
    »Nicht unbedingt. Einige Einstichstellen der Naht weisen darauf hin,
dass er sich sogar in dieser Phase noch bewegt hat.«
    »Reine Reflexe!«
    »Vielleicht. Wahrscheinlich nicht.«
    »Wollen Sie sagen, dass er, als ihm nach der Beinamputation der
Unterleib des Ziegenbocks angenäht wurde, bei Bewusstsein war? Dass er alles
miterlebt hat?«
    »Vielleicht nicht alles. Aber einen Teil ziemlich sicher.«
    Freund stand wie betäubt. Er versuchte den Gedanken daran zu
verdrängen, was Wuster in den letzten Stunden seines Lebens mitgemacht haben
musste. Sein ganzer Körper wehrte sich gegen die

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