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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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zwinkerte dem Oberinspektor zu. Seufzend nickte Freund.
Hatte er eine Wahl? Sie hängte sich bei seinem Vater ein und lachte ihn an.
    »Wir werden schon unseren Spaß haben, was, Herr Freund? Ihrem Sohn
hier einmal ordentlich auf die Finger schauen. Darf ich Ihnen einen Kaffee
bringen?«
    »Sehr gern, danke«, erwiderte Oswald Freund. »Ein wenig Milch, zwei
Stück Zucker, bitte.«
    »Kommt sofort.«
    Verwundert verfolgte Freund die Vorstellung. In Momenten wie diesem
fragte er sich manchmal, ob sein Vater die ganze Demenz nicht nur vorgaukelte,
um seine Umwelt zu ärgern, wie er es sein Leben lang getan hatte. Natürlich gab
es auch Momente, in denen kein Zweifel über den Verlust seines Verstandes
möglich war.
    »Wirst du dich wohlfühlen hier?«, fragte er.
    »Ich denke schon«, antwortete sein Vater. »Du hast mir ja die Musik
mitgebracht, und wenn mir langweilig ist, plaudere ich ein bisschen mit
Viktoria …« Sogar den Namen hatte er sich gemerkt. »… oder gehe ein wenig
in der Stadt oder am Donaukanal spazieren.«
    Nein! Mit sanftem Druck nötigte Freund ihn ins Sofa und setzte sich
daneben.
    »Du bleibst besser hier. Wenn du auf die Toilette musst, sagst du es
bitte Frau Ivenhoff. Sie sitzt da drüben gleich im Nebenzimmer, die Tür lassen
wir offen. Einverstanden?«
    Die Teamsekretärin kam mit zwei Tassen zurück. Eine reichte sie
Oswald, die andere Laurenz Freund.
    Der Oberinspektor nahm sie zu Seite. »Passen Sie bitte auf, dass er
nicht ausreißt. Er ist manchmal verwirrt, aber vollkommen harmlos. Wenn er auf
die Toilette muss, zeigen Sie ihm bitte, wo er hinmuss …«
    »Toilette auch noch?« Sie verfiel wieder in ihre schlangengleiche
Aussprache. »Da fällt mir ein, dass ich meine Enkelin schon ewig in die
Hofreitschule zu den Lipizzanern ausführen wollte. Aber gute Karten sind ja so
schwer zu bekommen und sündteuer …«
    »Sie …!«
    Sie rief Freunds Vater zu: »Kümmert sich Ihr Bub wohl brav um Sie,
Herr Freund? Wird er heute mit Ihnen mittagessen gehen?«
    »Das ist kaltblütige Erpressung«, fauchte Freund sie an.
    »Oha, ich glaube, mein Mann wollte auch mit …«
    »Jetzt überziehen Sie!«
    »Ich kann ja wieder an die Arbeit gehen, für die ich in dieser
Behörde bezahlt werde«, sagte sie. »Wenn Ihnen das lieber ist.«
    »Na gut. Zwei Karten für die Hofreitschule. Dafür passen Sie aber
richtig auf.«
    »Ins Klo begleite ich ihn aber nicht …«
    »Um Gottes willen, nein! Aber es wäre sehr nett, wenn Sie warten
könnten und ihn danach wieder zurück ins Zimmer bringen.«
    »Fräulein Viktoria, trinken Sie keinen Kaffee mit uns?«, rief der
Alte vom Sofa.
    »Später.«
    »Laurenz, du erzählst der Dame doch nichts Schlechtes über mich?«
    »Natürlich nicht, Papa. Nur das Notwendigste.« Und wieder zu
Ivenhoff: »Sollte irgendetwas sein, erreichen Sie mich jederzeit auf dem Handy,
und ich komme sofort.«
    Viktoria Ivenhoff nickte zu allem, dann wandte sie sich seinem Vater
zu. »Draußen hätte ich ein paar Zeitungen. Möchten Sie die lesen, Herr Freund?«
    »Sehr gern.«
    Als Ivenhoff aus dem Nebenzimmer zurückkehrte, setzte sie sich
gleich neben Oswald Freund und zählte ihm die mitgebrachten Titel auf. Er
entschied sich für die Krone und begann darin zu lesen. Die fremde Umgebung
schien seine Sinne anzuregen. Freund sah ihn in guten Händen.
    »Ich bin jetzt einmal drüben«, sagte er und ließ seinen Vater mit
Frau Ivenhoff allein.
    Alle Fenster des Einsatzraumes waren geöffnet. Freund spürte
eine muffige Brise vom nahe liegenden Donaukanal hereinwehen. Auf dem großen
Tisch herrschte noch mehr Chaos als am Vorabend. Fast alle Mitglieder der
Sonderkommission waren anwesend. Freund blickte in müde Gesichter. Abgebrühte
Gesichter. Erschöpfte Gesichter. Ein Drucker spuckte ohne Unterbrechung Papier
aus. Freund drehte eine Runde und begrüßte jeden. Dann stellte er sich vor sie
hin und bat um kurze Aufmerksamkeit.
    Erst jetzt sahen einige, dass er in Begleitung einer Frau gekommen
war. Sie war einen Kopf kleiner als der Oberinspektor und trug ein
dunkelbraunes Leinenkostüm über dem orangefarbenen T-Shirt. Mit der schwarzen,
eckigen Brille auf der langen Nase wirkte sie wie eine Literaturprofessorin.
Die rotbraunen Locken standen ungebändigt in alle Richtungen. Freund entgingen
die wohlwollenden Blicke einiger Kollegen nicht.
    »Allen, die Sie nicht kennen, darf ich die Kollegin Doktor Serena
Tognazzi aus der Abteilung für Wirtschaftskriminalität vorstellen. Sie

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