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Menschenteufel

Menschenteufel

Titel: Menschenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Raffelsberger
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Ungewöhnlich kurze
und flauschige zwar, im Vergleich zu den langen Beinen, aber das passte ja zum
Laufvogel. Nur der lange Hals mit dem kleinen Kopf fehlte. An seiner Stelle
wuchs aus dem nackten Rumpf ein kurzer Hals, von dem ein großer Kopf mit langen
Haaren hing.
    Er wollte das nicht mehr sehen.
    »Hast du Doktor Blilorek schon informiert? Er muss sich das hier
anschauen.«
    »Den Psychoheini vom BKA ? Brauche ich
nicht.«
    In Freund verspannte sich etwas. Er rief in der Sokozentrale an und
forderte den Beamten dort auf, den Leiter der Kriminalpsychologischen Abteilung
des Bundeskriminalamts aus dem Bett zu holen und sofort herzuschicken.
Hoffentlich musste er sich nicht um alles selber kümmern.
    »Ist die Feuerwehr schon unterwegs?«
    »Kommt gerade.«
    Durch die Gasse schob sich ein riesiger Leiterwagen auf sie zu. Ein
paar Meter vor ihnen hielt er. Vom Beifahrersitz sprang der Einsatzleiter.
Nacheinander begrüßte er Obratschnik, Freund und ein paar andere Beamte. Er nahm
seinen Helm ab und blickte zu der Kreatur empor.
    Vom Leiterwagen schoss ein meterbreiter weißer Spot hoch. Rundum
erstarben die Gespräche. Leise rauschte die Stadt im Hintergrund. Über ihnen
flog ein Mensch. Ein halber Mensch.
    Die langen Beine nach hinten gestreckt, die buschigen Flügel vom
nackten Menschenoberkörper zu den Seiten gebreitet, schien das Wesen durch die
Luft zu schweben. Die fast unmerkliche Drehung verlieh ihm etwas Lebendiges.
Ein mythisches Monster im Landeanflug.
    In der Helligkeit erkannte Freund den Torso genauer. Die Formen der
Brust waren eindeutig. Dort oben hingen Teile eines weiblichen Körpers.
    »Mir stockt der Atem« war für Freund lange Zeit eine Phrase gewesen.
Den Atem hielt man an. Oder die Nase zu. Oder man war unter Wasser und
unterließ das Atmen tunlichst. Aber wie sollte der Atem aussetzen, wenn man
gesund, unverletzt und bei Besinnung war? Schon einer seiner ersten Fälle bei
der Mordkommission hatte ihn eines Besseren belehrt. Bei vollem Bewusstsein
entzog sich der Körper trotz größter Konzentration und Anstrengung der
Kontrolle des Geistes. Zurückgeworfen auf die mentalen Fähigkeiten einer
Zucchini hatte er das Aussetzen seiner Atmung erlebt. Am erstaunlichsten war
die Erfahrung der fehlenden Wahrnehmung gewesen. Erst als ihm schwindelte,
merkte er, dass etwas nicht stimmte. Mittlerweile wusste Freund sich aus dem
Zustand zu befreien.
    »Noch einer?«, fragte Romana Wanek und riss ihn aus seiner Trance.
Unbemerkt war die Gerichtsmedizinerin neben ihn getreten.
    »Eine Frau, glaube ich«, antwortete Freund. »Und ich habe die böse
Ahnung, dass ich weiß, wer sie ist«, fügte er tonlos hinzu.
    Er musste die anderen informieren. Mit einem kurzen SMS bestellte er Wagner, Varic und Spazier an die
Wienzeile.
    »Alles einsteigen!«, rief der Feuerwehrchef.
    Hinter ihnen hatte sich der Personenkorb am Ende der Leiter auf
Bodenniveau gesenkt. Leise knirschend setzte er am Boden auf.
    »Maximal drei Personen«, erklärte der Mann.
    Bevor jemand reagierte, stand Freund bereits in dem Gestell.
Obratschnik beeilte sich um den zweiten Platz.
    »Kommen Sie«, forderte Freund die Gerichtsmedizinerin auf.
    Mit zwei Hebeln steuerte Freund den Korb in die Höhe. Kein Schritt
war möglich. Jede Bewegung wurde mit heftigem Schaukeln bestraft. Unter ihnen
wurde die Welt kleiner, während sie dem entsetzlichen Himmelswesen immer näher
kamen.
    Gefallener Engel, schoss Freund durch den Kopf. Er erinnerte sich an
die Recherchen zum Wuster-Fall. In manchen christlichen Vorstellungen war der
Teufel ein Engel, der vom Himmel gefallen war. Menschenähnliche Wesen mit
Flügeln. Nur die Vogelbeine passten nicht ins Bild. Dieser hier war noch nicht
gelandet. Der tiefe Fall als Symbol und Warnung. In sechs Meter Höhe konnte
Freund ihn körperlich spüren. Wie zerstört musste man erst sein, wenn man von
ganz oben aus dem Himmel fiel.
    Die langen dünnen Federn flatterten im Nachgewitterwind. Irgendwo
hatte er einmal gelesen, dass die Vorfahren der Vögel zuerst Federn als
Pelzalternative entwickelt hatten und dann erst entdeckten, dass sie damit auch
fliegen konnten. So sah das hier aus. Er fragte sich, bei welchem Tier er so
ein Fellgefieder schon einmal gesehen hatte.
    »Was soll das überhaupt darstellen?«, fragte Obratschnik.
    »Zuerst dachte ich an einen fallenden Engel«, antwortete Freund.
»Das würde zum Teufel aus dem Prater passen. Aber Engel haben keine Vogelfüße.
Wenn ich mich recht erinnere, gibt es

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