Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
christlichen Bruderschaft beruft … Ziemlich eigenwillige Zusammenstellung, findest du nicht?«
»Schon, aber das ist unser derzeitiger Wissensstand.«
»Gut, dann weiter«, sagte Lea. »Wir haben also eine Frau, die vermutlich bei einem Vortrag über Tarot oder etwas in der Art Interesse an diesem Thema findet, unsere Frau van der Neer, die an dieses ISG vermittelt wird. Vor einem Jahr taucht sie dann bei mir auf und erzählt mir von Sünde, Tod und Teufel.«
»Stopp mal«, unterbrach Elisabeth, »ich habe einen Geistesblitz, warte mal, ich bin gleich wieder da.«
Lea wartete gespannt. Elisabeth war bald wieder am Telefon. Lea hörte sie zählen: »Sieben ist der Wagen, acht, neun, vierzehn die Mäßigkeit, und fünfzehn ist der Teufel. Kann es sein, dass deine Patientin die ganze Zeit von der Tarotkarte des Teufels gesprochen hat?«
»Woher soll ich das wissen, Elisabeth? Sie hat ganz allgemein vom Teufel gesprochen und mich gefragt, welche Zahl danach komme – oder so ähnlich. Die Zahl war wichtig!«
»Deshalb meine ich, dass Tarot gut passt. Wir haben zwar in der Numerologie, ein uraltes okkultes Brauchtum, das sich mit der mystischen Bedeutung von Zahlen befasst, und auch in der jüdischen Kabbala eine magische Zahlenlehre, aber diese Zuordnung von eingegrenzten Themen zu Zahlen hat nur das Tarot.«
»Elisabeth, das ist geradezu genial! Gibt es auch Karten für Sünde, Reue, für Mord oder Selbstmord?«
»Nein, so einfach ist es leider nicht. Eine Karte für Sünde gibt es nicht, für Mord und Selbstmord auch nicht.«
»Das wäre ja zu schön gewesen – und zu einfach«, befand Lea, schon deutlich weniger euphorisch.
»Aber den Tod, das ist die 13 der Trumpfkarten, den gibt es. Das macht wohl auch den meisten Menschen Angst, wenn sie mit dieser Karte konfrontiert werden.«
»Wie sieht es aus mit Wiedergeburt, gibt es die?«, fragte Lea.
»Nein, auch nicht. Es gibt die Sonne, die man entsprechend deutet, sie symbolisiert Befreiung nach Prüfungen, auch Schicksalsprüfungen, oder das Heraustreten aus einem vergangenen Leben und die Freiheit für einen Neubeginn.«
»Das ist unglaublich! Woher weißt du das alles?«
»Recherche.«
»Respekt!« Lea ließ sich die letzte Begegnung mit Frau van der Neer durch den Kopf gehen. »Hm, das passt schon, und es ergibt Sinn. Die Begriffe Tod, Teufel und die wichtige Zahl, auf die sie gewartet hat. Der Weg, von dem sie gesprochen hat. Glaubst du, es gibt viele Menschen, die sich in ihren Entscheidungen und Lebensplänen von solchen Wahrsagetechniken beeinflussen lassen?«
»Natürlich, Lea! Es gibt Menschen, die legen sich vor jeder Entscheidung die Karten, gleichgültig, ob es sich um wichtige oder unwichtige Entscheidungen handelt. Ich kenne einen Börsenmakler, der bei Anlagestrategien nicht nur die Entwicklungen des Kapitalmarktes berücksichtigt.«
»Jetzt weiß ich, warum ich kein Vertrauen in Aktiengeschäfte habe«, meinte Lea. »Aber die Interpretation dieser Karten ist doch auch irgendwie wichtig, oder? Ich kann sicher mit der Auslegung viel verändern?«
»Schon, aber wenn die Karten Tod oder Turm auf dem Tisch liegen, ist meist wenig Spielraum, und die meisten warten dann auf irgendein Unglück. Klar kann man sich davon vollständig abhängig machen.«
Lea dachte an die Kurse über Licht- und andere überirdische Wesen, die schon seit längerem angesagt waren und üppige Teilnehmerzahlen garantierten.
Elisabeth sprach weiter: »Weißt du, die Menschen haben schon seit Jahrtausenden das Bedürfnis, dem Schicksal im wahrsten Sinne des Wortes in die Karten zu schauen. An diesem Bedürfnis hat sich trotz aller Aufklärung nichts geändert. Emotional sind wir irgendwann im Mittelalter stehen geblieben.« Elisabeth machte eine Pause. »Schau dir die Gewalt an, die aus Eifersucht entsteht! Ist das aufgeklärt und neuzeitlich? Und die prinzipiellen Lebensängste, die immer häufiger werden, die Angst vor dem Schicksal, das unerwartet zuschlägt.«
Lea dachte an die Patienten, die an einer Panikstörung litten. Dieser Angstzustand konnte durch alles Mögliche ausgelöst werden, einen Bus, der zwei Minuten zu spät kam, eine Schlange vor der Supermarktkasse oder den Briefträger mit einem Einschreiben.
»Stimmt schon«, sagte sie nachdenklich.
»Natürlich stimmt das! Es gibt massenweise Gründe, um sich mit Themen und Techniken zu beschäftigen, die einem das Gefühl vermeintlicher Sicherheit vermitteln. Einige Menschen versprechen sich durch
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