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Mercy, Band 2: Erweckt

Mercy, Band 2: Erweckt

Titel: Mercy, Band 2: Erweckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Lim
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heftig, dass er leicht ins Stolpern gerät. „Hier drin ist ein Typ, der dich auf keinen Fall sehen darf. Du musst hier weg, schnel l – er kommt jeden Moment von der Toilette zurück.“
    Ryan stemmt die Füße in den Boden, richtet sich zu seiner vollen Größe auf, blickt sich um und ist plötzlich auf Kampf gebürstet. „Wer ist es? Was will er von dir?“
    Ich schiebe ihn mit aller Kraft von mir weg, aber ich könnte mich genauso gut gegen einen Felsen stemmen.
    „Jetzt komm doch“, dränge ich und zerre an dem Matchbeutel in seinen Händen, „ich hab ihm versprochen, dass ich heute Abend mit ihm ausgehe, wenn er mir hilft, dich zu finden. Ich hätte ihm das Blaue vom Himmel versprochen, verstehst du? Er darf dich nicht sehen, auf keinen Fall. Geh jetzt! Sofort! Warte einfach auf der anderen Straßenseite. Vor der Tapasbar draußen.“ Ich zeige zum Fenster hinaus, an den Platanen in der Straßenmitte vorbei auf ein Schild mit einem schwarzen Stier.
    Ein trotziger Ausdruck tritt in Ryans Gesicht und er packt mich noch fester. „Ich rede mit ihm. Er wird es verstehen. Muss er einfach. Er kann dich doch nicht auf so ein lächerliches Date festnageln, wenn er uns zusammen sieht.“
    „Keine Zeit“, zische ich. „Ich kann’s ihm jetzt nicht auf die sanfte Tour beibringen. Ist viel zu kompliziert. Warte einfach auf mich, ich komme gleich nach. Es dauert nicht lange. Tust du das für mich?“
    Ryans Gesicht hellt sich auf. Er beugt sich zu mir herunter und küsst mich auf den Kopf. Eine Geste, nach der ich mich so sehr gesehnt habe, dass ich einen Augenblick die Arme um ihn schlinge, und ich erschrecke über mich selbst, über meine Unbesonnenheit.
    Er seufzt. „Na ja, oka y – ich kann’s mir ja leisten, großzügig zu sein.“ Aber er lässt mich nur widerstrebend los, das spüre ich, selbst als er schon den Rückzug angetreten hat und außer Reichweite ist.
    „Warte auf mich“, sage ich erneut. Und das ist keine Bitte.
    Er lächelt, ein Lächeln, das einen Kranz von winzigen Fältchen um seine Augen zaubert, sodass er aussieht, als leuchte er von innen heraus. „Bis ans Ende aller Zeit“, sagt er leise und verschwindet durch den flatternden Plastikvorhang, winkt mir noch einmal durch die Glasfront zu und überquert dann die Straße.
    Als ich mich umdrehe, steht Ranald stumm neben dem Servicebereich. Ich habe keine Ahnung, seit wann.
    Ich stürze zu seinem Laptop zurück, logge mich hastig aus und sage: „Danke. Jetzt hast du ihn wieder für dich.“
    Ranald funkelt mich an, und ich schaue weg, stoße fast mit ihm zusammen in meiner Eile, von ihm wegzukommen. Natürlich habe ich auch Gewissensbisse. Ich bringe es einfach nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass das Essen heute Abend ausfällt. Dass es nie stattfinden wird, weil Lela nichts von ihm will, weil zwischen ihm und ihr nie etwas sein kann. Weil Lela bald mit einem anderen in den Sonnenuntergang reiten wird, mit einem, dem Ranald nie das Wasser reichen kann. Nicht in einer Million Leben. Und dieser Typ steht drüben auf der anderen Straßenseite und winkt uns wahrscheinlich gerade ein Taxi her.
    Ranalds flammende Augen bohren sich eine Sekunde lang in meine, als könnte er meine Gedanken lesen. Aber dann setzt er sich wieder und wechselt ungeduldig zwischen ein paar offenen Fenstern auf seinem Laptop hin und her, als ob er auf etwas wartet, das gleich eintreffen wird.
    Ich fühle mich abgefertigt, bin aber zugleich so erleichtert, dass es schon beinahe lächerlich ist. Ranald hat nichts gemerkt. Unmöglich. Sonst würde er nicht so konzentriert auf seinen Bildschirm starren.
    Der Postbote kommt herein und drückt mir einen Stapel Briefe für M r Dimowski in die Hand. Ich kann mir nicht verkneifen, einen Augenblick durchs Fenster nach Ryan zu sehen, bevor ich die Post in M r Dimowskis Büro bringe.
    „Im Café ist es noch ruhig“, sage ich in der Tür, „und mein Freund ist gerade gekommen. Wenn ich jetzt vielleicht gehen könnt e …“
    M r Dimowski nickt und sagt im üblichen Ton: „Ja, natürlich, Lela, wann immer Sie wollen“, dann vertieft er sich wieder in seine Korrespondenz.
    Ich gehe zu dem Schrank, in dem mein Rucksack hängt, als Franklin Murray zur Tür hereinkommt und verlegen meinen Blick auffängt. Er setzt sich mit dem Rücken zu uns allen in den vorderen Teil des Cafés und zieht mit düsterer Miene die Tageszeitung zu sich rüber. „Ah, der verlorene Bankrotteur“, spottet Ranald laut und schadenfroh, und einen

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