Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
unzählige Nachmittage damit verbracht, träge über die von Bäumen
beschatteten Rasenflächen zu spazieren und nach einsamen Fleckchen abseits der
farbenprächtigen Parkanlagen zu suchen. »Weil es ein besonderer Ort für uns
ist, nicht wahr, RJ?«, sagte sie. Ihr Lächeln wurde breiter. »Denk nur an all
die Male, die wir dorthin gefahren und zur Küste hinuntergeschlendert sind. An
unsere Picknicks. Die Sonne. Wie wir uns geliebt haben.«
Das stimmte ... doch woher wusste sie das? Woher
kannte sie diese intimen Details aus seinem Leben? Bentz drückte die
Autoschlüssel so fest, dass sich die Metallzacken in seine Handfläche bohrten.
Auch jetzt, da er dieser Frau endlich gegenüberstand, gab es noch mehr Fragen
als Antworten. Doch das würde sich ändern.
»Dann will Bentz also verduften«, sagte Bledsoe,
der Hayes im Treppenhaus des Departments einholte. »Das gefällt mir gar nicht.«
»Es gefällt dir aber auch nicht, wenn er in der
Stadt ist. Sei doch mal ehrlich, Bledsoe, so richtig glücklich machen kann dich
nichts.«
»Der Kerl ist ein Arschloch, und ich wünschte,
er wäre nie hier aufgekreuzt. Doch das war vor den Mordfällen. Jetzt denke ich,
er sollte lieber in der Nähe bleiben.« Sie waren im Erdgeschoss angekommen, und
Hayes stieß die Tür auf. Nach der kühlen, klimatisierten Luft im Innern des
Parker Center schlug ihnen die Nachmittagswärme entgegen. Draußen rückte
Bledsoe den Hosenbund zurecht und zog seine Zigaretten aus der Tasche. Er
klopfte eine aus der Packung, bot sie Hayes an, doch der lehnte ab. »Ich hab
aufgehört, schon vergessen? Als ich Delilah geheiratet habe.«
»Das ist doch längst vorbei. Corrine würde das
nichts ausmachen.«
Er erwiderte nichts. Aus irgendeinem Grund
schien Bledsoe eifersüchtig auf seine Beziehung mit Corrine zu sein. Warum,
konnte Hayes nicht nachvollziehen, aber Bledsoes rätselhafte Motive blieben für
gewöhnlich besser unergründet.
Auf dem Weg zum Parkplatz zündete Bledsoe seine
Zigarette an. »Ich verstehe Bentz einfach nicht. Er kommt hier an, fix und
fertig, weil er Gespenster sieht, lungert herum und zettelt Ärger an, und dann
geschehen diese Morde. Man findet ihn an einem der Tatorte vor, woraufhin er beschließt,
die Stadt zu verlassen. Leuchtet dir das ein?« Er zog fest an seiner Zigarette.
»Mir erscheint das einfach verdächtig.«
»Es ist ja nicht so, dass er das Land verlässt.«
»Nein. Nur L.A. Du hast meine Frage nicht
beantwortet.«
»Das kann ich auch nicht.«
Bledsoe war bei seinem Kabrio angekommen, einem
älteren BMW. Das Verdeck war geöffnet, die schwarze Lederausstattung briet in
der Sonne. »Hast du dir seine Aufzeichnungen angesehen?«, fragte Hayes.
»Ja«, antwortete Bledsoe widerwillig. »Hab
gelesen, was er aus Mclntyre und Newell herausgeholt hat. Sieht so aus, als
hätten sie auch nicht viel von ihm gehalten. Unser guter Bentz gewinnt nicht
gerade viele Beliebtheitswettbewerbe, aber offenbar ist bei ihm auch mehr als
nur eine Schraube locker, wenn du weißt, was ich meine.«
»Steht sonst noch was drin?«
»Nur das, was er uns schon gesagt hat. Die
Fotos, die beschmierte Sterbeurkunde, Notizen bezüglich eines silbernen Chevy
mit einer alten Parkplakette vom Krankenhaus St.
Augustine und Fragen bezüglich Ramona Salazar, die ebenfalls tot ist.« Er nahm
einen weiteren Zug und blies den Rauch aus. »So ziemlich gar nichts, wenn du
mich fragst. Leider war auch nichts darunter, was seine Anwesenheit in L.A.
mit dem Mord an den Springer-Zwillingen in Verbindung bringen würde. Zumindest
habe ich bislang nichts gefunden.« Bledsoe trat den Rest seiner Marlboro auf
dem Asphalt aus, dann zog er eine Sonnenbrille aus der Jackentasche und schob
sie sich auf die Nase. »Was ich gern wissen würde: Wenn Bentz nicht unser
Killer ist, wer zum Teufel ist es dann? Diese Tussi, die ihn durch die Stadt
verfolgt?«
»Möglich.«
»Das einzig Hilfreiche, was Bentz uns geliefert
hat, ist das Nummernschild von dem Fahrzeug der geheimnisvollen Unbekannten und
dass der silberne Impala auf diese Ramona Salazar zugelassen ist.«
»Den Wagen würde ich gern finden«, sagte Hayes.
»Und ich würde gern die Person finden, die ihn seit dem Tod der Besitzerin
fährt«, sagte Bledsoe. »Sehen, wie diese geheimnisvolle Unbekannte ausschwärmt.
Bentz gibt an, Lorraine Newell habe ihn gestern Abend angerufen und behauptet,
Jennifers Doppelgängerin gesehen zu haben. Wir überprüfen gerade die
Telefonverbindungen, aber er ist
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