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Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Titel: Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah Kostenlos Bücher Online Lesen
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Profil ähnelte so sehr dem von Jennifer - die gerade Nase, die
tiefliegenden Augen, die hohen Wangenknochen und das spitze Kinn ... Auch die
Größe stimmte, doch sie schien eher um die fünfunddreißig zu sein, und er hätte
wetten können, dass das keineswegs der plastischen Chirurgie zu verdanken war.
Zum tausendsten Male fragte er sich, ob dieses Szenario geplant gewesen war,
ein ausgeklügelter Trick, um ihn ins Auto und nach Point Fermin zu locken. Doch
wie auch immer, Angst verspürte er nicht, eher Neugier. Besorgt war er, ja.
Aber nicht, weil er um sein Leben fürchtete, das wäre schlichtweg Unsinn
gewesen.
    Er hatte die Strecke noch in Erinnerung,
Jennifer und er waren sie oft gefahren. Statt den Freeway zu nehmen, entschied
er sich für die Landstraßen Richtung Süden zur Halbinsel Palos Verdes, die sich
steil aus dem Meer erhob. Die Frau neben ihm kurbelte das Fenster herunter,
öffnete ihren Pferdeschwanz und ließ sich den Fahrtwind durchs Haar wehen.
»Erinnerst du dich an den Leuchtturm?«, fragte sie und warf ihm einen
vielsagenden Blick zu. Seine Kehle wurde trocken wie Sandpapier, als er daran
dachte, wie Jennifer in der Nähe des weißgetünchten viktorianischen Hauses mit
seinem für diese Art Architektur charakteristischen Türmchen und dem roten Dach
ihre Bluse ausgezogen hatte. Es war dämmrig gewesen, im Winter, der Park fast
leer. Sie hatte gelacht, dann hatte sie sich umgedreht und war mit nackten
Füßen durchs Gras davongerannt. Er hatte sie eingeholt, atemlos vor Anstrengung
und Erwartung. Im Schatten eines Baumes hatten sie sich geliebt, gerade als die
Sonne in den Pazifik zu sinken begann.
    »Ich wusste, dass du dich erinnern würdest«,
sagte sie mit einem aufreizenden Grinsen.
    Woher kannte sie all diese Dinge?, fragte er
sich, als er den Chevy die steile Straße hinauflenkte, die sich über die Klippen
schlängelte. Von hier aus konnte man nach Westen hin den endlosen Pazifik
überblicken. Im Osten drängten sich große Anwesen mit leuchtenden Fassaden und
Swimmingpools.
    Sie ließ das Fenster nach unten gekurbelt, so
dass die milde Brise des Pazifik ins warme Wageninnere wehte. Sonnenstrahlen
glitzerten auf der Wasseroberfläche, Wellen schlugen an die Küste tief unter ihnen.
Am Horizont waren ein paar Schiffe zu erkennen.
    Schluss damit, befahl
sich Bentz, um nicht länger Teil ihrer verdrehten Fantasien zu sein.
    »Jetzt mal raus mit der Sprache, wer sind Sie?«,
fragte er und drückte den Ellbogen gegen seine Rippen, um unterbewusst das
Gewicht seiner Waffe zu spüren. Sie warf ihm einen selbstzufriedenen Blick zu.
»Sie sind nicht Jennifer.«
    Eine dunkle Augenbraue schoss in stummem
Widerspruch in die Höhe. »Bist du dir sicher?«
    »Sie ist tot. Ich lasse sie gerade exhumieren.«
Sie zuckte die Achseln. »Dann wirst du's ja wissen«, sagte sie mit jener
rauchigen Stimme, die genauso gut seiner ExFrau hätte gehören können.
    Was wissen? Dass du eine Schwindlerin bist?,
wollte er sie anschnauzen, aber die salzige Gischt des Ozeans und der Duft
ihres Parfüms ließen ihn innehalten und riefen ihm lebhafte Erinnerungen vor
Augen, die zu vergessen er sich so sehr bemüht hatte.
    »Also los«, sagte er und versuchte, sich auf
sein eigentliches Ziel zu konzentrieren. »Wer hat Shana Mclntyre und Lorraine
Newell umgebracht?«
    »Keine Ahnung.«
    »Natürlich nicht.«
    »Wirklich«, beharrte sie.
    »Sie sagen, der Tod der beiden Frauen habe
nichts mit Ihrem ... Wiedererscheinen zu tun?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Nun, was wissen Sie dann?«
    »Dass das Ganze hier komplizierter wird, als ich
dachte. Gefährlicher.«
    »Erzählen Sie mir etwas, das ich nicht schon
weiß.« Er beobachtete, wie sie mühsam schluckte. Ihre Finger verkrampften sich
um den Sitzgurt. Endlich wurde sie nervös. Gut. Bentz ließ seine Hände ruhig
auf dem Lenkrad liegen, entschlossen, sie festzunageln. »Woher kennen Sie
Ramona Salazar?«, fragte er. »Wen?«
    »Die frühere Besitzerin des Wagens. Der Chevy
ist auf sie zugelassen. Woher kennen Sie sie? Woher haben Sie dieses verdammte
Fahrzeug?«
    »Ein Geschenk.«
    »Von wem?«
    »Einem Freund.«
    Er musste mit diesen Lügenmärchen Schluss
machen. »Tun Sie das nicht, okay? Keine weiteren Spielchen. Ich habe mich nur
bereit erklärt, mit Ihnen hierherzukommen, weil Sie mir die Wahrheit erzählen
wollten, und jetzt drehen Sie sich im Kreis und sprechen in Rätseln. Ach zum
Teufel, vergessen Sie's.« Er zog sein Handy aus der Tasche und drückte

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