Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
Korridor
entlang. Bentz schaute ihr nach. Er hatte ein ungutes Gefühl, das noch zunahm,
als sie hinter einem großen Gummibaum verschwand. Irgendetwas war faul.
Auf dem Weg zurück in die Abteilung stellte
Bentz sein Handy an. Keine Nachrichten von Olivia. »Verdammt.« Er wählte ihre
Nummer. Ohne Erfolg. Sein Anruf wurde direkt an Olivias Mailbox
weitergeleitet, und er bat sie, ihn sofort zurückzurufen, dann legte er auf. Das
passte nicht zu ihr.
Entspann dich. Sie ist in Begleitung einer
Polizistin. Wer weiß, wodurch sie aufgehalten werden. Vielleicht gibt es ein
Problem mit dem Gepäck, oder sie sind irgendwo etwas essen gegangen.
Vielleicht ist auch ihr Akku leer ... Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los,
dass etwas nicht stimmte. Er drückte die Kurzwahltaste für Montoya, der noch
vor dem zweiten Klingeln dranging.
»Hab deinen Anruf bekommen«, sagte Bentz. »Ich
habe gerade mit Hayes gesprochen. Hab ihm Informationen bezüglich der
Besitzerin des silbernen Chevy geschickt: Yolanda Salazar. Ein Verwandter hat
ihr den Wagen bar verkauft. Sie hat ihn nie umgemeldet, aber der eigentliche
Knackpunkt ist: Ihr Mädchenname lautet Valdez. Sie ist Marios große Schwester.«
»Was? Machst du Witze? Mario Valdez' Schwester«,
wiederholte Bentz perplex. An Montoyas Stimme erkannte er, dass dieser ihn
keineswegs auf den Arm nahm. Binnen Sekunden war er wieder in der dunklen
Gasse, jemand richtete eine Pistole auf Trinidad ...
Ein silberner Mondstrahl auf
dem schwarzen Lauf.
Er geriet in Panik.
»Polizei. Lassen Sie die
Waffe fallen!«, rief er.
Doch der Kerl ließ die Waffe
nicht fallen.
Er schießt! Er wird Trinidad
abknallen!
Bentz drückte ab.
Und der vermeintliche Schütze
ging zu Boden ...
Jetzt noch, zwölf Jahre später, war dieser
fatale Augenblick unauslöschlich in Bentz' Gedächtnis eingebrannt. Die Erleichterung,
seinem Partner das Leben gerettet zu haben, war bald nacktem Entsetzen
gewichen, als er feststellte, dass der Schütze noch ein Kind war, ein Junge mit
einer Spielzeugpistole. Es war ein Alptraum, den Bentz nie ganz verwinden
würde. »Ach du liebe Güte«, sagte Bentz halb zu Montoya, halb zu sich selbst.
»Sie wohnt in Encino«, fuhr Montoya fort. »Ich
habe sämtliches Material per Fax und E-Mail an Hayes geschickt, es müsste
inzwischen da sein.«
»Gut. Danke.«
Yolanda Valdez. Er
legte auf. Während er im Gang auf und ab ging, versuchte er, sich an die ältere
Schwester zu erinnern. Die Familie hatte drei Kinder gehabt. Mario war der Jüngste,
Yolanda um einiges älter, zum Zeitpunkt des Unfalls etwa zwanzig. Und dann
noch ein Bruder ... wie hatte der bloß geheißen? Franco? Frederico? Oder ...
nein, Moment ... Fernando, das war der Name. Aber Bentz konnte sich nicht
daran erinnern, dass Yolanda ausgesehen hatte wie Jennifer ... nein, das ergab
keinen Sinn. Salazar? War sie nicht bereits verheiratet gewesen? Sie hatte doch
anders geheißen! Er versuchte, sich an ihren damaligen Nachnamen zu erinnern,
aber er war ihm entfallen. Jetzt hieß sie Salazar? Rick überlegte hin und her,
versuchte, Schlüsse zu ziehen. Etwas passte nicht. Er rief noch einmal Montoya
an. Als sein Partner dranging, erzählte ihm Bentz von seiner Befürchtung. »Ich
glaube, sie war damals mit jemand anderem verheiratet. Sie hieß nicht Salazar,
sondern hatte einen englischen Namen ... Johns, nein, so auch nicht. Kannst du
das noch einmal überprüfen?«
»Alles klar, wenngleich ich überall nur auf
diese beiden Namen gestoßen bin, Valdez und Salazar. Aber ich grabe weiter.«
»Danke.«
Beunruhigt legte Bentz auf. Er machte einen
Bogen um zwei Beamte, die sich auf dem Gang unterhielten, und ging wieder ins
Dienstzimmer, wo Hayes inmitten von Papieren an seinem Schreibtisch saß.
Montoyas E-Mail war angekommen. »Schau mal.« Hayes zeigte Bentz das Führerscheinfoto
von Yolanda Salazar. »Glaubst du, das ist deine Jennifer?«
»Darauf würde ich nicht wetten.« Bentz rieb sich
kopfschüttelnd die Bartstoppeln. »Ich habe keine Ahnung, welcher Zusammenhang
zwischen dieser Frau und der Jennifer besteht, die mich verfolgt hat.«
»Wir müssen wohl noch ein bisschen tiefer
schürfen, aber jetzt werden wir erst mal in der Pathologie erwartet.« Er
deutete auf die Unterlagen. »Nimm die mit. Wir müssen los und unsere Springerin
identifizieren.« Bentz folgte Hayes zum Parkplatz und versuchte, unterwegs die
Informationen zu lesen, die Montoya geschickt hatte. Die Straßenlaternen
verströmten bereits
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