Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
gelockerten Krawatte sah Hayes
genauso erschöpft aus, wie sich Bentz fühlte. »Mir fehlen nur noch ein paar
Kleinigkeiten für die Akten.«
Bentz fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Und
die wären?«
»Heute, am Devil's Caldron - hat das Opfer da
gewusst, dass du bewaffnet warst?«
»Sie hat meine Pistole gesehen. Hat im Auto eine
Bemerkung darüber gemacht.«
»Also hast du sie mit der Waffe verfolgt.«
»Ja, aber ich habe sie nicht aus dem Holster
gezogen. Sie wusste, dass ich nicht auf sie schießen würde.«
»Woher sollte sie das wissen?«
Gute Frage. »Weil sie mich kennt. Sie weiß Dinge
über mich, die nur Jennifer wusste.« Mit sinkendem Mut räumte Bentz ein: »Es
scheint so, als würde jedes Mal, wenn ich etwas über Jennifer herausfinde, eine
ihrer Freundinnen ihr Leben dafür lassen müssen. Fast so ... ich weiß, das
klingt jetzt verrückt, aber es kommt mir tatsächlich fast so vor, als hätten
sie ihren Zweck erfüllt und wären überflüssig geworden.« Er blickte Hayes an
und schüttelte den Kopf. »Es ist echt merkwürdig. Als wäre sie mir immer ein
Stück voraus. Sie scheint meinen nächsten Schritt zu kennen, noch bevor ich
ihn mache. Verdammt noch mal, Hayes, sie wusste, dass ich am Flughafen sein würde!« Als er die Worte
aussprach, packte ihn erneut der Schreck. »O Gott«, flüsterte er, »Olivia!«
»Was sagst du?«
Seine Gedanken rasten, angetrieben von Adrenalin
und nacktem Entsetzen. »Meine Frau ... Ich habe dir doch von den Drohanrufen
erzählt, die sie bekommen hat. Was ist, wenn diese Psychopathin auch hinter ihr
her ist?«
»Aber Jennifer, oder wer auch immer sie war, ist
tot! Du selbst hast sie ins Meer springen sehen.«
»Ich weiß.« Dennoch konnte er die Furcht nicht
abschütteln, die ihn gepackt hatte.
»Außerdem hat Petrocelli sie vom Flughafen
abgeholt«, erinnerte ihn Hayes.
»Und wo zum Teufel stecken sie dann?« Ricks Puls
hämmerte in seinen Ohren. Er blickte auf die Uhr. »Vielleicht wollte sich
Olivia zuerst ein Hotel suchen? Sich irgendwo ausruhen und ihre Sache
abstellen, statt hier zu warten?«
»Niemals.« Olivia war genauso erpicht darauf
gewesen, ihn zu sehen, wie umgekehrt. Das hatte er an ihrer Stimme gehört.
Hayes lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und
warf sich die lose Krawatte über die Schulter. »Du hast diese Jennifer von der
Aussichtsplattform in den Devil's Caldron springen sehen, stimmt's? Also ist
deine Frau in Sicherheit.« Bentz war da nicht so überzeugt. Nichts ergab mehr
einen Sinn. Alles, woran er geglaubt hatte, stand Kopf. Er strich sich mit der
Hand über das mit Bartstoppeln bedeckte Kinn und versuchte, klar zu denken.
Logisch. Finde das Körnchen Wahrheit,
das sich zwischen so vielen Lügen versteckt.
»Lass uns einfach diese Vernehmung hinter uns
bringen.«
»Wir sind fertig.« Hayes stand auf und richtete
seine Krawatte. »Aber du musst noch die Frau identifizieren, die wir aus dem
Wasser gefischt haben. Es ist nicht weit bis zur Leichenhalle.« Er öffnete die
Tür und nickte in Richtung Dienstzimmer. »Martinez hilft dir, deine Sachen
abzuholen, dann können wir fahren.«
Während Hayes zu seinem Schreibtisch
hinüberging, führte Martinez Bentz den Gang hinunter zur Ausgabe. »Meine Frau
ist noch nicht aufgetaucht, oder?«, fragte er, um einen freundlichen Ton
bemüht.
»Bis jetzt nicht. Ich habe versucht, Petrocelli
auf dem Handy zu erreichen, aber sie geht nicht dran.« Riva Martinez lächelte
den Beamten an der Ausgabe an, dann begann sie, den Papierkram auszufüllen. Als
sie Bentz die Pistole reichte, warf sie ihm einen Blick zu, der Granit hätte
spalten können.
Bentz legte das Holster an und fragte sich, was
um alles in der Welt er getan hatte, um es sich mit Riva Martinez zu verderben.
Vielleicht reichte allein die Tatsache, dass sich ihre zu bearbeitenden Fälle
verdoppelt hatten, seit er nach L.A. zurückgekehrt war.
»Sie sollten längst da sein«, sagte er mit
zunehmender Besorgnis. »Es ist schließlich nicht weit.« Mit einem Achselzucken
reichte Riva ihm das Behältnis mit seinem Handy, seiner Brieftasche und den
Hausschlüsseln. »Vielleicht liegt's am Verkehr. Letzte Woche gab es einen
Unfall auf der Interstate 405, und ich bin vierzig Minuten zu spät zu meiner
Schicht gekommen!« Sie deutete mit einem Kopfnicken auf die Formulare.
»Quittieren Sie bitte hier.« Nachdem er unterschrieben hatte, reichte sie ihm
eine Kopie, dann drehte sie sich um und marschierte entschlossen den
Weitere Kostenlose Bücher