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Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

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Dann ist sie in den
vergangenen zwölf Jahren offenbar nicht gealtert. Wie ist das möglich? Komm
schon, Bentz, mach dir doch nichts vor, du wirst verrückt. »Mannomann«,
murmelte er, dann nahm er einen großen Schluck Kaffee und leerte den Satz in
ein Beet mit lavendelfarbenen und tiefvioletten Blumen.
    Er war es müde, über Jennifer nachzudenken, war
es satt, sich zu fragen, warum sein Unterbewusstsein so entschlossen zu sein
schien, sie wieder auszugraben. Er hatte versucht, diese »zufälligen«
Begegnungen zu ignorieren. Hatte sich eingeredet, dass er sie mit einer Frau
verwechselt hatte, die ihr ähnelte, dass sie durch seine nächtlichen Träume
geisterte, weil er meinte, sie tagsüber gesehen zu haben. Doch das erklärte
nicht ihr gestriges Erscheinen zwischen den Bäumen hinter seinem Haus, bei ihm
in seinem eigenen Garten. Die Male, an denen er sie an öffentlichen Orten
gesehen hatte, mochten Verwechslungen gewesen sein, aber die beiden Male, bei
denen sie allein gewesen waren - im Krankenhaus und im Garten -, waren etwas
anderes: kein Spiel von Licht und Schatten und nicht so leicht abzutun. War die
Frau, die zwischen den Bäumen gestanden hatte, ein Ausbund seiner Fantasie? Ein
Produkt seines Wunschdenkens? Fehlgezündete Synapsen eines geschädigten Gehirns?
Wer konnte das schon sagen? »Komm darüber hinweg.«
    Er pfiff nach dem Hund, dann ging er hinein,
duschte, rasierte sich und nahm sich mit einem Blick auf die Kraftbank im
Arbeitszimmer das Versprechen ab, am Nachmittag zu trainieren. Zuerst wollte er
in die Stadt fahren und noch einmal bei Jaskiel vorsprechen, wollte raus aus
den immer kleiner werdenden Zimmern des gemütlichen Cottage. Er holte seinen
Gehstock.
    Melinda Jaskiel hatte ihm weitere sechs Wochen
Ruhe aufgedrückt, und bald war die Zeit zur Hälfte um. Noch länger konnte er
nicht warten. Er war schon auf dem Weg zu seiner Chefin, um sie zu überzeugen,
dass er bereit war, seine Arbeit wieder aufzunehmen, zumindest in Teilzeit,
doch gerade als er in seinen Jeep kletterte, ohne dabei auf den Schmerz in
seinem Bein zu achten, klingelte sein Handy. Auf dem Display erschien Montoyas
Name. »Hi«, sagte er in den Hörer. »Hi. Hast du 'ne Minute?«
    Bentz wartete für einen kurzen Augenblick. Ohne
Zweifel war sein früherer Partner ein Scherzkeks. »Aber nur eine«, erwiderte er
dann trocken.
    »Können wir uns in ... sagen wir ... einer
Stunde treffen?«
    Doch kein Scherz. Montoya klang todernst.
    »Auf der Polizeistation?«
    »Nein. Wie wär's mit dem Cat's Meow?«
    »Ich bin in einer halben Stunde da.«
    »Gut.« Montoya legte auf und ließ Bentz mit
einem nagenden Gefühl im Magen zurück. Irgendwas stimmte nicht. Gab es
Gerüchte, dass Bentz gezwungenermaßen in Ruhestand gehen würde? »Mist«, sagte
er und ließ den Motor an. Der Gedanke, dass er seine Dienstmarke würde abgeben
müssen, stieß ihm übel auf. Er war nicht bereit für den Ruhestand, und er sah
sich auch nicht als Privatermittler. Er stellte die Automatik auf rückwärts,
wendete und fuhr die Zufahrt hinunter zur Straße, dann trat er aufs Gas und
machte sich auf den Weg nach New Orleans und zu Montoya, welche schlechten
Nachrichten dieser auch haben mochte.
     
    Das Cat's Meow war eine Bar in einer
Seitenstraße der Bourbon Street, die nach dem Hurrikan in ihrem ursprünglichen,
ein wenig heruntergekommenen Zustand wiederhergerichtet worden war. Selbst
frisch gestrichen sahen die Ziegelwände aus, als würden sie abbröckeln, die
geschliffenen Holzfußböden hatten genau jene Patina, die starke Beanspruchung
und viele Jahre mit sich bringen. Surreale Bilder von Jazz-Sängern hingen über
der Bar und waren so retuschiert worden, dass man meinen konnte, an ihnen hafte
der Rauch von Jahrzehnten. Das Bild von Ella Fitzgerald am Ende der Reihe war
schief aufgehängt, als wäre der Besitzer der Bar stolz darauf, nicht perfekt
zu sein. Die Klimaanlage brummte laut, Deckenventilatoren kreisten gemächlich,
und Rauch stieg von den Tischen auf, an denen sich Gruppen von Stammgästen
dichtgedrängt über ihre Drinks beugten.
    Montoya wartete in einer Sitznische auf Rick,
vor sich eine unberührte Tasse Kaffee. Er musterte Bentz kurz, der versuchte,
sich seine Schmerzen nicht anmerken zu lassen, als er dem jüngeren Cop
gegenüber auf die Bank glitt.
    »Was gibt's?«, fragte Bentz ohne Einleitung,
dann bestellte er einen süßen Tee.
    »Hab Post für dich bekommen.«
    »Du?«
    »Nun, das Department.«
    Montoya wartete, bis

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