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Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Titel: Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah Kostenlos Bücher Online Lesen
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bemerkte Martinez wie zu sich selbst, »Zahlen und
Buchstaben auf beiden Torsi, direkt unterhalb der Brüste.«
    Die Nachricht, in Neonpink auf den Rumpf der
Zwillingsschwestern geschrieben, war eindeutig: Auf jedem der beiden Opfer
stand die Geburtszeit vor einundzwanzig Jahren und der Todeszeitpunkt heute
kurz nach Mitternacht - genau einundzwanzig Jahre später. Auf die Minute
genau. Als hätte es dem Killer besonderes Vergnügen bereitet, das Leben der
Mädchen genau in dem Moment auszulöschen, in dem sie volljährig wurden.
    »Verflucht.« Hayes war eiskalt trotz der
stickigen Hitze in dem kleinen Lagerraum. Lucille und Elaine Springer waren im
Abstand von vierzehn Minuten auf die Welt gekommen, und in exakt diesem Abstand
waren sie auch gestorben. Zweifelsohne hatte die jüngere der beiden - Elaine,
geboren um ein Uhr eins - Lucys grauenhaften Tod um null Uhr siebenundvierzig
mit angesehen. Vermutlich waren sie mit demselben Band stranguliert worden, das
jetzt um Haar, Handgelenke und Fußknöchel gebunden war und als Knebei in ihrem
Mund steckte. Hayes nahm an, dass sich auf dem Haarband ebenfalls Hautpartikel
nachweisen lassen würden, dort, wo sich das Gewebe tief ins weiche Fleisch am
Hals der Mädchen eingegraben hatte. Er wusste, dass man an dieser Stelle auf
weitere Würgemale stoßen würde: Die Opfer waren mit einer Art Lederriemen
überwältigt und schließlich mit dem dicken roten Band, in das ein dünner,
scharfer Draht eingewebt war, getötet worden. Jedes Mädchen hatte exakt
einundzwanzig Jahre gelebt. Genau wie die Caldwell-Zwillinge, der letzte
Mordfall, den Bentz hier in L.A. bearbeitet hatte. Der Fall, der auf Eis gelegt
worden war, als er um seine Entlassung ersuchte. Hayes hasste es, das zugeben
zu müssen, doch diesmal hatte Bledsoe nicht ganz unrecht.
    Warum waren die Springer-Zwillinge gerade jetzt
umgebracht worden, nur ein paar Tage, nachdem Rick Bentz nach L.A.
zurückgekehrt war?
     
    12
     
    »Das ist doch albern!« Olivia starrte auf das
Handy in ihrer Hand. Es machte sie nervös, Bentz anzurufen. Wie lächerlich! Sie
hatte nie zu den Frauen gezählt, die schüchtern oder befangen waren, und an
Selbstbewusstsein hatte es ihr auch nie gemangelt. Trotzdem saß sie jetzt im
Schneidersitz im Wohnzimmer, eine kalte Tasse Tee vor sich auf dem Couchtisch,
und war sich unsicher, was sie tun sollte. Harry S. hatte es sich am anderen
Ende des bequemen Sofas gemütlich gemacht, eine von Bentz' alten Springsteen-CDs
lief im Hintergrund, und doch war die heimelige Atmosphäre wenig ermutigend.
Sie war wie gelähmt. Wusste nicht, ob sie Rick anrufen sollte oder nicht.
    Obwohl sie gesehen hatte, dass er zu einem
früheren Zeitpunkt versucht hatte, sie zu erreichen, ohne eine Nachricht zu
hinterlassen.
    »Ach, zum Teufel«, sagte sie und drückte die
Kurzwahltaste.
    Er nahm vor dem zweiten Klingeln ab. »Hey«,
sagte er, glücklich - oder eher erleichtert? -, von ihr zu hören. »Selber hey.«
    »Was gibt's?«
    »Ich wollte mich nur mal melden.« Sag's ihm. Sag es ihm jetzt. Du musst nicht warten, bis er
zurückkommt. Lass ihn wissen, dass du ein Baby erwartest. Ganz egal, wie er reagiert:
Du freust dich wahnsinnig über die Schwangerschaft und hast sogar schon damit
begonnen, dir Babysachen anzuschauen und zu überlegen, wohin du die Wiege
stellen willst. »Was machst du gerade?«
    »Ich fahre nach San Juan Capistrano.«
    »Zu der Mission? Warum? Suchst du nach
Schwalben?«, neckte sie ihn und erinnerte ihn an das Phänomen, dass alljährlich
die Schwalben zu der alten spanischen Mission von San Juan Capistrano
zurückkehrten. »Wusste gar nicht, dass du ein Vogelbeobachter bist.«
    »Zu spät für die Schwalben, nehme ich an. Sie
kommen im Frühling.«
    »Warum dann?«, hakte sie nach.
    »Ich muss diese Absteige von Motel finden.«
    »Wegen Jennifer?«
    Zögern, dann: »Vielleicht.«
    »Hast du sie wieder gesehen?« Sie konnte den
Sarkasmus in ihrer Stimme nicht verbergen. Wem machte er etwas vor? »Ich weiß
es nicht.«
    Am liebsten hätte sie ihm gesagt, wie albern er
sich benahm, doch sie verkniff sich die scharfe Bemerkung und begab sich auf
weniger unsicheres Terrain. »Wie geht es dir? Und deinem Bein?«
    »Es ist noch dran.«
    »Machst du deine Übungen?«
    »Jeden Tag.«
    »Schwindler.« Sie lachte und hörte ihn glucksen.
»Was gibt's Neues bei dir?«
    Sie nahm all ihren Mut zusammen, beschloss, dass
sie einfach damit herausplatzen und die Dinge laufen lassen würde, als Harry

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