Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
Vegetation, den Nummern- und Straßenschildern
übereinstimmt. Das Straßenschild auf dem Bild ist vom Colorado Boulevard. Ich
habe die Fotos vergrößert, um die Zeitungsüberschriften lesen zu können: Die USA Today und die L.A. Times sind vom Donnerstag vor
zwei Wochen, die Überschriften stimmen mit dem Datum überein. Wir haben
versucht, das Spiegelbild des Fotografen in der Scheibe sichtbar zu machen, doch
vergeblich. Ich habe ein paar unvollständige Nummernschilder von Autos aufgelistet,
die in der Gegend parkten, außerdem Marke und Modell für den Fall, dass dein
Fotonarr versehentlich seinen eigenen Wagen geknipst hat, vorausgesetzt, es
war nicht der Impala.
Was die Sterbeurkunde betrifft: keine DNS auf
der Umschlagklappe. Wir haben die Fingerabdrücke durch die nationale
Datenbank laufen lassen. Keine Treffer im AFIS, dem Automatisierten
Fingerabdruck-Identifizierungssystem. Die rote Tinte stammt aus einem Füller
der Marke Write Plus, den man überall in den USA und auch in Kanada kaufen
kann, aber in den Weststaaten ist er verbreiteter. Das Dokument - die
Sterbeurkunde - ist echt und über zehn Jahre alt, das können wir aufgrund des
Papiers sagen. Das ist alles.« Lee klang beinahe entschuldigend. »Ich weiß
nicht, ob dir das weiterhilft oder nicht.«
»Ihr habt meine Erwartungen übertroffen«, sagte
Montoya. »Das wird auf alle Fälle hilfreich sein.«
»Gut. Ich habe die Untersuchungsergebnisse hier.
Ich kann sie dir per E-Mail schicken, oder du nimmst dir einen Ausdruck mit,
wenn du vorbeikommst, um die Originale abzuholen. Es handelt sich ja nicht um
aktive Ermittlungen.«
»Ich hole sie heute Nachmittag ab«, versprach
Montoya und legte auf. Er hatte alles ihm Mögliche für Bentz und seine
verdammte Gespensterseherei getan. Jetzt würde er ihn anrufen und ihm die
Untersuchungsergebnisse mitteilen. Vielleicht würde Bentz dann zur Vernunft
kommen und zu seiner echten, leibhaftigen Gattin zurückkehren. Es war Zeit, die
Suche nach einer Frau zu beenden, die es längst nicht mehr gab.
16
Lorraine Newell wohnte in einem in die Jahre
kommenden dreigeschossigen Haus in einer Sackgasse in Torrance, südlich vom
Herzen von L.A. Der apricotfarbene Anstrich blätterte in der starken Sonne ab,
der Rasen war fleckig, das Gras gelb an den Stellen, die die Rasensprenger
nicht erreichten. Das Ganze war ziemlich weit entfernt von dem Palast, auf den
Lorraine, die Möchtegernprinzessin, gehofft hatte.
Obwohl Bentz fünfzehn Minuten zu früh war, flog
die Tür auf, sobald er den Klingelknopf gedrückt hatte - als hätte Lorraine im
Flur gehockt und darauf gewartet, dass die melodische Glocke Bentz' Ankunft
verkündete. »Rick Bentz«, sagte sie kopfschüttelnd, und ihr dunkles Haar streifte
ihr Kinn. Jennifers Stiefschwester war seit ihrer letzten Begegnung keinen Tag
gealtert. Wie ein Mitglied eines Königshauses gab sie sich herrisch und
überlegen, trotz der Tatsache, dass sie in hohen Absätzen kaum eins fünfundsechzig
groß war. Lorraine hatte Bentz nie gemocht und nie ein Hehl daraus gemacht.
Auch heute hielt sie sich nicht mit einem falschen Lächeln oder gar einer
Umarmung auf, was Rick sehr gelegen kam. Kein Grund zur Heuchelei. »Du bist der
letzte Mensch, den ich hier erwartet hätte«, sagte sie. Dann gab sie die
Eingangstür frei und führte ihn in ein Wohnzimmer aus den späten Achtzigern,
als Earl, ihr Mann, der Autohändler gewesen war, noch gelebt hatte. Bentz
erinnerte sich an die karierten, um eine lange, tannengrüne Couch gruppierten
Sessel und den marmorverkleideten Kamin vor der verspiegelten Wand, die dem
Raum eine sonderbare Rummelplatzbuden-Atmosphäre verlieh. Die künstlichen
Pflanzen hatten Staub angesammelt, die Bücher über Kalifornien und Weine waren
dieselben wie vor fast einem Vierteljahrhundert.
»Setz dich«, sagte Lorraine und zeigte auf einen
Sessel, während sie selbst auf der Armlehne des Sofas Platz nahm. Sie trug eine
enganliegende Jeans, ein schwarzes Tank-Top und Ballerinas. Nicht unbedingt
das, was Bentz unter Geschäftskleidung verstand, und ganz und gar ungeeignet
für eine Verabredung zum Abendessen mit einem Klienten, doch er hatte nie die
wohldurchdachte Lässigkeit der Südkalifornier durchschaut.
Lorraine kam direkt auf den Punkt. »Warum fängst
du wieder von Jennifers Tod an?« Sie malte mit den Fingern Anführungszeichen
in die Luft und sprach weiter: »Wie du weißt, war mir dieser >Unfall<
immer schon suspekt. Ich habe nie an diese
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