Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
Selbstmordversion geglaubt. Sie war
eine Drama-Queen, das ja, aber ein Autounfall zum Sterben?« Sie schüttelte den
Kopf. »Nicht Jens Stil. Tabletten, vielleicht ... aber ich halte selbst das
für weit hergeholt. Auch wenn sie ein wenig zur Selbstzerstörung neigte, kann
ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie sich das Leben genommen
hat.« Sie blickte Bentz an. »Jennifer zählte eher zu den Menschen, die einen
Selbstmord vortäuschen, um Aufmerksamkeit zu erheischen. Doch wirklich gegen
einen Baum fahren? Schnittverletzungen riskieren? Sich verstümmeln? Niemals.
Dazu hätte sie nie den Mut gehabt.
Schließlich wäre es möglich gewesen, dass sie
überlebt, voller Narben oder verkrüppelt!« Wieder schüttelte Lorraine
nachdrücklich den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein.«
Er zeigte ihr die Abzüge von den Fotos, die
Sterbeurkunde hielt er zurück.
»Ach du lieber Gott. Das ... das sieht ja
wirklich so aus, als wäre es Jen! Das muss ein Schwindel sein, jemand, der ihr
so ähnlich sieht, dass einer deiner Feinde - vielleicht jemand, den du hinter
Gitter gebracht hast - beschlossen hat, dir einen Streich zu spielen.« Sie hob
den Blick von den Fotos ihrer Stiefschwester und sah Bentz an. »Sieht so aus,
als wäre es ihm gelungen.«
Wenn du wüsstest. Er
dachte an die Frau in seinem Garten, an die Träume, die er von Jennifer hatte.
»Ich versuche nur, dem Ganzen auf den Grund zu gehen.«
»Ein paar Bilder von einer Doppelgängerin
ergeben noch keinen Fall. Deswegen hättest du doch nie die weite Strecke
zurückgelegt.« Sie runzelte die Stirn. »Es steckt mehr dahinter, hab ich
recht? Etwas, das dich dazu gebracht hat, nach Kalifornien zurückzukehren.«
»Ich hatte ein bisschen Freizeit.«
»Noch ein Department, das versucht,
Ausschussware loszuwerden?«
»Es geht nicht nur um die Fotos, Lorraine. Ich
glaube, ich habe sie gesehen.«
»O mein Gott.« Sie drückte ihre schmale Hand
gegen die Stirn. »Das wird ja wirklich verrückt. Und nun? Willst du wissen, ob
ich mit ihr in Kontakt getreten bin? Vielleicht etwas mit ihr getrunken oder
sie zum Essen eingeladen habe?«
Er erwiderte nichts. Nicht selten, so hatte er
herausgefunden, war es das Beste, die Leute wettern zu lassen. Wenn er
schwieg, erfuhr er oft mehr, als wenn er eine Reihe direkter Fragen abfeuerte.
»Nun, diesmal hast du offenbar wirklich den Verstand verloren. Das ist einfach
nur verrückt.« Lorraine trat an das große Wohnzimmerfenster. Draußen schwirrte
ein Kolibri um die tiefvioletten Blüten des Kletterweins, der sich zur
Dachtraufe hinaufwand. »Weißt du, Rick«, sagte sie, »du bist wirklich von der
Rolle. Wäre Jennifer am Leben, würde ich es wissen. Sie hätte sich bei mir
gemeldet. Wo hätte sie sich all die Jahre verstecken sollen? Außerdem: Wenn sie nicht die Frau im Auto
war, wer dann? Warum hast du dann
die falsche Frau identifiziert? Erzähl mir nicht, du wärst betrunken gewesen.«
»Natürlich nicht! Ich dachte ... dass sie es
war, die hinter dem Steuer saß.«
»Aber jetzt bist du dir nicht mehr sicher? Weil
Fotos von einer Frau aufgetaucht sind, die ihr ähnlich sieht? Weil du glaubst, du hast sie gesehen?«
Bentz ignorierte Lorraines Fragen. »Woran
erinnerst du dich, wenn du an das letzte Mal denkst, als du sie lebend gesehen
hast?«
»O Gott, du willst es wirklich wissen«, sagte
sie und zog sich in ihre harte Schale zurück.
»Sicher, Lorraine. Warum sollte ich ein Blatt
vor den Mund nehmen?«
Ihre Lippen verzogen sich ablehnend, ihre
Nasenflügel bebten. »Okay, sie hat mich ein paar Tage vor dem Unfall angerufen.
Sie war außer sich, vielleicht betrunken, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall
ziemlich daneben. Als ich sie gefragt habe, was los sei, hat sie dich für
ihren Zustand verantwortlich gemacht, behauptet, du würdest nicht glauben,
dass sie dich liebt, und dass sie das auffrisst. Ich wusste von ihrem
Seitensprung, aber aus irgendeinem Grund war sie stinksauer auf dich. Nun ...
auf dich und auf
den Priester. Er war dein Halbbruder, nicht wahr?« Bentz wurde übel, aber sein
Gesicht blieb ausdruckslos. »Sonst noch was?«
»Nichts, was dich betrifft. Manchmal denke ich
zurück und wünschte, sie wäre bei Alan Gray geblieben, dann wäre sie heute noch
am Leben. Am Leben und reich. Doch stattdessen ...« Sie zuckte die Achseln.
»Ich habe ihr gesagt, dass sie einen Fehler macht, wenn sie Alan verlässt, aber
sie wollte nicht auf mich hören.«
Rick stand auf und gab
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