Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail
Gesten eine Menge. Wenn ich ihm jemals wieder in einer dunklen Gasse begegnete, könnte er mich immer noch fressen – aber er würde zögern.
Ich lächelte selbstzufrieden. »Jeder, der länger als zwei Minuten
mit dir gesprochen hat, weiß, dass du Frauen hasst. Ich glaube, ich kann an den Fingern einer Hand abzählen, wann du auch nur das Wort ›Frau‹ ausgesprochen und es nicht durch einen Hinweis auf weibliche Genitalien ersetzt hast.«
»Heh, so schlimm ist er auch wieder nicht«, sagte Warren. »Nur manchmal nennt er sie Kühe oder Nutten.«
Ben zeigte mit dem Finger auf Warren – ich nehme an, man hatte ihm keine besseren Manieren beigebracht. »Und das ausgerechnet von jemandem, der keine …« Er musste tatsächlich innehalten und das Wort abändern, das er verwenden wollte. »… äh, Frauen mag.«
»Ich mag Frauen sehr gern.« Warren schob den letzten Rest Reis zusammen, um ihn auf die Gabel zu bekommen. »Mehr als die meisten Männer. Ich will nur nicht mit ihnen schlafen.«
Mein Handy klingelte, und ich atmete tief ein und bekam ein Stück Pfeffer in den Hals. Hustend, würgend und mit tränenden Augen fand ich das Telefon und hielt es Warren hin, so dass er antworten konnte, während ich mir ein Glas Wasser holte.
»Also gut«, sagte er. »Wir bringen sie hin. Weiß sie, wo das ist?« Er sah mich an und murmelte: »Siedhe.«
Ich nickte und spürte, wie sich mein Magen zusammenzog. Ich wusste, wo es war.
4
W ir fuhren durch ein offenes, schmiedeeisernes Tor in einen hell beleuchteten Hof vor einem großen Haus im Hazienda-Stil, dem Heim der Siedhe der Tri-Cities. Warren stellte seinen verbeulten Pickup hinter einem BMW in einer Einfahrt ab, in der sich bereits viele Autos befanden.
Als ich zum letzten Mal hier gewesen war, war ich mit Stefan gekommen. Er hatte uns durch den Hintereingang hineingebracht, durch ein kleines Gästehaus weiter hinten im Hof. Diesmal gingen wir direkt zur Haustür des Haupthauses, und Warren klingelte.
Ben witterte nervös. »Sie beobachten uns.« Ich roch es ebenfalls.
»Ja.« Von uns dreien war Warren sichtlich am wenigsten beunruhigt. Er war nicht der Typ Mann, der sich um Dinge Sorgen machte, die noch nicht geschehen waren.
Beobachtet zu werden an sich machte mich nicht nervös. Aber was würde geschehen, wenn die Vampire mir nicht glaubten? Wenn sie glaubten, dass Stefan die Beherrschung verloren hatte? Wenn sie nach seiner Erinnerung gingen, würden sie ihn hinrichten. Heute Nacht noch. Vampire duldeten niemanden, der ihre Sicherheit und die Geheimhaltung der Siedhe gefährdete.
Ich war kein Vampir, und mein Wort würde hier nicht viel Gewicht haben – falls sie mir überhaupt zuhörten.
Ich war mir nie sicher gewesen, was Stefan mir gegenüber wirklich empfand. Man hatte mir beigebracht, dass Vampire nicht in der Lage seien, Zuneigung für Wesen außerhalb ihrer eigenen Art zu empfinden. Sie taten vielleicht so, aber sie hatten bei allem, was sie machten, einen Hintergedanken. Aber selbst wenn Stefan nicht mein Freund war, war ich doch mit ihm befreundet. Wenn sein Tod meine Schuld sein würde, weil ich einen Fehler beging oder etwas Falsches sagte … ich musste einfach alles richtig machen, musste sie dazu bringen, mich anzuhören.
Mit einem seltsamen Knarren öffnete sich die Tür. Niemand war zu sehen.
»Fehlt nur noch die unheimliche Musik«, sagte ich.
»Sie geben sich wirklich alle Mühe«, stimmte Warren mir zu. »Ich frage mich, wieso sie sich so anstrengen, dir Angst einzujagen.«
Ben hatte sich ein bisschen beruhigt, wahrscheinlich, weil er Warrens Beispiel nacheiferte. »Vielleicht fürchten sie uns.«
Ich erinnerte mich an die Vampire, denen ich hier das letzte Mal begegnet war, und war mir ziemlich sicher, dass Ben sich irrte. Sie hatten keine Angst vor Samuel gehabt. Ich hatte gesehen, wie Stefan seinen VW-Bus ohne Wagenheber hochstemmte, und die Siedhe war voller Vampire. Wenn sie mich zerreißen wollten, würden sie das tun, und Warren oder Ben (wenn ihm denn danach zumute war) würden mir nicht helfen können. Sie fürchteten uns nicht. Vielleicht jagten sie Leuten einfach gerne Angst ein.
Warren musste das Gleiche gedacht haben, denn er sagte: »Nein, sie spielen nur mit uns.«
Vorsichtig betraten wir das Haus, Warren zuerst, dann ich und Ben als Nachhut. Es wäre mir lieber gewesen, wenn Ben vor mir gegangen wäre. Er hatte vielleicht nichts dagegen, eine Kugel abzufangen, die für Adam bestimmt war, aber für
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