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Meridian

Titel: Meridian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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Schichten in die Form. Fang mit der Sauce an.« All das sagte er, ohne mich anzusehen. Er würdigte mich keines Blicks.
    Ich tunkte wie befohlen die Schöpfkelle in den Topf. »Woher kommst du eigentlich?«
    »Von irgendwo her.« Tens verteilte die Sauce mit dem Ende einer Nudelplatte und stapelte weitere Nudeln darauf. Er hatte mich immer noch nicht angeschaut.
    Ich beschloss, ihn zu schockieren, damit er mich endlich zur Kenntnis nahm. »Bist du das uneheliche Kind der Tante?«
    Wenn er gerade etwas getrunken hätte, wäre vermutlich Flüssigkeit aus seiner Nase gespritzt. So blinzelte er nur und sah mich argwöhnisch an. »Das soll wohl ein Scherz sein, richtig?«
    »Keine Ahnung. Du bist hier. Sie ist hier. Es ist, als wohntest du schon immer in diesem Haus und würdest hierhergehören.« Den Zusatz, dass er besser in diese Umgebung passte als ich, sparte ich mir. »Bist du sicher, dass du nicht auch eine Fenestra bist?«
    »Was hast du um Himmels willen mit deinen Haaren gemacht?«, platzte er jetzt heraus.
    Ich fühlte mich zwar wie nach einer Ohrfeige, reckte jedoch stolz das Kinn. »Mir gefällt es so.« Ich klatschte die klumpige Käsemischung auf die Nudeln und die Sauce.
    Tens schob mich mehr oder weniger unsanft beiseite. »Aha. Und warum?«
    »Warum was?«
    »Warum hast du dir die Haare abgeschnitten?«
    »Weil ich Lust dazu hatte. Bist du eine Fenestra?«
    »Ich finde es scheußlich.« Er wandte sich ab.
    »Ich habe es ja auch nicht für dich getan.« Aber ich hatte mir so sehr gewünscht, dass es ihm gefallen würde. Am liebsten hätte ich geknurrt, die Zähne gefletscht und zugebissen. »Also, wer bist du?«
    »Niemand.«
    »Schon gut. Und ich bin Oprah Winfrey.«
    »Wer?« Tens schob die Lasagne ins Backrohr und stellte die Zeitschaltuhr ein.
    »Willst du mir nicht endlich antworten?«
    »Nein.« Er schickte sich an zu gehen.
    »Soll das alles sein? Du sagst einfach nein und drehst dich weg?« Am liebsten hätte ich wie ein trotziger Balg mit den Füßen gestampft. Immer wieder sorgte er dafür, dass ich mich wie ein Kind fühlte. Und gleichzeitig wie eine Frau. Wie war das möglich?
    »Thema erledigt.«
    »Du musst es mir erzählen. Das bist du mir schuldig.«
    »Nein, bin ich nicht.«
    »Du alter Muffkopf.«
    Er zuckte mit den Achseln, widersprach mir nicht, hielt es aber auch nicht für nötig, sich zu entschuldigen.
    »Wer möchte Pizza zum Abendessen?« Tante Merry kamin die Küche geschlüpft, als spüre sie nichts von der Anspannung, die zwischen uns herrschte. Im nächsten Moment sah sie uns beide an und hielt inne. »Ach, herrje, was ist denn hier los?«
    Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte.
    Seufzend wischte sich Tens die Hände an einem Geschirrtuch ab, schwieg jedoch ebenfalls.
    Meine Tante verschränkte die Arme vor der Brust und ließ sich nicht so leicht abwimmeln. »Was ist passiert? Tens, ich bemerke sogar von hier aus, dass dir eine Laus über die Leber gelaufen ist. Schon vergessen, dass ich nicht mehr lange zu leben habe? Sterbende haben keine Zeit für alberne Mätzchen.«
    Ich erbleichte.
Wie kann sie das so auf die leichte Schulter nehmen?
    »Kleines, was hast du denn mit deinem Haar gemacht?« Sie bauschte es mit den Händen auf. »Mir gefällt es.«
    Tens schnaubte.
    Ich blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
    »Ach, ich verstehe. Da liegt der Hund begraben.« Lachfältchen entstanden um ihre Augen. »Tens, raus mit der Sprache. Was bedrückt dich? Setzt euch hin.« Sie scheuchte uns zum Tisch.
    »So habe ich es nicht gemeint.« Tens streckte die Hand nach mir aus, zog sie aber sofort wieder zurück. »Tut mir leid.«
    Ich war nicht sicher, ob er sich für seine Bemerkungen von vorhin entschuldigte oder dafür, dass er mich beinahe berührt hätte. »Danke.«
    »Und?«, hakte die Tante nach.
    »Wie soll ich das schaffen? Ganz allein?«, fragte Tens.
    »Du meinst, ein Wächter zu sein?« Sie schien genau zu wissen, wovon er sprach. Dann wandte sie sich an mich. »Hat er dir schon erklärt, was seine Rolle sein wird?«
    Tens schüttelte den Kopf.
    »Offenbar nicht.« Ich beobachtete, wie er an der Tischplatte herumwienerte.
    »Soll ich?«, fragte Tante Merry.
    Er nickte.
    »Die Schöpfer lassen die Fenestrae durch Kriegerengel bewachen, über die wir bereits ein wenig geredet haben. Außerdem bedienen sich die Schöpfer Menschen, die sich von ihrem Glauben oder einem inneren moralischen Kompass gedrängt fühlen zu helfen. Manchmal wissen diese Menschen gar

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