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Meridian

Titel: Meridian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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Aber warum wendet er sich nicht direkt an sie? Das verstehe ich nicht.«
    Lautstarkes Klopfen an der Eingangstür ließ uns aus dem Zimmer und die Treppe hinunterhasten.
    Tens stieß einen Fluch aus. »Es ist Perimo. Was will der denn hier?«
    »Beschützt du mich?«, fragte ich und öffnete die Tür, als er nickte.
    »Guten Abend. Ich habe gehört, es hätte hier ein paar Schwierigkeiten gegeben, und wollte Ihnen meine Dienste anbieten. Wie hat Meridian senior die Sache verkraftet?«
    Tens stand stocksteif hinter mir. Meine Instinkte schrien mir etwas zu, doch ich konnte sie nicht verstehen. »Es geht ihr gut«, erwiderte ich.
    »Sind Sie sicher? Mir ist zu Ohren gekommen, dass sie sich nicht wohl fühlt. Vielleicht sollte ich mit ihr beten. Esist noch Zeit, ihre Seele zu retten.« Perimo machte einen Schritt vorwärts, als wolle er eintreten.
    Aber ich blieb stehen und ließ ihn nicht vorbei. »Zeit, bevor
was
geschieht?«
    »Sie ist nicht mehr die Jüngste, Miss Sozu. Ihre Tage sind gezählt.«
    Ich hörte, wie Tante Merry nach uns rief. Tens zögerte, bis ich ihm einen Schubs gab, damit er ging, um nach ihr zu sehen. »Was soll das heißen, dass ihre Tage gezählt sind?«
    »Das neue Jahr hat beinahe angefangen, richtig? Ein neuer Morgen graut. Ich bin als Seelsorger hier, so wie ich alle meine Brüder besuche.«
    Daran, wie der Blick des Reverend sich verfinsterte, erkannte ich, dass Tens zurückgekehrt war. Als Perimo sich zu vol ler Höhe aufrichtete, verschlug es mir vor Schreck die Sprache.
    Perimos Stimme wurde leise und rauh. »Die Zeit ist da. Das Ende ist nah. Sie wollen doch nicht unhöflich zu mir sein.«
    »Wirklich nicht?«, entgegnete ich.
    »›Kindlein, es ist letzte Stunde, und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind auch jetzt viele Anti-christen entstanden; daran erkennen wir, dass es letzte Stunde ist.‹«
    Ich knallte ihm die Tür vor der Nase zu. »Lassen Sie sich nie wieder hier blicken!« Als ich endlich hörte, wie er die Stufen zur Veranda hinunterging, lehnte ich erschöpft die Stirn an die Tür und fragte mich, ob er die Macht besaß, mir mein Verhalten von gerade eben heimzuzahlen.
     
    Ich traf Tens im Schlafzimmer der Tante an, wo er ein leises Gespräch mit ihr führte. Darin schien es hauptsächlich darum zu gehen, dass sie uns nicht wehrlos zurücklassen wollte. Da es Tens offenbar nicht gelang, sie vom Gegenteil zu überzeugen, unterbrach ich die beiden. »Kann ich etwas für dich tun?«
    Tens wich meinem Blick aus.
    Tante Merry schüttelte den Kopf und wollte wieder wegdämmern.
    Frag sie. Frag sie. Frag sie.
»Tante.« Ich zog mir einen Stuhl dicht ans Bett und beugte mich vor. »Ich muss dich etwas fragen.«
    Ihre Augen blieben geschlossen. »Was denn?«
    »Ich glaube, Charles ist ein Geist. Er ist hier.«
    »Mein Charles ist fort, Kleines.« Sie seufzte.
    »Nehmen wir einmal an, dass ich recht habe. Warum wendet er sich nicht direkt an dich?«
    »Er konnte es nicht … im Buch … die Energie wandelt sich … Aufforderung …« Mit jedem Wort wurde ihre Stimme leiser und die Anstrengung größer.
    »Tante?«, hakte ich nach.
    Tens kam näher. »Sie schläft, Meridian. Ich denke, sie kann jetzt nicht antworten.«
    »Was ist, wenn es stimmt?«
    »Steht in dem Tagebuch etwas darüber?«, erkundigte sich Tens.
    »Wollen wir’s hoffen.« Ich stürmte hinaus, um das Buch zu holen. Bis jetzt hatte ich erst einen etwa daumendicken Teil davon gelesen. Die Handschrift war häufig so winzig und außerdem mit Tinte und Federkiel geschrieben, dass ich sie kaum entziffern konnte.
    Ich schleppte den Wälzer ins Arbeitszimmer, machte Licht und blätterte in dem Buch herum, bis ich zu schielen begann. Stunden vergingen. Custos kam herein und ließ sich zu meinen Füßen nieder.
    Tens brachte mir eine Kanne Tee und noch ein Stück Schokoladenkuchen. »Kann ich dir helfen?«
    »Schade, dass wir das Buch nicht aufteilen können.« Aber das war natürlich unmöglich. »Leistest du mir einfach Gesellschaft?«
    »Klar.« Tens setzte sich neben mich und holte seine Schnitzutensilien hervor. Alle paar Minuten schlich er sich hinaus, um nach Tante Merry zu sehen.
    Wir leerten die Teekanne. Ich versuchte, nicht auf die Zeiger der Uhr zu achten.
    Schließlich seufzte ich verzweifelt, bereit, für diese Nacht das Handtuch zu werfen.
    »Ich denke, du bist auf einer heißen Spur.«
    »Wirklich?« Ich sah ihn an.
    »Du hast gute Instinkte. Hör auf sie.« Er wirkte verlegen. »Und ich

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