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Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Titel: Merkels Tochter. Sonderausgabe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Merkel, und es war nicht mal ein völlig leeres Versprechen. Er hatte ja vor, Kurt anzurufen
– nachdem er von Ohloff gehört hatte, was er hören wollte. Und was er tun wollte, betrachtete er nicht als Dummheit.
Freitags stand er erneut vor dem Wohnblock, mit dem Dolch unter der weit geschnittenen Jacke. Er kam sogar noch einmal bis ins Haus, weil wieder jemand die Haustür nicht hinter sich zuzog. Sicherheitshalber stieg er sofort ins vierte Stockwerk hinauf, damit ihn nicht Lukas Heinen oder sonst einer erwischte. Und dann hatte er Glück.
Um die Mittagszeit kam ein Mann die Treppen herauf, klopfte an Ohloffs Tür. Ein Bauarbeiter in Arbeitskleidung. Merkel ging nach unten wie einer, der im vierten Stock wohnt, und sprach den Mann an. «Da bemühen Sie sich vergebens. Herr Ohloff ist seit Tagen weg.»
«Hätte ich mir denken können», antwortete der Mann.
«Das ist ein verrückter Hund. Wenn der ein Weib hat, vergisst er alles andere, sogar, dass er noch Geld zu kriegen hat.»
«Sie meinen, er ist bei einer Frau?», fragte Merkel.
Der Mann grinste. «Wie man’s nimmt, sie ist eine Nutte. Vor ein paar Wochen hat er sie noch wärmstens weiterempfohlen. Und plötzlich macht er auf Beschützer. Ich werde ihn da jedenfalls nicht besuchen. Wenn er meint, er braucht sein Geld nicht, ist das nicht mein Bier. Sein Zuckertäubchen macht auch wahrscheinlich in einer Woche mehr Kohle als unsereins im halben Jahr.»
«Können Sie mir die Adresse geben?», bat Merkel. «Ich habe in den letzten Tagen Post für ihn angenommen, auch ein Einschreiben. Es wäre vielleicht besser, wenn er das schnell bekommt.»
Der Mann nickte, grinste immer noch. «Wenn Sie es so wollen, aber sagen Sie nachher nicht, Sie wären nicht gewarnt worden. Achten Sie auf sein rechtes Auge. Wenn es da drunter zu zucken anfängt, wird es kritisch. Wenn es nicht zuckt, können Sie ihm ja auch sagen, dass er sich im Personalbüro melden soll. Wenn er das nicht tut, sacken die seinen Restlohn ein.»
Er nannte Merkel eine Adresse, auch den Namen der Frau, bei der er Ohloff vermutete. Natascha Parlov, eine Russin oder Polin, die aus dem Osten hergelockt worden war, um irgendeinen alten Knacker zu heiraten. Aber der hatte ihr so wenig gefallen, dass Natascha sich selbständig gemacht hatte.
Und so hatte Ohloff sie kennen gelernt, zu Anfang in den höchsten Tönen geschwärmt, weil sie ihm ein unvergleichliches Erlebnis beschert hatte. Jedem Kollegen am Bau hatte er wärmstens ans Herz gelegt, sie auch mal zu besuchen. Hundertfünfzig die Stunde, fünfhundert die ganze Nacht, aber das sei kein rausgeworfenes Geld.
Das erzählte der Arbeiter auf dem Weg nach unten. Ja, und dann hätte Ohloff festgestellt, dass Natascha auch ein Mensch sei und nicht bloß ein exquisites Verkehrsmittel. Wie ihm plötzlich diese Erleuchtung gekommen sei, konnte sein ehemaliger Kollege sich nicht erklären. Jedenfalls hätte Ohloff zwei Männer tätlich bedroht, als sie seiner Empfehlung folgen wollten. Und einen, der das bereits getan hatte, fast vom Gerüst gestoßen. Das war der Grund, warum er seine Papiere bekommen hatte.
Sie verließen das Haus gemeinsam. Der Bauarbeiter ging zu einem Wagen, den er am Straßenrand abgestellt hatte. Merkel lief zur Straßenbahnhaltestelle. Mit der Bahn waren es nur zwei Stationen. Er war ganz ruhig, auch dann noch, als er vor einem Hochhaus stand. Eine Unmenge von Klingeln, eine Unmenge von Namen auf kleinen Plättchen neben den Klingelknöpfen. Parlov fand er in der neunten Reihe links.
Und auf dem Weg zu dem Hochhaus war er an Ohloffs Kadett vorbeigekommen. In dem Moment hatte er einmal kurz seinen Herzschlag gefühlt, als ob es mit dem Auftauen da drin schon losgegangen wäre. Vielleicht war es auch nur der Triumph, doch schneller gewesen zu sein als Kurts Männer.

32. Kapitel
    Merkel drückte den Klingelknopf, fühlte die beiden Riemen am linken Oberarm, vergewisserte sich mit einem raschen Blick noch einmal, dass sich weder Scheide noch Dolchgriff unter dem Jackenstoff abzeichneten, prüfte auch noch einmal, obwohl er das schon zigmal getan hatte, ob der Dolch sich leicht ziehen ließ. Der Griff rutschte ihm auf Achselhöhe fast von selbst in die Hand. Ein wunderschönes Messer, damit konnte man einen Menschen bluten lassen, bis kein Tropfen mehr drinnen war. Er musste nur darauf achten, dass Ohloff nicht seinen Arm packte, das tat er gerne mal.
    Er hörte die Stimme einer Frau, jung, hart und trotzdem müde, vielleicht auch nur verzerrt

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