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Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Titel: Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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erkannte. Es machte also Sinn, dass es bei mir ebenso war. Hatte ich nicht bereits etwas getan,
     das Tuatha mit all seiner Magie nie versucht hatte? Ich lächelte vor mich hin. Selbst die wabernden Nebel rings um diese Insel
     konnten mir nicht widerstehen.
    Als wir uns der blühenden Harfe näherten, stockte meiner Mutter vor Erstaunen der Atem. Da ich ihreLiebe zu allem Lebendigen und Wachsenden kannte, überraschte es mich nicht, zu sehen, dass nicht die Harfe sie so entzückte.
     Es war die rote Blume, die aus der Düne spross. Die Blume war jetzt noch schöner als vorher. Der tiefe Blütenkelch, wie eine
     Glocke geformt, saß anmutig auf dem biegsamen Stiel. Hellgrüne, völlig runde Blätter umringten den Stängel wie Dutzende von
     Edelsteinen. Tautropfen funkelten am Rand jedes Blütenblatts.
    »Ich muss an dieser Blume riechen«, sagte sie.
    »Natürlich.« Ich grinste noch breiter. »Schließlich habe ich sie gemacht.«
    Sie blieb stehen. »Du? Wirklich?«
    »Mit einem Fingerschnippen«, sagte ich stolz. »Komm, schauen wir sie uns aus der Nähe an.«
    Je näher ich der Blume kam, umso stärker wurde mein Drang, an ihr zu riechen. Nicht nur ein wenig von ihrem Duft einzuatmen,
     sondern mein ganzes Gesicht in die Blütenblätter zu tauchen. Ihren herrlichen Nektar tief in mich hineinzutrinken. In ihr
     zu versinken, ungestüm und glücklich. Ich bemerkte kaum den seltsamen zitternden Schatten, der über ihre Blütenblätter zog.
     Wieder eine Täuschung des nebligen Lichts, wie ich sie zuvor gesehen hatte. Denn kein Schatten, sei er noch so dunkel, konnte
     die strahlende Schönheit dieser Blume verdunkeln.
    Der Arm meiner Mutter fiel von meiner Hüfte wie meiner von der ihren. Wir gingen wortlos, wie in Trance, auf die Blume zu.
     Unsere Füße klatschten auf den nassen Sand und ließen eine Spur aus dunklen Abdrücken hinter uns. Ich konnte nur noch daran
     denken, das wunderbareAroma der Blume einzuatmen. Sie war nur noch einen Schritt entfernt, als uns eine salzige Brise ins Gesicht schlug. Ohne darauf
     zu achten, beugten wir uns beide zu dem einladenden Kelch.
    Ich zögerte einen Moment und überlegte, ob ich ihr nicht den Vortritt lassen sollte. Sie würde es so genießen. Dann zitterte
     der Schatten – und mein Drang, die Blume zu riechen, wurde noch stärker, so stark, dass ich alles andere vergaß. Ich beugte
     mein Gesicht zur Blume. Näher. Näher.
    Plötzlich sprang eine grüne Gestalt über den Kamm der Düne. Sie stürmte herunter, stieß mit mir zusammen und warf mich um.
     Ich rappelte mich auf, mit Sand bedeckt, und fuhr auf den Angreifer los.
    »Rhia!« Zornig spuckte ich Sand aus. »Willst du mich umbringen?«
    Sie sprang auf die Füße, schien mich gar nicht zu sehen und drehte sich nach meiner Mutter um. »Nicht!«, schrie sie mit aller
     Kraft. »Tu es nicht!«
    Aber Elen achtete nicht auf sie. Sie strich sich mit einer Hand die Haare aus dem Gesicht und bückte sich zu der roten Blume.
    Als Rhia das sah, wollte sie die Düne hinaufrennen. Ein schrecklicher Schrei ließ sie erstarren – genau wie er mir das Blut
     in den Adern stocken ließ. Eine dunkle Masse sprang aus der Mitte der Blume meiner Mutter direkt ins Gesicht. Sie taumelte
     zurück und presste beide Hände an die Wangen.
    »Nein!«, schrie ich zum Himmel, zum Meer, zum Nebel. »Nein!«
    Aber es war zu spät. Meine Mutter strauchelte und rolltedie Düne hinunter. Als sie liegen blieb, sah ich, dass ihr ganzes Gesicht von einem schlängelnden Schatten bedeckt war. Dann
     glitt der Schatten zu meinem Entsetzen in ihren Mund und verschwand.

VIII
DIE SPRACHE DER WUNDE
    I ch lief zu ihr. Sie lag gekrümmt am Fuß der Düne. Feuchter Sand klebte an ihrem blauen Gewand und an ihrer Wange. Die Meeresbrise
     nahm zu und schickte Nebelschwaden über den Strand.
    »Mutter!«
    »Sie ist deine Mutter?« Rhia war bei uns angelangt.
    »Deine richtige Mutter?«
    »Das bin ich«, antwortete Elen schwach und rollte sich auf den Rücken. Ihre blauen Augen musterten mich forschend. »Bist du
     unverletzt, mein Sohn?«
    Ich wischte den Sand von ihrer Wange. »Unverletzt? Ich bin zerstört«, rief ich. »Völlig zerstört. Ich habe dich nicht hierher
     gebracht, damit man dich vergiftet!«
    Sie hustete heftig, als wollte sie versuchen den Schatten herauszuwürgen. Doch ihr Gesicht verriet nur noch mehr Schmerz,
     mehr Angst.
    Ich sagte zu Rhia: »Ich wollte, du hättest sie gerettet statt meiner.«
    Sie zog an einer der Ranken in ihrem

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