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Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Titel: Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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umstanden. Ich wusste, dass er Tuathas Grab kennzeichnete.
    Langsam, sehr langsam wurde es heller in der Lichtung. Doch die neue Helligkeit kam nicht von der Sonne, sondern von den alten
     Zedern, deren schwankende Äste in einem bedrohlichen, blauen Licht glühten. Die Äste wehten im Wind wie die Bärte alter Männer
     und ich überlegte, ob diese Bäume vielleicht die Geister von Tuathas Jüngern beherbergten, die dazu verdammt waren, in ewiger
     Trauer über seinem Grab zu wachen.
    Schon zweimal zuvor, ich war mir jetzt sicher, hatte ich hier gestanden. Einmal vor nicht langer Zeit. Und einmal als kleines
     Kind, als man mich auf Ionn, dem Rappen meines Vaters, zur Beerdigung von Tuatha hierher gebracht hatte. Ich erinnerte mich
     kaum mehr an jenes Ereignis, nur an das Gefühl der Trauer, das die Lichtung beherrscht hatte.
    Mein Blick fiel auf den schmalen Erdhügel in der Mitte der Lichtung. Zwölf polierte, vollkommen runde Steine säumten seinen
     Rand. Sie schimmerten wie blaues Eis. Als ich etwas näher kam, beeindruckte mich die Länge des Hügels. Entweder war Tuatha
     mit dem Hut auf dem Kopf beerdigt worden oder er war sehr groß gewesen.
    »Beides stimmt, du unverschämter Grünschnabel.«
    Die tiefe Stimme klang in meinen Ohren. Die gleiche Stimme hatte ich gehört, als ich die Runen in Arbassa las. Instinktiv
     wusste ich, dass es die Stimme Tuathas war. Doch außer meiner Furcht, außer meinem Grauen spürte ich eine seltsame Sehnsucht.
     Ich konzentrierte mich auf den Grabhügel und sprach aus, was ich dachte.
    »Ich wünschte, ich hätte dich gekannt, großer Magier.«
    Die blauen Steine schimmerten noch heller, bis sie den Kreis der alten Zedern überstrahlten. Kerzen schienen inden Steinen zu brennen, Kerzen, deren Flammen aus Tuathas Geist stiegen.
    »Das soll wohl heißen, du wünschst, ich hätte dich vor deiner Torheit geschützt.«
    Verlegen scharrte ich mit meinem Stock auf dem Boden. »Auch das. Aber ich wollte auch, ich hätte dich gekannt und wäre einfach
     mit dir zusammen gewesen. Um von dir zu lernen.«
    »
Diese Möglichkeit wurde uns genommen«,
erklärte die Stimme bitter.
»Und weißt du, warum?«
    »Weil du von dem Oger Balor umgebracht wurdest?«
    »Nein!
«, donnerte Tuatha und die Steine leuchteten auf wie Fackeln. »
Du hast geantwortet, wie, nicht warum.«
    Ich schluckte. »Ich – ich weiß nicht, warum.«
    »
Dann denk genauer nach! Oder ist dein Kopf so hohl wie der deines Vaters?«
    Bei der Beleidigung stieg mir die Hitze ins Gesicht, doch ich versuchte meinen Zorn nicht zu zeigen. Ich runzelte die Stirn
     und dachte angestrengt über die Antwort nach. Plötzlich fiel mir Cairprés Warnung am Tor der Stadt der Barden ein.
    »War es . . . Hochmut?«
    »Ja!«
, brüllte Tuathas Geist.
»Das war mein schlimmster Fehler, genauso wie es deiner ist.«
    Ich senkte den Kopf, ich wusste nur zu gut, dass er die Wahrheit sagte. »Großer Magier, ich verdiene deine Hilfe nicht. Aber
     Elen verdient sie. Und wenn mir noch irgendeine Hoffnung bleibt, sie zu retten, muss ich etwas wissen.«
    Das Licht der Steine flackerte bedrohlich.
»Woher weiß ich, dass du sie nicht im Stich lässt, wie du die dunklen Hügel den Ränken von Rhita Gawr überlassen hast?«
    Ich schauderte. »Du hast mein Wort.«
    »Auch der große Rat hatte dein Wort.«
    »Ich werde sie nicht im Stich lassen!« Ich schaute zu dem Kreis aus Zedern, die missbilligend ihre Äste zu schütteln schienen.
     Meine Stimme war kaum ein Flüstern, als ich hinzufügte: »Sie bedeutet mir alles.«
    Sekundenlang hörte ich nichts als die seufzenden Zweige. Schließlich schimmerten die blauen Steine erneut auf.
    »Nun gut, Grünschnabel. Was willst du wissen?«
    Vorsichtig trat ich näher an den Hügel. »Ich muss wissen, was es heißt, die Seele einer Strophe zu begreifen.«
    Die Steine leuchteten hell. »
Ah, die Seele einer Strophe. So wenig, und doch so viel! Hör zu, junger Dachs, so kurz die sieben Strophen, die du gelesen
     hast, auch scheinen mögen, sie enthüllen die geheimen Quellen der sieben elementaren magischen Künste. Jede Strophe ist nichts
     als ein Anfang, ein Ausgangspunkt, der zu mehr Weisheit und Macht führt, als du dir vorstellen kannst. Weit mehr! Und jede
     Strophe enthält so viele Verse, dass man mehrere Jahrhunderte brauchen würde, um nur ein paar davon zu lernen.«
    »Aber was ist die Seele einer Strophe?«
    »Geduld, du Milchbart!«
Die Steine schienen zu schwelen. »
Die Seele ist die

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