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Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Titel: Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Fell schnalzte zufrieden, während er zusah, wie Rhia meine Hände fesselte und sie dann an
     meine Brust band. »Gut. Du hast es fast geschafft.«
    »Hoffentlich«, antwortete ich gereizt. »Diese Dornen zerstechen mir die Haut.«
    »Nur noch ein Stängel. Du musst deinen Helfern sozusagen sehr verbunden sein.«
    Der Otter spritzte Bumbelwy nass. »Du da, fauler Bursche! Wickle einen um seinen ganzen Körper. Achte darauf, dass du alle
     Stellen bedeckst, die noch frei sind. Auch seinen Kopf. Wir haben es schließlich mit einem heiklen Zauber zu tun. Alles muss
     genau richtig sein.«
    Bumbelwy sah mich an. »Soll ich?«
    Ich knirschte mit den Zähnen. »Ja.«
    Trübsinnig wickelte mich Bumbelwy so fest wie einen Kokon ein. Schließlich waren nur noch mein Mund und ein Teil eines Ohrs
     frei. Ich lag bewegungsunfähig auf der Seite und war endlich so weit, dass ich die Seele des Verbindens entdecken konnte.
    Mit unbeweglichem Kinn fragte ich: »Und jetzt?«
    Der Otter stieß keuchend ein kleines Lachen hervor. »Jetzt will ich dir sozusagen auf die Nase binden, worum du mich gebeten
     hast.«
    »Aha ’nell!« Ein Dorn grub sich in meine Hüfte. Ich versuchte auf die andere Seite zu rollen, doch ich konnte mich nicht rühren.
     »’Itte!«
    »Das erste Prinzip des Verbindens ist wie bei allem . . .« Er blies eine Wasserfontäne in die Luft. »Trau niemals einem Schwindler.«
    »Hä?«
    Der Otter lachte schallend und umfasste seinen Bauch, während er im seichten Wasser herumrollte. »Deshalb nennen sie mich
     den Schwindler vom See.« Immer noch lachend schwamm er träge aufs andere Ufer zu. »Ich hoffe, ich habe deine Aufmerksamkeit
     nicht sozusagen zu lange gefesselt.«
    Ich schrie vor Wut. Aber mehr konnte ich nicht tun. Es hatte schon lange gedauert, mich mit diesen dornigen Stängeln zu umwickeln,
     doch das Losbinden dauerte doppelt so lange. Als ich endlich wieder auf den Füßen stand und zornig am Ufer hin- und herstapfte,
     war die Sonne fast hinter den Hügeln verschwunden.
    »Ich habe den ganzen Tag vertan«, stöhnte ich. Noch dazu taten die Kratzer auf meiner Stirn, an Händen und Hüfte weh. »Den
     ganzen Tag! Ich kann nicht glauben, dass ich ihm vertraut habe!«
    Rhia sagte nichts, doch ich kannte ihre Gedanken nur zu gut.
    Ich fuhr herum und sagte zu ihr: »Du hättest nie mitkommen sollen! Du hättest bei Arbassa in Sicherheit bleiben sollen.«
    Ihre graublauen Augen musterten mich. »Ich will nicht in Sicherheit sein. Ich will bei dir sein.«
    Ich zertrat einen dornigen Stängel unter dem Absatz. »Warum machst du dir die Mühe?«
    »Weil . . . ich will.« Traurig schaute sie auf das dunkle Wasser. »Trotz allem, was der See mir verraten hat.«
    »Was hat er dir verraten?«
    Sie seufzte tief. »Ich will nicht darüber reden.«
    Ich dachte an meine Vision von Balors Auge und nickte. »Na schön. Aber ich weiß immer noch nicht, warum du bei mir bleiben
     willst.«
    Rhia schaute zum Himmel hinauf. Ich folgte ihrem Blick und erkannte in der Ferne zwei Vögel, die am Horizont dahinzogen. Obwohl
     ich sie kaum ausmachen konnte, wusste ich sofort, was sie waren. Zwei Falken, die zusammen auf dem Wind ritten. Sie flogen
     fast, als wären sie eins, wendeten und stiegen gleichzeitig auf und ab, wie Rhia und ich es als Fische getan hatten. »Sind
     sie nicht wunderbar?«, fragte Rhia und ließ dabei die Vögel nicht aus den Augen. »Wenn sie wie die Falken in der Druma sind,
     dann fliegen sie nicht nur zusammen, sie bauen auch zusammen ein Nest, das sie ihr Leben lang gemeinsam bewohnen.«
    Plötzlich verstand ich. Was die Falken miteinander verband, was Rhia an mich band, hatte nichts mit Stängeln zu tun. Oder
     mit Stricken. Oder mit Ketten irgendwelcher Art.
    Ich drehte mich zu ihr um. »Ich glaube, Rhia, die stärksten Bindungen sind unsichtbar. Ich glaube . . .
die stärksten Bindungen sind die des Herzens.«
    Ein blauer Blitz entzündete meinen Stock. Als die Flamme erloschen war, entdeckte ich im Holz ein neues Zeichen nicht weit
     vom Schmetterling. Es war ein Falkenpaar, im Flug miteinander verbunden.

XVIII
DIE LEUCHTFLIEGE
    K aum war das blaue Licht an meinem Stock verschwunden, da dachte ich schon an den dritten Schritt, das Beschützen. Ich wandte
     mich vom See mit der glatten, dunkel schimmernden Oberfläche zu dem bewaldeten Tal, das uns umgab. Den steilen, dicht bewachsenen
     Hügel zu überqueren würde erst der Anfang sein. Denn der dritte Schritt erforderte wieder eine lange

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