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Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Titel: Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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darum?«
    »Er gehört mir!«, rief der eine.
    »Nein, mir!«, brüllte der andere.
    Beide sprangen nach dem Brot, aber ich hielt es gerade außerhalb ihrer Reichweite. Ohne auf ihr zorniges Geschrei zu achten
     schwenkte ich den Laib über ihnen. Er war noch warm und duftete nach süßer Melasse. »Passt auf! Möchtet ihr wissen, wie ihr
     beide etwas davon haben könnt?«
    Ein Junge legte skeptisch den Kopf schief. »Wie?«
    Ich schaute vorsichtig über die Schulter. »Ich kann es euch sagen, aber nur unter der Bedingung, dass ihr es geheim haltet.«
    Die Jungen dachten darüber nach, dann nickten sie gleichzeitig.
    Ich kniete mich hin und flüsterte ihnen etwas zu. Sielauschten mit aufgerissenen Augen. Schließlich war ich fertig und gab ihnen den Laib. Sie setzten sich hin, wo sie waren,
     und innerhalb von Sekunden kauten sie mit vollen Backen.
    »Nicht übel.«
    Der dicke Mann schaute auf mich herab. »Sag mir, Junge, wie hast du sie dazu gebracht, den Laib zu teilen?«
    Ich stand auf und zog den Stock aus dem Gürtel. »Ganz einfach. Ich habe nur vorgeschlagen, dass sie abwechselnd hineinbeißen.«
     Ich grinste. »Und ich habe ihnen außerdem gesagt, wenn sie das nicht schaffen, würde ich das Brot selbst essen.«
    Der Mann stieß einen tiefen, rauen Laut aus, vielleicht ein Lachen, vielleicht ein Stöhnen. Er schnitt eine Grimasse und schien
     mich mit neuem Respekt zu betrachten. Oder neuer Besorgnis. Es war schwer, zu sagen. Endlich redete er und zerstreute jeden
     Zweifel: »Wenn du ein bisschen was über das Brotbacken lernen willst, Junge, dann folge mir.«

XXIII
BENENNEN
    D er Mann ging zu einem der brotförmigen Häuser am Rande des Dorfplatzes. Bevor er eintrat, warf er die Scherben seines zerbrochenen
     Krugs in einen Kübel vor der Tür. Dann wischte er die fleischige Hand an der beigen Tunika ab, die vom vielen Abwischen schon
     verfleckt war. Er legte die Hand an die Mauer neben der Tür und klopfte dankbar auf die braunen Backsteine.
    »Hast du je solche Backsteine gesehen?«
    »Nein. Sind sie aus einem besonderen Lehm gemacht?« Sein Gesichtsausdruck wurde mürrisch. Oder belustigt.
    »Tatsächlich sind sie aus einem besonderen Mehl gemacht. Die Bestandteile geben ihnen eine ungewöhnliche Härte, verstehst
     du.« Er klopfte wieder auf die Backsteine. »Über die Zutaten Bescheid zu wissen, Junge, ist der erste Grundsatz beim Brotbacken.«
    Wie er das sagte:
über die Zutaten Bescheid zu wissen,
ließ mich vermuten, dass er mehr meinte als die Kenntnis verschiedener Körner und Kräuter. Obwohl ich versucht war ihn um
     eine Erklärung zu bitten, hielt ich mich zurück aus Angst, zu aufdringlich zu werden.
    »Das hier«, fuhr er fort, »nennen wir Ziegellaib. Sechsmal gebacken für die besondere Stärke.« Er drückte seine kurzen Finger
     an die Mauer. »Diese Backsteine werden mich um hundert Jahre überleben.«
    Rhia, die uns gefolgt war, betrachtete die Backsteine erstaunt. »Ich habe schon zuvor hartes Brot gegessen, aber so hartes
     noch nicht.«
    Der dicke Mann drehte sich zu ihr um. Plötzlich lachte er so heftig, dass sein Bauch wackelte und die goldene Flüssigkeit
     aus seinem heil gebliebenen Krug schwappte. »Das ist gut, Waldmädchen.«
    Sie lächelte. »Du kannst mich Rhia nennen.«
    »Und mich Merlin.«
    Der Mann nickte. »Und mich Pluton.«
    »Pluton«, wiederholte ich. »Ist das nicht ein griechischer Name? Aus der Geschichte von Demeter und der ersten Getreideernte?«
    »Aber ja, Junge. Woher kennst du dich bei den Griechen aus?«
    Mein Mund wurde trocken. »Meine Mutter hat es mich gelehrt.«
    »Genau wie meine. In Slantos wird kein Kind geboren, das nicht die Geschichten von Ernten und Backen aus vielen verschiedenen
     Ländern lernt. Und es ist nicht ungewöhnlich, einem Kind einen Namen aus einer dieser Geschichten zu geben.« Er schaute mich
     mehrdeutig an. »Natürlich ist das nicht mein wahrer Name.«
    Rhia und ich wechselten einen Blick. Ich dachte an Urnaldas Bemerkung über wahre Namen und war versucht mehr zu fragen. Außerdem
     beunruhigte es mich, dass ich keine Verbindung zwischen der häuslichen Kunst des Brotbackens und der magischen Kunst des Benennens
     sehen konnte. Aber ich hielt mich zurück. Die Dinge hatten sich zum Guten gewendet und ich wollte diese Entwicklung nicht
     stören. Ich wartete lieber eineandere Gelegenheit ab, um etwas über das Benennen zu lernen.
    Pluton hob den Türriegel. »Kommt herein, ihr beide.«
    Wir wollten ihm schon ins Haus

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