Merlins Drache II - Die Große Aufgabe: Roman
es versuchen! Weil es die einzige Möglichkeit ist, dir aus nächster Nähe zu zeigen, wie Flügel sich bewegen. So siehst du es, wenn ich fliege. Dann kannst du es vielleicht auch selbst.« Er verzog das Gesicht. »Ich weiß nur nicht genau, ob ich jemanden von deiner Größe heben kann.«
»Versuch es!«, bat sie und platschte mit ihren Flossen auf das Wasser. »Es könnte wirklich gehen!« Leise fügte sie hinzu: »Vergiss nicht, du tust das nicht für mich. Du tust es für Avalon.«
Ihre Worte gaben ihm neue Energie, genau wie ein Funke Reisig entzündet. Er wartete keinen weiteren Augenblick, sondern schwamm in einiger Entfernung hinter ihr her, füllte die Lungen mit Salzluft und tauchte unter die Wellen.
Whuuuusch!
Direkt unter ihr hob er sich aus den Wellen und schwenkte heftig den Schwanz, umSchwung zu bekommen. Mit mächtiger Anstrengung hob er sie auf seinen Rücken – aber ob er sie in die Luft tragen könnte? Er breitete die Flügel so weit wie möglich aus, bewegte sie mit aller Kraft und strengte sich an, diese schwere Last über die Meeresoberfläche zu heben. Nie hatte er so viel Energie aufgebracht zum Schlagen, Schlagen, Schlagen der Flügel!
Marnya hielt sich inzwischen auf seinem Rücken fest, sie hatte die Krallen um seine muskulösen Schultern gekrampft. Ständig beobachtete sie den mächtigen Schlag seiner Flügel und versuchte zu verstehen, wie sie die Luft fingen – genug, um zu schweben.
Basilgarrad kämpfte sich durchs Wasser, spritzte Fontänen in alle Richtungen und warf all seine Kraft in den Versuch abzuheben. Er schlug mit den Flügeln, schwenkte den Schwanz und streckte den Hals nach oben. Immer mehr versuchte er es, und noch mehr, wobei er das Gewicht ignorierte, das ihn hinunterdrückte, und den zunehmenden Schmerz in seinem Rücken, den Schultern und dem Schwanz.
Heb sie, Basil!
, befahl er.
Hebe sie!
Endlich …
Er hob sich aus dem Wasser. Langsam, Meter um Meter stieg er hoch, bis seine Flügelspitzen und der Schwanz nicht mehr gegen die Oberfläche schlugen. Endlich, ganz in der Luft, regte er mächtig die Flügel und trug seine Passagierin höher. Bald segelten sie weit über dem Wasser – und dem Herrscher der Wasserdrachen,der dasaß und ihnen verblüfft nachschaute.
»Du hast es geschafft!«, trompetete Marnya.
»Ja.« Die Befriedigung war herauszuhören. »Jetzt pass gut auf.«
Er bog die Flügel zurück und hielt plötzlich mitten in der Luft. Während seine Passagierin ängstlich den Atem anhielt, veränderte er den Winkel der Flügel und fing eine Luftströmung nach oben auf, die sie höher trug. Dann schwenkte er zur Seite und führte mehrere enge Drehungen aus, er flog in Spiralen weit über dem regenbogenfarbenen Meer.
»Das ist wunderbar«, sagte Marnya verträumt direkt in sein Ohr. »Wenn ich nur – nein! Warte!«
Als sie sich einen Moment entspannte, hatte sie eine Kralle von seiner Schulter rutschen lassen. Durch den Schwung seiner Drehungen fing sie an, den Halt zu verlieren. Ihr Gleichgewicht. Und ihre einzige Unterstützung in diesem fremden Element.
»Hilfe!«, schrie sie und rutschte ganz von seinem Rücken.
Basilgarrad rollte unter sie und versuchte, ihr neuen Halt zu geben. Aber sie bekam ihn nicht rechtzeitig zu fassen. Ihre Krallen kratzten die Schuppen seines Rückens entlang – dann berührten sie nur noch Luft.
»Hilf mir!«, schrie sie und fiel in die Tiefe.
Basilgarrad hörte auf, im Kreis zu fliegen, drehte ab und stürzte ihr nach, so schnell er konnte. Doch er wusste, dass er sie bei dieser Entfernung zwischenihnen nie rechtzeitig erreichen konnte. Die gleiche Erkenntnis hatte auch ihr Vater weit unten, der brüllte und wild mit den Flossen schlug.
Marnya, die sich im Fallen drehte, sah, wie die blaue Fläche des Meers mit beängstigender Schnelligkeit näher kam. Obwohl sie noch nie etwas Ähnliches erlebt hatte, ahnte sie, dass bei diesem Tempo der Aufschlag auf dem Wasser fast so schlimm würde wie der Sturz auf festes Land. Sie könnte mit dem Leben davonkommen oder auch nicht, doch wahrscheinlich brach sie ihre Flossen, den Rücken oder den Hals.
Ihre Gedanken rasten. Was machen Vögel, wenn sie langsamer sinken wollen? Wie verwandeln sie den Fall in einen Flug?
Instinktiv bog sie den Rücken und versuchte, den Kopf zu heben, damit er nicht als Erstes aufs Wasser schlug. Zugleich streckte sie die Flossen aus – lang und kräftig, wenn auch schmaler als Flügel –, mehr aus dem natürlichen Drang, sich irgendwo
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