Messer, Gabel, Schere, Mord: Mitchell& Markbys Vierter Fall
paar Minuten unterhalten könnten. Ist Leah in der Nähe?«
»Nein. Nein, sie ruht sich aus. Ich komme aus dem Wasser, ja? Geben Sie mir eine Minute.« Er paddelte zur Badeleiter und schwang sich aus dem Becken. Dann schüttelte er seinen plumpen Körper wie ein Spaniel, bevor er zu den Umkleidekabinen tappte und nur eine nasse Spur zurückließ. Markby blickte ihm hinterher und kam zu dem Schluss, dass Denis bestimmt nicht versuchen würde zu fliehen. Er suchte sich einen weiß gestrichenen hölzernen Liegestuhl mit dicken, türkisfarbenen Kissen und ließ sich darauf nieder. Er wünschte, er hätte Zeit gehabt, eine Runde zu schwimmen. Denis kam in einem Frottee-Bademantel zurück. Seine Haare standen vom heftigen Rubbeln zu Berge. Er ließ sich im Stuhl neben Markby nieder und lächelte nervös.
»Wissen Sie, warum ich hier bin?«, fragte Markby leise.
»Nein!« Denis zog den Gürtel seines Bademantels so eng, als wollte er sich zweiteilen.
»Ehrlich gestanden, ich glaube schon.«
»Es war reine Zeitverschwendung, Denis. Sie war nicht dort. Tatsache ist, wir haben sie.« Denis’ Gesicht war ein Bild des Elends.
»Werden Sie es Leah sagen?«
»Wenn sie es noch nicht weiß, dann ist jetzt der Zeitpunkt, um es ihr zu sagen. Ich gehe davon aus, dass es keine Scheidung gegeben hat?« Denis schüttelte den Kopf.
»Die Zeitungen werden sich darauf stürzen! Es wird Leahs Ende sein! Dieser Skandal … all ihre Freunde werden es erfahren … und ich bin schuld an allem! Um Gottes willen, Alan, muss es wirklich öffentlich gemacht werden?«
»Das hängt ganz davon ab, wie viel es mit Ellens Tod zu tun hat.«
»Nichts!«, rief Denis, und seine Stimme hallte durch den leeren Saal wie ein Jodler über einen Bergpass.
»Ich habe sie nicht umgebracht! Ich schwöre es!«
»Nun, wenn es nichts mit dem Mord zu tun hat, werde ich mich nicht länger damit aufhalten. Aber Sie müssen es Leah erzählen und eine stille Wiederheirat arrangieren. Schließlich sind Sie jetzt frei. Sie sind Witwer.« Denis sank in sich zusammen.
»Wie kommen Sie auf die Idee, dass Leah mich noch einmal heiraten würde? Sie wird mich verlassen. Wahrscheinlich wird sie mich sogar verklagen. Sie wird mich dafür hassen, dass ich ihr das angetan habe! Ich wollte das alles nicht!«
»Möchten Sie darüber reden?« Aus den Lautsprechern kam ein Walzer von Lehar, Gold und Silber. Denis warf sich resigniert in seinen Liegestuhl zurück und begann zu erzählen, während er zur Decke hinauf und auf die bewegten Lichtreflexe aus dem sanft schwappenden Wasser im Pool starrte.
»Es ist Jahre her, mehr als zwanzig. Ich war in Australien, wegen Recherchen zu einem Buch. Damals kam es gerade in Mode, in Australien Urlaub zu machen, und viele Leute flogen hinunter, verstehen Sie? Verwandte besuchen und so weiter. Ich hatte meinen Verleger überzeugt, dass es wahrscheinlich eine gute Idee wäre, einen Restaurantführer herauszugeben, der die wichtigsten australischen Städte sowie ein paar allgemeine Reisetipps umfasst. Mein Verleger gab mir das OK, und so bin ich geflogen. Ich wollte das breiteste nur denkbare Spektrum von Restaurants abdecken, von den vornehmsten bis hin zu den allereinfachsten. Ich schloss ethnische Restaurants genauso ein wie unkonventionelle Läden. Sogar ein paar Grills hatte ich besucht. Und natürlich habe ich auch vegetarischen Restaurants ein Kapitel gewidmet. In einem solchen lernte ich Ellen kennen. In einem vegetarischen Speiselokal.« Denis seufzte. Er rutschte in seinem Liegestuhl hin und her und verschränkte die Arme über der Brust, als würde er frieren, obwohl die Temperatur in der Schwimmhalle Markbys Meinung nach gut das eine oder andere Grad hätte abgesenkt werden können. Er zog seine Jacke aus und hängte sie über die Rücklehne seines Liegesessels, während er darauf wartete, dass Denis weitersprach.
»Es war eine von diesen törichten Geschichten, wissen Sie?«, fuhr Denis unvermittelt fort.
»Sie sah gut aus, selbst jetzt, in den späteren Jahren noch. Aber damals war sie umwerfend. Sie war so eine Art Tänzerin. Nun ja, unter uns: Sie war Stripperin.«
»Tatsächlich?«, erwiderte Markby überrascht.
»O ja, aber das war mir damals nicht bewusst. Sie hat es so dargestellt, als wäre sie etwas Hochklassiges; mindestens Balletttänzerin. Wahrscheinlich hätte jemand mit einer schnelleren Auffassungsgabe als ich die Situation sofort durchschaut. Aber ich … ich war nie ein Frauenheld, Gott bewahre! Ich bin
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