Messer, Gabel, Schere, Mord: Mitchell& Markbys Vierter Fall
Fuchsien auf Weiße Fliegen. Nach einer Weile fühlte er sich bereits besser. Keine Weißen Fliegen. Keine Roten Spinnen. Trotzdem lag ihm sein Fall schwer auf der Seele. Sie waren stehenden Fußes zum Revier zurückgeeilt und hatten festgestellt, dass Ellens Einkaufsliste tatsächlich auf einem Stück Briefumschlag geschrieben war, doch die Briefmarke und der Poststempel waren bis auf einen winzigen verwischten Fleck abgerissen. Selbst eine genaue Untersuchung durch ein Mikroskop hatte den Herkunftsort nicht preisgegeben, und sie hatten beim Postamt um Hilfe nachsuchen müssen.
»Wahrscheinlich ein Londoner Stempel«, hatte der Mann im Briefzentrum gesagt.
»Aber mehr kann ich auch nicht sagen; es ist einfach nicht genug zu sehen.«
Eine weitere Sackgasse also. Ellen Bryant war aus diesem Leben gegangen, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen, von niemandem vermisst und – wie es schien – von niemandem betrauert, außer vielleicht einer Angestellten, der sie all ihre irdischen Güter vermacht hatte. Weil sie niemand anderen hatte.
»Ich hab niemanden lieb, und niemand liebt mich«, summte Markby leise das alte Kinderlied vor sich hin. Aber warum um alles in der Welt sollte dann jemand den Wunsch verspüren, sie zu töten?
Meredith fühlte sich … betrogen. Nachdem sie lange nach passenden Worten gesucht hatte, beschloss sie, dass dies das treffendste war, um ihre gegenwärtige unzufriedene Stimmung zu beschreiben. Sie war nach Bamford gefahren, um Alan zu treffen und mit ihm zur Eröffnungsparty in diesem neuen Hotel zu gehen, ein fantastisches Wochenende vor Augen, und wie hatte es geendet? Mit einer Leiche und einer Vernehmung durch die Polizei. Wenn sie ehrlich war – so unangenehm all das auch gewesen sein mochte, am meisten frustrierte sie die Tatsache, dass sie hier in London festsaß, abgeschnitten von all der Aufregung und ohne die leiseste Ahnung, ob Alan mit seinen Ermittlungen vorankam. Nicht, dass er mit ihr darüber geredet hätte, bestimmt nicht. Er hatte sie kurz angerufen und ihr mitgeteilt, dass man ihn entgegen seiner eigenen Erwartung doch mit dem Fall beauftragt hatte. Danach hatte sie sich noch mehr geärgert, dass sie nicht in Bamford sein und am Geschehen teilhaben konnte. Es mochte vielleicht ein wenig makaber scheinen, aber es war durchaus ein menschliches Bedürfnis.
Meredith streifte durch die Wohnung, kochte Kaffee, schaltete den Fernseher ein und aus, nahm Bücher aus den Regalen und Zeitungen aus dem Ständer und legte sie wieder zurück. Die Presse hatte einen großen Tag gehabt wegen des Verbrechens. Die Zeitungen brachten Bilder des Hotels, von einem finster dreinblickenden Eric Schuhmacher und einem entschlossenen Alan Markby und von Hope Mapple in unterschiedlich bekleideten Stadien. (Der einheimische Reporter der Bamford Gazette hatte einen wunderbaren Schnappschuss von der hüllenlosen Hope gemacht, und die nationale Presse hatte ihm das Bild abgekauft.)
Einer der unermüdlichen Reporter hatte, auf der ständigen Suche nach neuen Gesichtspunkten, sogar die Geschichte über den Schutzhof und die drohende Beendigung des Pachtverhältnisses mit Schuhmacher ausgegraben. Rührselige Tiergeschichten kamen beim Publikum an.
»Hübsche tapfere Zoë Foster« lautete die Titelzeile, darunter ein Bild von Zoë zusammen mit einem Shetlandpony, das
»eigentlich für den kontinentalen Fleischmarkt bestimmt« gewesen war. Zoë, so behauptete die Zeitung, war die beste Freundin der ermordeten Frau gewesen, mehr noch, Zoë hatte den Leichnam
»zusammen mit einem der reichen Gäste aus der Gesellschaft« gefunden. Und siehe da, ein schräger Schnappschuss von Meredith in ihrem besten Partykleid, mit einem Glas Sherry in der Hand und den hohen Absätzen tief im weichen Rasen versunken, offensichtlich von einem der kameraschwenkenden Zuschauer eingefangen und geschäftstüchtig an die Zeitung verkauft.
»Diese dummen Idioten!«, schimpfte Meredith angewidert. Das Käseblatt hatte alles verdreht, wie nicht anders zu erwarten. Sie und Zoë hatten die Leiche keineswegs gemeinsam entdeckt. Das war Zoë allein gewesen. Meredith runzelte die Stirn. Und stimmte es tatsächlich, dass die Zeitung Zoë zu Ellen Bryants bester Freundin erklärte? Schließlich hatte Zoë nur gesagt, dass Ellen ein Mitglied in der Historischen Gesellschaft war, genau wie sie, nicht mehr und nicht weniger. Oder war die Bekanntschaft zwischen den beiden Frauen tatsächlich enger gewesen?
Meredith studierte das
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