Messer, Gabel, Schere, Mord: Mitchell& Markbys Vierter Fall
Markbys Blick blieb auf dem Aktenkoffer haften.
»Ellen Bryant hat mit dem Feuer gespielt. Wie ausgesprochen dumm von ihr.«
»Ich bedaure nichts!«
Obwohl Miss Mapple die Worte der verstorbenen Edith Piaf wiedergab, ähnelte sie ihr nicht ein Stück. Vollständig bekleidet und in ihrem eigenen Wohnzimmer, wirkte sie auf Markby noch beunruhigender als nackt im Freien. Sie trug eine Art Faltenzelt, das von einem runden Kragen aus über ihren Leib fiel und in verschiedenen violetten Tönen leuchtete. Ihr überreiches schwarzes Haar war lang ausgebürstet und stand wie ein Heiligenschein vom Kopf ab. Lange Ohrringe baumelten dicht über den Schultern, von der Art, wie Bastler sie anfertigten, Perlen auf Silberdraht aufgezogen. Markby war sicher, dass Hope sie selbst gebastelt hatte.
Das Zimmer war angefüllt mit Beispielen ihres künstlerischen Geschicks: Gemälde, Tonbecher und Vasen und eine abstrakte Collage aus Knöpfen und Stücken heller, bunter Materialien.
»Ah, es scheint Ihnen zu gefallen, wie?«, sagte Hope, als sie seinen Blick bemerkte.
»Das haben meine Schüler gemacht.«
»Oh, im Polytechnikum?«
»Nein, in der psychiatrischen Abteilung im Hospital. Wenn sich der Verstand auf einigen Gebieten verschließt, Chief Inspector, dann öffnen sich auf anderen neue Fenster. Ich habe die fantastischsten künstlerischen Arbeiten bei Leuten gesehen, die unsere Gesellschaft als verrückt oder unzurechnungsfähig bezeichnen würde. Kennen Sie die Arbeiten von Richard Dadd?«
»Ja, ich kenne sie. Sie sind unvergesslich, absolut fantastisch.«
»Er war ein mordlüsterner Irrer.«
»Wo wir gerade von mordlüstern sprechen«, wollte Markby beginnen, doch sie unterbrach ihn.
»Ich weiß absolut nichts darüber«, sagte sie.
»Ich schätze, Sie wollen mit mir über den Mord an Ellen sprechen. Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich nichts weiß! Ich habe Ellen kurze Zeit vorher gesehen, wie verabredet. Sie war ein Mitglied des Komitees, und ich habe mit ihrer Unterstützung gerechnet. Als ich bei der Eröffnungsfeier des Hotels demonstriert habe, geschah es für die Umwelt, für unsere Geschichte und unser Erbe! Mir geht es darum, Dinge zu erhalten, Inspektor, nicht sie zu zerstören! Und ich wiederhole noch einmal: Ich bedaure nichts!« Sie warf ihre schwarze Lockenmähne nach hinten.
»Wahrscheinlich halten Sie mich jetzt für eine Fanatikerin. Aber Sie irren sich!« Sie hatte eine beringte Hand erhoben, in der, Markbys Meinung nach, etwas voreiligen Annahme, dass er widersprechen würde.
»Sagen Sie es nur, wenn Sie das von mir denken. Aber ich wiederhole, ich bin es nicht! Ich habe mein ganzes Leben in Bamford gelebt. Springwood Hall war ein Teil meiner Kindheit, genau wie für viele andere auch, die schon so lange hier leben wie ich. Ich weiß, dass seit vielen Jahren niemand mehr dort gewohnt hat, aber man fand andere Verwendung dafür. Eine Weile hat das Haus als Schule gedient, falls Sie sich erinnern, und dann als Erholungsheim für Behinderte – nur, dass es ein wenig zu abgelegen war und nicht über die entsprechenden Einrichtungen verfügte. Deswegen wurde es wieder aufgegeben. Ich habe es in dieser Zeit selbst mehrfach besucht und Kunst unterrichtet. Es hat mir viel Freude bereitet. Hinterher haben wir kleine Ausstellungen unserer Arbeiten in der Gemeindehalle veranstaltet, und jeder, der vorbeikam, war erstaunt und beeindruckt. Ich weiß, dass Springwood Hall in den letzten Jahren leergestanden hat, aber mit ein wenig Nachdenken hätte man das Gebäude sicher einer neuen Verwendung zuführen können! Einer Aufgabe, bei der es für die Bewohner von Bamford und Umgebung zugänglich geblieben wäre.« Sie schnitt eine Grimasse.
»Ich glaube nicht, dass viele Bamforder in dem neuen Restaurant essen werden. Springwood Hall wird zu einer Insel für wohlhabende Fremde, Besucher, Durchreisende. Und was am schlimmsten ist, für uns Einheimische wird es heißen: Zutritt verboten!« Markby fragte sich, ob sie tatsächlich seine Achillesferse gefunden hatte. ›Das ist alles schön und richtig, Miss Mapple, und ich kann und möchte Ihren Prinzipien nicht widersprechen‹, wollte er sagen. ›Ich stimme mit Ihnen überein, dass wir in einer perfekten Welt sicher eine Verwendung für das alte Haus gefunden hätten, sodass es der Allgemeinheit dienen kann. Doch es war nun einmal so, dass niemand es haben wollte. Es war zu nichts geeignet, wie bereits die Schule und die Wohltätigkeitsorganisation
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