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Messewalzer

Messewalzer

Titel: Messewalzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Stammkötter
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sein soll, einen alten Fall, über den längst Gras gewachsen ist, wieder aufzuwärmen.«
    »Sie haben doch sicher erfahren, dass der mutmaßliche Mörder Ihrer Schwester, Peter Eimnot, aus dem Gefängnis entlassen wurde, weil man jetzt von seiner Unschuld ausgeht«, kam Kroll zum Thema.
    »Und wenn schon! Wenn er es nicht war, ist es gut so. Ich hatte noch nie Vertrauen in den Polizeiapparat, der hier vor und nach der Wende gearbeitet hat. Richtig ausgemistet hat hier doch keiner, genau wie nach den Nazis.«
    Die Polizisten taten so, als hätten sie die letzte Bemerkung nicht gehört.
    »Hatten Sie ein enges Verhältnis zu Ihrer Schwester?«, fragte Wiggins.
    Sarah Bräutigam lachte hämisch. »Ich war früher eine gute Sportlerin, Leichtathletik! 1963 war das Deutsche Turnfest in Essen. Da bin ich im Westen geblieben. Ich war damals 17 Jahre alt. Seitdem hatte ich kaum noch Kontakt zu meiner Schwester und meinen Eltern, der Eiserne Vorhang stand zwischen uns. Ich fürchte, ich habe meiner Familie damals mehr Probleme bereitet, als mir bewusst war.«
    »Hatten Sie noch mehr Verwandte?«, wollte Kroll wissen.
    Sie schüttelte mit dem Kopf. »Geschwister nicht. Natürlich noch Tanten und Onkel. Aber die sind mit Sicherheit schon alle tot.« Sie sah die Kommissare mit einem strengen Blick an. »Sie haben mir noch immer nicht gesagt, warum Sie jetzt in dieser alten Geschichte herumstochern!«
    »Wir ermitteln in dem Mord an Willi Lachmann«, antwortete Wiggins trocken.
    Der Name Willi Lachmann schien bei Sarah Bräutigam eine emotionale Veränderung zu bewirken. Sie gab ihre reservierte Zurückhaltung auf. »Willi Lachmann. Das kann ich kaum glauben! Wegen dem bin ich hauptsächlich hierhergekommen. Ich hatte nämlich Karten für seine offizielle Buchpräsentation auf der Messe. Leider ist daraus ja nichts geworden. Aber was hat das alles mit meiner Schwester zu tun?«
    Kroll hielt es für angebracht, ihr den Grund der Frage zu erklären. Eine Geheimnistuerei hätte sicherlich die Gesprächsbereitschaft von Frau Bräutigam nicht gefördert. »Wir hatten gerade schon erwähnt, dass es noch eine ganze Menge Wirbel um den mutmaßlichen Mörder Ihrer Schwester gab.«
    »Ja, ja, ich weiß! Peter Eimnot!«, wiederholte Sarah Bräutigam ein wenig genervt.
    »Dann wissen Sie auch, dass eben dieser Peter Eimnot in einem umfangreichen Wiederaufnahmeverfahren nach langer Haftzeit freigesprochen wurde.«
    »Das stand immerhin in allen Zeitungen. Aber was hat das mit dem Mord an Willi Lachmann zu tun?«
    »Wir müssen derzeit davon ausgehen«, ergänzte Wiggins, »dass Lachmann in dieser alten Geschichte recherchiert hat, um sie als Romanvorlage zu verwenden.«
    Sarah Bräutigam sah die Polizisten fassungslos an. »Aber das … aber das würde ja bedeuten, dass meine Schwester irgendetwas mit der Sache zu tun hat.«
    »Nein, das mit Sicherheit nicht«, versuchte Wiggins, die Angelegenheit zu versachlichen. »Wir ermitteln in viele Richtungen und eine davon sind die Recherchen von Lachmann. Aber wir können noch nicht einmal sagen, ob das überhaupt etwas zu bedeuten hat. Und wenn, geht es mit Sicherheit nicht um Ihre Schwester, sondern um die Umstände ihres Todes.«
    »Verstehe …«, flüsterte Sarah Bräutigam.
    »Hat Sie in der Vergangenheit irgendjemand auf den Tod Ihrer Schwester angesprochen?«, fragte Kroll.
    Sarah Bräutigam schüttelte den Kopf. Ihr war immer noch nicht klar, wie sie die neuen Informationen einordnen sollte.
    »Haben Sie jemals etwas davon gehört, dass Ihre Schwester eine Tochter hatte?«
    Sarah kramte in ihrer Handtasche. »Die kleine Amelie. Ich habe sie nie persönlich kennengelernt. Das ist das Einzige, was ich von ihr habe. Damals war sie sechs Jahre alt.« Sie gab Kroll ein altes Schwarz-Weiß-Foto. Darauf war ein Kind mit einer Zuckertüte abgebildet, das offensichtlich den Tag seiner Einschulung erlebte. Kroll hielt das Foto so, dass Wiggins es auch betrachten konnte. Das Mädchen hatte schulterlange Haare, deren Farbe auf der körnigen Abbildung nicht zu erkennen war, sie musste irgendwo zwischen dunkelblond und dunkelbraun gelegen haben. Unter dem linken Auge trug das Mädchen einen dunklen, erbsengroßen Fleck, wohl einen Leberfleck oder ein Blutschwämmchen. Die Polizisten suchten in den Gesichtszügen des Mädchens nach einer ihnen bekannten Person, wurden jedoch nicht fündig.
    »Wir würden dieses Foto gerne behalten …«
    Kroll hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da hatte Sarah

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