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Messewalzer

Messewalzer

Titel: Messewalzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Stammkötter
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Er deutete auf ein Rondell mit Wasser-, Saft- und Limonadenflaschen. Daneben standen auf einem silbernen Tablett eine Kaffeekanne und mehrere Tassen aus Meißner Porzellan. »Bitte bedienen Sie sich selbst. Wir sind schließlich nicht bei einem Staatsempfang.«
    Wiggins entschied sich für ein Wasser, medium.
    Der Minister ließ sich am Kopfende des Tisches in einen Stuhl fallen, offensichtlich sein Stammplatz. »Ich hoffe, ich habe Ihnen mit meiner Einladung keinen Schreck eingejagt. Aber ich wollte nicht zu viel verraten, weil ich die ganze Angelegenheit zuerst mit Ihnen in einem persönlichen Gespräch erörtern wollte.«
    Wiggins hatte sich fest vorgenommen, sich seine Verunsicherung nicht anmerken zu lassen. »Schreck ist natürlich das falsche Wort. Aber eine persönliche Einladung des Innenministers erhält man natürlich auch nicht alle Tage.«
    Der Ton des Ministers wurde väterlich. »Na dann will ich Sie mal nicht länger auf die Folter spannen, mein lieber Herr Wiggins.« Er wuchtete seinen schweren Körper aus dem Stuhl und ging zu seinem Schreibtisch. Als er zurückkam, hatte er eine dicke gelbe Akte in der Hand. Die Aufschrift ›Personalakte HK Wiggins‹ war nicht zu übersehen.
    Minister Hassemer setzte sich wieder an den Eichentisch und blätterte in der Akte, während er redete. »Das wird Sie jetzt wahrscheinlich überraschen, Herr Wiggins, aber das Ministerium hat schon seit Langem ein Auge auf Sie geworfen …«, er blinzelte Wiggins über den Rand seiner Lesebrille an, »… und das meine ich im positiven Sinn.«
    Wiggins lächelte, wobei er sich bemühte, seine Verlegenheit zu überspielen. »Das ehrt mich natürlich … war mir bislang aber nicht aufgefallen.«
    Minister Hassemer lachte. »Mein lieber Herr Hauptkommissar. Wir sind hier in einer Behörde. Da arbeiten nicht alle schizophren nebeneinander her, da ist es überaus wichtig, dass sich jeder auf jeden verlassen kann. Und die Erfolge Ihrer Ermittlungstätigkeit, die Sie zusammen mit dem Kollegen, na wie heißt der denn gleich …«, er blätterte in der Akte, »… Kroll, ja richtig, Kroll, wie mir das nur entfallen konnte, also, die sind uns natürlich nicht verborgen geblieben. Die Beurteilungen Ihrer Vorgesetzten sind hervorragend, kurzum: Sie sind ein ausgesprochen fähiger Mann!«
    Wiggins wusste immer noch nicht, wie er mit so viel Lob umgehen sollte und vor allem, was der Minister damit bezweckte. Hüte dich vor Menschen, die dich loben, hatte seine Großmutter für gewöhnlich gesagt. Er war bemüht, die Euphorie des Ministers zu bremsen. »Das mag in den Akten vielleicht so aussehen, aber ich bin ein klassischer Teamarbeiter. Ohne meine Kollegen wäre ich überhaupt nichts. Und wenn ich nicht Hauptkommissar Kroll an meiner Seite hätte, wäre die Liste der Erfolge in dieser Akte deutlich kürzer.«
    Der Minister war offensichtlich nicht bereit, Widerspruch zu dulden. Sein Tonfall wurde strenger. »Jetzt mal nicht so bescheiden, Wiggins. Sie sind ein guter Mann! Ihre Bescheidenheit ehrt Sie, aber trauen Sie mir bitte auch zu, dass ich so etwas bereits anhand der Aktenlage erkenne. Das ist mein täglich Brot!« Minister Hassemer legte eine Pause ein, um Wiggins die Gelegenheit zu geben, etwas zu erwidern. Der zog es jedoch vor, zu schweigen.
    Hassemer rückte seine Brille zurecht. Er stand auf und ging in seinem Büro auf und ab, während er redete. Seine Stimme klang dozierend, wie die eines Professors in der Vorlesung. »Europa, mein lieber Wiggins, wird immer kleiner! Wer hätte gedacht, dass das alles so schnell geht. Erst die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, dann die Aufnahme der Mitgliedsstaaten aus Osteuropa in die EU, ja, und jetzt wurde sogar der Vertrag von Lissabon ratifiziert. Die Vereinigten Staaten von Europa haben dadurch schon so etwas Ähnliches wie eine Verfassung.«
    Wiggins fragte sich, warum der Minister ihm das alles erzählte. Der ließ sich aber nicht beirren.
    »Selbstverständlich lässt es sich nicht ernsthaft bestreiten, dass das immer mehr zunehmende Zusammenwachsen der Europäischen Nationen unüberschätzbare Vorteile bringt. Aber mein lieber Wiggins«, er wedelte mit dem Zeigefinger in der Luft. »Jede Medaille hat zwei Seiten. Und mit dem Zusammenwachsen der Staaten, mit dem Wegfallen der Grenzen hat auch die Kriminalität, ganz besonders die organisierte und die Bandenkriminalität, ein weitaus größeres Betätigungsfeld und vor allem bessere Rückzugsmöglichkeiten. Früher

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